- Militärkräfte haben gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geputscht. Sie sind gescheitert.
- Laut türkischem Geheimdienst ist der Einsatz gegen die Putschisten weitgehend abgeschlossen. Vereinzelte Operationen würden aber noch einige Stunden andauern. Zudem machen Behörden und Armee Jagd auf die Putschisten.
- Nach Regierungsangaben sind mehr als 200 Menschen gestorben. Hunderte mutmaßliche Putschisten wurden verhaftet.
- Präsident Erdogan hat harte Konsequenzen angekündigt. Ministerpräsident Binali Yildirim hat die Demonstrationen vieler Bürger gegen den Militärputsch in der Türkei als „Fest der Demokratie“ gewürdigt.
- Einen Überblick über die Ereignisse in der Nacht zu Samstag finden Sie hier.
Die Ereignisse bis zum Samstagabend im Überblick:
18.50 Uhr
Nach Einschätzung des türkischen Verteidigungsministers Fikri Isik befindet sich inzwischen kein Gebiet in der Türkei mehr außerhalb der Kontrolle der Regierung. Ein Putsch sei verhindert worden. Dennoch müsse man wachsam bleiben. Es sei zu früh, um zu sagen, dass die mit dem Putschversuch verbundene Gefahr vollständig eliminiert worden sei.
18.30 Uhr
Die von Erdogan angekündigte "Säuberung" hat bereits begonnen, die Aktionen gegen vermeintliche Putschisten gehen weiter. Offenbar sind auch ranghohe Persönlichkeiten betroffen: Die türkischen Behörden verhaften einem Bericht der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge den Oberbefehlshabenden der Zweiten Armee. General Adem Huduti ist der bisher höchstrangige Soldat, der nach dem Putschversuch festgenommen wurde. Die Zweite Armee hat ihr Hauptquartier in Malatya und ist für das Grenzgebiet zu Syrien, dem Irak und dem Iran verantwortlich. Nach einem weiteren Medienbericht soll auch ein Richter des Verfassungsgerichts in Ankara festgenommen worden sein. Alparslan Altan befinde sich in Gewahrsam, meldete der Sender CNN Türk, ohne weitere Details zu nennen.
17.36 Uhr
Die Sperrung des türkischen Luftraums für Militärflugzeuge hat nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums Auswirkungen auf den Kampf gegen die Extremisten-Miliz Islamischer Staat. Derzeit werde nicht vom Stützpunkt Incirlic aus geflogen. Das US-Militär habe daher die Operationen entsprechend angepasst, um negative Effekte zu minimieren. Die USA arbeiteten mit den Türken zusammen, um den Betrieb so bald als möglich wieder aufnehmen zu können. US-Soldaten in der Türkei seien in Sicherheit.
17.34 Uhr
Die vier wichtigsten Parteien im türkischen Parlament verurteilen in einer gemeinsamen Erklärung den Putschversuch. Diese Einigkeit sei von unschätzbarem Wert für die Demokratie in der Türkei, heißt es in dem Papier, das vor den Abgeordneten verlesen wird.
17.15 Uhr
Der Putschversuch türkischer Militärs gegen Regierung und Präsident hat nach Bundeswehrangaben keine Folgen für die 240 deutschen Soldaten auf der Luftwaffenbasis Incirlik gehabt. Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr bei Berlin widersprach am Samstag auf dpa-Anfrage US-Angaben, wonach die türkischen Behörden den Zugang zu der Basis abgeriegelt hätten.
Die Soldaten könnten mit Ausweiskontrolle weiterhin die Basis verlassen und wieder hineingehen, es sei aber die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen worden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Unseren Soldaten geht es grundsätzlich gut. Alle sind wohl auf“. Von dem Putsch hätten sie nur durch die Medien erfahren.
16.45 Uhr
Die Putschisten sind nach den Worten von Ministerpräsident Binali Yildirim "Terroristen" und keine Soldaten. Im Parlament sagt er, alle Parteien hätten den Putsch abgelehnt. Für die Zusammenarbeit der Abgeordneten bedeute dies einen Neubeginn.
16.20 Uhr
Nach dem Putschversuch ist die türkische Nationalversammlung im beschädigten Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Ankara zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Die Abgeordneten verharrten in einem Moment der Stille, bevor die Nationalhymne abgespielt wurde, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim betrat unter dem Applaus der Abgeordneten den Sitzungssaal.
16. 10 Uhr
Nach dem Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs haben die türkischen Behörden nach offiziellen US-Angaben den Zugang zur Luftwaffenbasis Incirlik abgeriegelt. Die lokalen Behörden erlaubten keinen Zugang zur Basis, teilte das US-Konsulat am Samstag in der südtürkischen Stadt Adana in einer Nachricht an amerikanische Staatsbürger mit. „Auch der Strom dort ist abgestellt worden. Bitte meiden Sie die Luftwaffenbasis, bis der normale Operationsbetrieb wiederhergestellt ist.“ Auf der Luftwaffenbasis Incirlik ist auch die Bundeswehr mit Aufklärungs-Tornadojets stationiert.
15.30 Uhr
Kanzlerin Angela Merkel verurteilt den Militärputsch in der Türkei "aufs Schärfste". Sie rät Bundesbürgern in der Türkei, "sich umsichtig zu verhalten" und den Anweisungen des Auswärtigen Amts zu folgen. Sie hoffe zudem auf einen "rechtsstaatlichen Umgang" mit den Putschisten in der Türkei, sagte die Kanzlerin in einer kurzen Pressekonferenz am Samstagnachmittag. Es sei tragisch, dass so viele Menschen ihn mit dem Leben bezahlt hätten. Merkel unterstreicht, eine Regierung, die die Rechte aller achte und die Minderheiten schütze, sei die beste Grundlage für die Rückkehr zum inneren Frieden in der Türkei. "Die Türkei ist ein Land, mit dem wir eng verbunden sind", sagt die Kanzlerin. Man stehe in engem Kontakt mit den deutschen Soldaten auf dem türkischen Militärstützpunkt Incirlik, um jederzeit deren Sicherheit zu gewährleisten.
15.14 Uhr
Die acht türkischen Soldaten, die mit einem Militärhubschrauber nach Griechenland geflüchtet sind und dort politisches Asyl beantragt haben, stellen Athen vor ein diplomatisches Dilemma. Ihre Anträge müssten nach den Regeln des internationalen Rechts bearbeitet werden, sagte die griechische Regierungssprecherin Olga Gerovasili. Andererseits hätten die Männer gegen die türkische Verfassung verstoßen. In einem ersten Schritt solle der Hubschrauber, mit dem die Soldaten Samstagmittag in Alexandroupolis notgelandet waren, in die Türkei zurücktransportiert werden, so Gerovasili.
Türkischer Regierungschef: Haben Lage vollständig unter Kontrolle
15.05 Uhr
In Ankara sind zehn Mitglieder des türkischen Staatsrats festgenommen worden. Ihnen werde Unterstützung des Putsches vorgeworfen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Ob es sich bei den Festgenommenen um Richter oder Staatsanwälte handelte, war zunächst unklar.
15 Uhr
Nach Einschätzung von US-Außenminister John Kerry sind in der Türkei Ruhe und Ordnung wiederhergestellt. Er sichert der demokratischen Regierung Unterstützung zu. Die USA hätten keinen Antrag der Türkei zur Auslieferung des Klerikers Gülen erhalten.
14.23 Uhr
Laut Nachrichtenagentur Anadolu sind 2745 Richter abgesetzt worden. Zudem seien fünf Mitglieder des Hohen Rats der Richter und Staatsanwälte in Ankara vom Dienst entbunden. Gegen sie liefen Ermittlungen, hieß es zur Begründung.
Schlüsselstaat Türkei
Die Republik Türkei ist laut der Verfassung von 1982 ein demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat. Regiert wird das Land von Ministerpräsident Binali Yildirim und dem Kabinett. Staatsoberhaupt ist Recep Tayyip Erdogan, als erster Präsident wurde er 2014 direkt vom Volk gewählt. Im türkischen Parlament sind vier Parteien vertreten, darunter - mit absoluter Mehrheit - die islamisch-konservative AKP von Erdogan. Parteien müssen bei Wahlen mindestens 10 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um ins Parlament einziehen zu können. Die Türkei ist zentralistisch organisiert, der Regierungssitz ist Ankara. (dpa)
Die Türkei ist seit 1999 Kandidat für einen EU-Beitritt, seit 2005 wird darüber konkret verhandelt. Würde die Türkei beitreten, wäre sie zwar der ärmste, aber nach Einwohnern der zweitgrößte Mitgliedstaat, bei derzeitigem Wachstum in einigen Jahren wohl der größte.
Als Nachbarstaat von Griechenland und Bulgarien auf der einen Seite und Syrien sowie dem Irak auf der anderen Seite bildet die Türkei eine Brücke zwischen der EU-Außengrenze und den Konfliktgebieten des Nahen und Mittleren Ostens.
Seit Beginn des Syrien-Konflikts ist die Türkei als Nachbarstaat direkt involviert. Rund 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge nahm das Land nach eigenen Angaben auf. Die türkische Luftwaffe bombardiert allerdings auch kurdische Stellungen in Syrien und heizt so den Kurdenkonflikt weiter an.
1952 trat die Türkei der Nato bei. Das türkische Militär - mit etwa 640 000 Soldaten und zivilen Mitarbeitern ohnehin eines der größten der Welt - wird bis heute durch Truppen weiterer Nato-Partner im Land verstärkt. Im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe sollen auch Atombomben auf dem Militärstützpunkt Incirlik stationiert sein.
13.15 Uhr
Nach er einer blutigen Nacht kehrt offenbar langsam Ruhe ein, zumindest auf den ersten Blick. Der Bosporus, der das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet, ist für Tanker wieder freigegeben. Der Verkehr sei zur Normalität zurückgekehrt, teilte die internationale Reederei GAC mit. Die etwa 30 Kilometer lange Meerenge zwischen Europa und Asien ist eine der wichtigsten Wasserstraßen. Am Mittag hatte der Chef der Fluggesellschaft Turkish Airlines angekündigt, dass sie ab 14.00 Uhr Ortszeit (13.00 Uhr deutscher Zeit) zum normalen Flugplan zurückkehren werde. 35 Flüge seien umgeleitet und 32 abgesagt worden.
12.40 Uhr
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu fordert Griechenland zur Auslieferung von acht Soldaten auf, die sich in einem Militärhubschrauber in den Nachbarstaat abgesetzt hatten. Die im nordgriechischen Alexandroupolis festgenommenen acht Insassen baten nach griechischen Angaben um politisches Asyl.
12.29 Uhr
Der türkische Präsident Erdogan ruft die Bevölkerung in einer SMS auf, für Demokratie und Frieden einzustehen. Die Menschen sollten sich auf den Straßen einem "kleinen Kader" entgegenstellen.
12.30 Uhr
Nach Angaben griechischer Militärs haben regierungsfeindliche Kräfte im türkischen Marinestützpunkt Gölcük eine Fregatte gekapert. Der türkische Flottenchef sei als Geisel genommen worden.
12.11 Uhr
Georgien schließt seine Grenze zur Türkei. Ministerpräsident Giorgi Kwirikaschwili sagte, er habe mit seinem Sicherheitsrat die Lage im Nachbarland und die daraus folgende Instabilität in der Region erörtert. Die rund 250 Kilometer lange Grenze zur Türkei werde zu Land, Luft und See abgeriegelt.
11.50 Uhr
Die Zahl der Toten bei dem Putschversuch in der Türkei ist nach Regierungsangaben auf insgesamt 265 gestiegen. Bei 161 der Toten handelt es sich laut Ministerpräsident Binali Yildirim um regierungstreue Sicherheitskräfte oder Zivilisten. Hinzu kommen 104 getötete Putschisten, wie es am Samstag aus Regierungskreisen in Ankara hieß. Yildirim sagte zudem, 1140 Menschen seien verletzt und 2839 Putschisten aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen worden. Die Festnahmen dauerten an.
11.42 Uhr
Der türkische Ministerpräsident Yildirim sagt, die Todesstrafe sei in der Verfassung nicht vorgesehen. Die Türkei werde aber Gesetzesänderungen erwägen, um sicherzustellen, dass sich ein Putschversuch nicht wiederholen könne.