Rezession Griechenlands Jugend sucht Wege aus der Krise

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Eines Tages wieder zurück

Europas Krisenländer im Reformcheck
GRIECHENLANDWirtschaft: Die griechische Wirtschaft steckt in einer dramatischen Rezession. 2011 schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 6,8 Prozent. Für 2012 erwartet die EU-Kommission einen Rückgang von 4,7 Prozent. Die griechische Regierung hatte zuletzt einen Rückgang von 2,8 Prozent vorhergesagt. Das Bild zeigt den griechischen Container-Hafen in Piräus. Quelle: dpa
Haushalt: Trotz drastischer Sparanstrengungen lag das griechische Haushaltsdefizit 2011 bei 10,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Für dieses Jahr erwartet die Regierung ein Defizit von 6,7 Prozent.  Quelle: dpa
Ausblick: Wie es in dem Krisenland weiter geht, ist unklar. Die Wähler haben den Sparkurs der beiden etablierten Parteien Nea Demokratia und Pasok abgestraft. Gewinner der Wahlen sind extreme rechte und linke Parteien. Ob diese jedoch eine Regierung bilden können, ist fraglich. An die vereinbarten Sparziele jedenfalls wollen sich die meisten Politiker nicht mehr halten. Quelle: dapd
PORTUGALWirtschaft: Im zweiten Land, das unter dem Schutz des Euro Rettungsschirms steht, geht es steil bergab. 2011 schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent - für dieses Jahr prognostiziert die portugiesische Regierung einen Rückgang von 3,3 Prozent. Hoffnung setzt die EU auf 2013: Dann soll die Wirtschaft in Portugal wieder um 0,3 Prozent wachsen. Quelle: dpa
Haushalt: Im Gegensatz zu anderen Euro-Krisenländern hat Portugal seine Sparauflagen für 2011 sogar übererfüllt. Das Haushaltsdefizit lag 2011 bei etwa 4,5 Prozent – und damit unter der mit dem IWF vereinbarten Zielmarke von 5,9 Prozent Quelle: dpa
Ausblick: Was die Sparziele betrifft, liegt Portugal im Zeitplan. Allerdings kann die schwache Wirtschaftsentwicklung das schnell wieder ändern. Ein weiteres Problem ist die Refinanzierung des Staates. Das bisherige Hilfspaket sieht vor, dass sich Portugal ab 2013 wieder selbst 10 Milliarden Euro am Kapitalmarkt beschaffen muss. Experten halten dies für unrealistisch. Sie gehen davon aus, dass ein neues Hilfspaket nötig ist.    Quelle: Reuters
SPANIENWirtschaft: 2011 erzielte Spanien noch ein Mini-Wachstum von 0,7 Prozent. Nach wie vor hat die Wirtschaft das Platzen der Immobilienblase nicht verdaut. Für dieses Jahr erwartet die EU-Kommission einen Rückgang um 1,8 Prozent, im kommenden Jahr soll die Wirtschaft um 0,3 Prozent schrumpfen. Quelle: Reuters

Ntouni zog zurück in ihre Heimatstadt, in das Haus ihrer Eltern, womit die Jobchancen noch geringer wurden. Als Familienmensch genoss sie die Zeit mit ihren Liebsten, aber die Frage, wie es weitergehen sollte, bestimmte ihr Leben. Nach weiteren Versuchen einen passenden Job zu bekommen, machte sich die damals 23-Jährige Gedanken, ob es noch ganz andere Alternativen gebe. Daraufhin fiel Anfang 2012 die Entscheidung ins Ausland zu gehen. "Meine Eltern haben mich sogar dazu ermutigt ins Ausland zu gehen", so Ntouni. Sie glauben, dass die Talente und Qualifikationen ihrer Tochter im Ausland mehr geschätzt und erkannt werden, sie außerhalb Griechenlands erfolgreich sein könnte. Das Ziel: Deutschland. Hier im hessischen Darmstadt studiert ihr Bruder.

Die Entscheidung, Griechenland zu verlassen, fiel ihr damals nicht leicht: "In einem fremden Land zu leben ist nicht einfach, vor allem wenn man noch nicht einmal die Sprache spricht", beschreibt Ntouni die erste Zeit. "Aber mir war klar, dass ich meine Qualifikation optimieren muss – das Beste aus mir rausholen."

Eines Tages wieder zurück

"Junge Menschen, meist Absolventen die bereits weit Ihrer Heimatstadt studiert haben, haben meist keine Hemmnis ins Ausland zu gehen", sagt Athanassios Tsokos. Er führt mit seinem Bruder  seit zwölf Jahren eine Personalvermittlung, die zwischen Deutschland und Griechenland vermittelt.

"Bei den meisten Mitarbeitern sind es entweder weltoffene Kosmopoliten ohne Integrationsängste oder diejenigen die schon einen Bezug nach Deutschland haben", so Tsokos. Diese haben entweder schon einmal in Deutschland gelebt, haben Familie, Freunde, Bekannte in der Bundesrepublik, oder haben dort schon einmal studiert.

Nach zehn Monaten intensivem Deutschkurs fühlt Ntouni sich jetzt sicher genug und ist derzeit auf der Suche nach einem Job. Am liebsten wäre ihr die Mitarbeit bei einer internationalen Organisation oder einem Institut für Sprachwissenschaften oder europäische Politik. Das würde ihren Wünschen entsprechen. „Irgendwas“ möchte sie trotz allem nicht machen. Dafür hätte sie nicht so eine vielfältige Ausbildung gebraucht – und die Hoffnung stirbt zuletzt: „Ich versuche positiv zu denken und ich hoffe, dass Deutschland ein Schritt nach vorne wird für mich.“ Ein Jahr ist es nun her, dass sie ihre Heimat verließ. Ihr ginge es „ganz gut“, sagt sie. Sie schreibe noch viel mit ihren Freunden in Griechenland, habe aber auch in Deutschland mittlerweile einige Freundschaften gefunden. Ein Job lässt aber noch immer auf sich warten. Es sei trotz allem nicht so leicht das Richtige zu finden. „Hier in Deutschland sind die Leute immer überrascht, wenn ich erzähle, dass ich fünf Sprachen fließend spreche. Ich erkläre dann immer, dass das in Griechenland gar nichts Ungewöhnliches sei, dass junge Leute viele Sprachen beherrschen und sehr gut ausgebildet sind. Diese Leute könnten auf dem europäischen Arbeitsmarkt total große Konkurrenz sein. Deshalb finde ich es auch einfach nur unfair, dass sie nicht genügend Chancen bekommen und so nicht mehr optimistisch sein können.“

Den Traum vom Masterstudium hat sie noch nicht aufgegeben.  Ebenso wie die Hoffnung, dass ihre Heimat es aus der Krise schafft: "Ich hoffe, dass es wieder besser wird, Griechenland wieder mehr Möglichkeiten bietet und es mir eines Tage möglich ist, wieder zurückzugehen."

Auf der Suche: Stille Hoffnung

Eleftheria Vrakopoulou bleibt in Griechenland. Auch die 26-Jährige denkt immer wieder darüber nach, dass der Schritt ins Ausland auch ein Weg sein könnte, aber sie will es eigentlich in ihrer Heimat schaffen. Sollte das weiterhin nicht gelingen, wolle sie ernsthaft darüber nachdenken. Doch noch ist sie nicht so weit: Vrakopoulou arbeitete bisher in Griechenlands zweitgrößter Stadt Thessaloniki als Juristin für eine Kanzlei, in der sie schon als Trainee angestellt war.  Jetzt - nach zehn Jahren Jurastudium und arbeiten - ist sie gezwungen in ihre Heimatstadt Serres zurückzukehren.

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