Sie könnte zwar weiterhin für ihren bisherigen Chef arbeiten, aber die Arbeitsbedingungen sind so schlecht und die Bezahlung so mies, dass sie sich so ein Leben in Thessaloniki nicht mehr leisten kann. Deshalb geht es jetzt zurück in ihre Heimatstadt mit etwas über 76.000 Einwohnern nahe der bulgarischen Grenze. Hier lebt ihre Familie, hier steht ihr Elternhaus. Dort zieht sie jetzt wieder ein und versucht selbstständig mit kleinen Aufträgen weiterhin etwas zu verdienen und vor allem aber zu warten. Warten darauf, dass es bald wieder besser wird. Diesen Weg hatte sie nie für sich gesehen: „Vor der Finanzkrise wäre ich nie auf die Idee gekommen wieder in die Stadt zurückzukehren aus der ich komme“, so Vrakopoulou. Als sie ihr Studium beendete sah es noch ganz gut aus, sagt die Juristin. „Es gab verschiedene Möglichkeiten für Akademiker und auch die Löhne waren ordentlich.“ Heute sei das nicht mehr der Fall und deshalb keine Seltenheit, dass junge Berufstätige den Weg in die Heimatstädte wählen.
An Arbeit mangelt es der 26-Jährigen nicht. Normalerweise hat sie Zehn-Stunden-Tage. "Die meiste Zeit verbringe ich im Gericht oder vor meinem Computer", sagt Vrakopoulou. Trotzdem reicht das Geld nicht aus, um davon leben zu können. "Auf der einen Seite fühle ich mich glücklich, dass ich wirklich in dem Bereich arbeiten kann, den ich auch studiert habe, aber auf der anderen Seite muss ich mich mittlerweile fragen, ob ich in diesem Job noch genug Geld verdienen kann, um davon zu leben." In den vergangenen Jahren seien sowohl die Arbeitsmöglichkeiten als auch der Lohn weniger geworden - auch ihrer. Deshalb jetzt der Weg zurück ins Elternhaus.
Sie habe das Gefühl, dass der griechische Staat die jungen Menschen aufgegeben hat, da sie ihnen nicht genügen Möglichkeiten bieten Arbeit zu finden. "Wenn man sich die Situation in unserem Land bewusst macht, ist es meiner Meinung nach schwierig sich zu wichtigen Veränderungen durchzuringen", sagt Vrakopoulou über die griechische Politik. "Aber wenn ich etwas tun könnte, würde ich den jungen Menschen etwas zurückgeben. Uns etwas zurückgeben. All unsere Träume und Hoffnungen die wir in der Vergangenheit hatten als wir an die Uni kamen und die wir durch Frustration und Ablehnung für die Zukunft ersetzten."
Einen anderen Job machen? Nein, das komme für sie nicht in Frage sagt Vrakopoulou. "Ich weiß, dass es schwierig sein wird, aber ich glaube fest daran, dass ich mit harter Arbeit und Beharrlichkeit bald wieder auf eigenen Füßen stehen kann."
Der eigene Weg in die finanzielle Unabhängigkeit
Auf eigenen Füßen stehen – selbstständig sein. Diesen Schritt hat Fanis Koutouvelis gemacht. Zweieinhalb Jahre ist es jetzt her, dass er und seine beiden Mitgründer in Athen das Start-Up iKiosk gründeten. Jetzt sitzt er in seinem Büro in einer kleinen, aber hübschen Einkaufsstraße in Vrilissia, einem nördlichen Stadtteil Athens, und ist umgeben von modernen Ikea-Möbeln, kreativ aufgemalten Business-Plänen und iKiosk-Emblemen.
"Als wir vor dem Bankdirektor standen - drei junge Typen - und wir unser Firmenkonto eröffnen wollten, hat er uns vollkommen entsetzt angesehen. "Als ob wir einen Kredit über 1 Million wollen würden", sagt Koutouvelis Koutouvelis und lacht.
Ohne jegliche Fundings, also finanzielle Unterstützung von außen, starteten die Studenten mit einer Idee. Sie wollten die griechische Art, einen Kiosk oder einen Minimarkt zu führen, verbessern. Mit einem einfachen Kassensystem, das alle Eingänge und Verkäufe registriert und mit der passenden Software auch die Buchhaltung deutlich einfacher machen soll. Computerkenntnisse seien dafür nicht notwendig, wirbt iKiosk auf seiner Webseite.
Doch wie kommt man darauf, mitten in der größten finanziellen Krise in der Geschichte des Landes ein eigenes Unternehmen zu gründen? Koutouvelis brach sogar gemeinsam mit seinem Studienfreund das Studium ein Jahr vor dem Abschluss ab - sie hatten Computer-Ingenieurwissenschaften studiert. Ob er damit zum Beispiel im Ausland eine bessere Karriere hätte machen können, darüber habe er sich überhaupt keine Gedanken gemacht, sagt Koutouvelis. Der 26-Jährige wollte es mit seinem eigenen Projekt versuchen.