Nach der Europäischen Union haben auch die USA wegen der Ukraine-Krise neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Strafmaßnahmen zielen diesmal besonders auf den russischen Finanz-, Energie- und Rüstungsbereich. Moskau kritisierte die Beschlüsse als kontraproduktiv für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ostukraine. Präsident Wladimir Putin kündigte am Freitag an, seine Regierung werde Gegensanktionen vorbereiten.
Die neuen Strafmaßnahmen des Westens kritisierte Putin als „wenig effektiv“. Sie seien „antirussisch“ und würden nicht zur Lösung des Konflikts beitragen, sagte Putin in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Russland erwägt als Reaktion auf westliche Sanktionen ein Überflugverbot für ausländische Airlines sowie einen Importstopp für westliche Autos.
Die Führung in Moskau wolle diese „Politik der Strafmaßnahmen“ nicht, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow dem TV-Sender Rossija-1. „Aber wir müssen unsere Interessen schützen“. Weiter sagte Lawrow: „Wer Strafmaßnahmen in einem Moment erlässt, in dem sich der Friedensprozess in der Ukraine festigt, unterhöhlt diesen Prozess.“
Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt hatte die Europäische Union am Freitag sechs große russische Energie- und Rüstungsunternehmen von der Geldbeschaffung auf den EU-Kapitalmärkten abgeschnitten. So dürfen Anleihen der Ölfirmen Rosneft, Transneft und Gazprom Neft ab sofort nicht mehr an den Finanzmärkten der EU gehandelt werden.
Die neuen Sanktionen waren erst nach langem Ringen der 28 EU-Staaten in Kraft gesetzt worden. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy stellte noch vor der Veröffentlichung klar, dass die Sanktionen noch vor Monatsende überprüft und möglicherweise geändert werden. Dies hänge von Moskaus weiterem Verhalten in der Ukraine ab.
Putins Folterwerkzeuge im Sanktionskrieg
Der Kreml droht damit, den Import westlicher Pkw nach Russland einzuschränken. Der russische Markt ist aber schon länger in der Krise. 2013 exportierten deutsche Hersteller 132 000 Fahrzeuge nach Russland - im Jahr davor waren es noch knapp 157 000. Bei Volkswagen liegt der Konzernabsatz in Russland nach zwei Dritteln des Jahres 12 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Unabhängig von den Sanktionen sagt ein VW-Insider: „Der Markt fliegt uns ganz schön um die Ohren.“ Die Sanktionen könnten jene Hersteller teils schonen, die in Russland in eigenen Fabriken produzieren. Der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält Importverbote deshalb für verkraftbar: „Nahezu alle wichtigen deutschen Autobauer wie VW, Opel-Chevrolet, Ford, BMW, Daimler Nutzfahrzeuge sind mit Werken in Russland vertreten.“ Der Präsident des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, aber rät zum Blick über den Tellerrand: Das Thema drücke auf die Psychologie der internationalen Märkte.
Macht Moskau ernst und den Luftraum für westliche Airlines über Sibirien dicht, wäre das ein harter Schlag. Genau das hat Russlands Regierungschef Dmitri Medwedew im Sinn: „Wenn westliche Gesellschaften unseren Luftraum meiden müssen, kann das zum Bankrott vieler Fluggesellschaften führen, die schon jetzt ums Überleben kämpfen.“ Beispielsweise müssten die großen europäischen Airlines Air France-KLM, British Airways oder Lufthansa, die über Sibirien nach Asien fliegen, auf längere Routen ausweichen. Das kostet Treibstoff, Besatzungen müssen länger arbeiten. Experten gehen von etwa 10 000 Euro Mehrkosten pro Flug aus. Dies dürfte nicht ohne Folgen auf die Ticketpreise bleiben, von längeren Flugzeiten für die Kunden ganz zu schweigen. Aber: Bisher päppelte Moskau mit den Einnahmen von über 200 Millionen Euro pro Jahr aus den Überflugrechten die Staatsairline Aeroflot auf. Lachender Dritter wären wohl die Chinesen. Sie könnten dank des Sibirien-Kostenvorteils die Europäer im lukrativen Asiengeschäft noch mehr ärgern.
Bei Lebensmitteln machte Putin bereits ernst und verhängte Anfang August einen Importstopp, weil ihm erste EU-Sanktionen nicht schmeckten. Die 28 EU-Staaten, die USA, Australien, Kanada und Norwegen dürfen für ein Jahr Fleisch, Fisch, Milch, Obst und Gemüse nicht mehr einführen. Einzelne Agrarländer wie Griechenland trifft das hart. Für die deutsche Agrarbranche sind die Folgen überschaubar, sagt Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU). Um Verwerfungen im EU-Markt wegen des Überangebots zu verhindern, rief Schmidt die Verbraucher auf, mehr heimisches Obst und Gemüse zu essen: „One apple a day keeps Putin away“ (Ein Apfel am Tag hält Putin fern). Nun kündigt Moskau an, auch Produkte der Textilindustrie auf den Index zu setzen. Details sind aber unklar.
Hier hält Putin die ultimative „Waffe“ in der Hand. Dreht er den Gashahn zu, hätte Europa ein Problem. Grund zur Panik besteht aber nicht. Die Gasspeicher sind randvoll (Deutschland: 91,5 Prozent, EU-weit: 90), die Vorräte dürften zumindest in Deutschland, das seinen Gasbedarf zu mehr als ein Drittel aus Russland deckt, bis zum Frühjahr reichen. Das Baltikum und Finnland sind aber zu 100 Prozent von russischen Gasimporten abhängig, viele südosteuropäische Länder hängen auch am Gazprom-Tropf. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Putin liefertreu bleibt, nicht auf die Export-Milliarden verzichten kann. Die knallharte Entscheidung der EU, die russischen Energieriesen Gazprom Neft, Rosneft, Transneft sowie Rüstungsfirmen jetzt vom europäischen Kapitalmarkt abzuschneiden, dürfte Putin aber mächtig reizen. Polen meldet, Gazprom liefere weniger Gas als vereinbart - was der Monopolist von Putins Gnaden bestreitet.
Zu den neuen US-Sanktionen gehören wie bei der EU auch ein Verbot von Exporten und Dienstleistungen für die Förderung von Öl in der Tiefsee und in der Arktis sowie für die Schieferölförderung. Darunter fallen auch die russischen Energieriesen Gazprom, Gazprom Neft und Lukoil.
„Russlands ökonomische und diplomatische Isolierung wird weiter wachsen, so lange seine Taten nicht seinen Worten entsprechen“, sagte US-Finanzminister Jack Lew. Regierungsbeamte in Washington betonten zugleich, dass sie die Strafmaßnahmen zurückfahren würden, sollte Moskau an einem langfristigen Waffenstillstandsabkommen in der Ukraine mitarbeiten und weitere Schritt der Intervention unterlassen.
Auf einer EU-Liste von Unternehmen, an die keine Produkte mehr geliefert werden, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, stehen der Hersteller der bekannten Kalaschnikow-Sturmgewehre sowie Almas-Antej. Das Unternehmen produziert unter anderem das Raketensystem Buk, mit dem im Juli die malaysische Passagiermaschine MH17 über der Ostukraine abgeschossen worden sein soll.
Die Sanktionen der EU und USA gegen Russland
Die EU erschwert den Zugang zu den EU-Finanzmärkten für russische Banken. Gilt für alle Banken mit einem staatlichen Anteil von mindestens 50 Prozent. Sie können auf den EU-Kapitalmärkten keine neuen Wertpapiere oder Aktien von russischen Unternehmen mehr verkaufen.
In den USA fallen drei weitere Banken im russischen Staatsbesitz unter die Strafmaßnahmen, damit sind es nun fünf von sechs: Die Bank von Moskau, die Russische Landwirtschaftsbank und die VTB Bank kamen hinzu. Ihnen wird der Zugang zu mittel- und langfristiger Dollarfinanzierung für Russland erschwert. Sie dürfen aber weiter in den USA operieren.
Die EU verbietet künftige Rüstungslieferungen. Betroffen sind alle Güter, die auf einer entsprechenden Liste der EU stehen. Gilt nicht für bereits unterzeichnete Verträge, also auch nicht für die Lieferung von zwei französischen Hubschrauberträgern im Wert von 1,2 Milliarden Euro an Russland.
In den USA wurde die United Shipbuilding Corporation (größtes russisches Schiffsbau-Unternehmen) zu den bislang acht auf der Sanktionsliste stehenden Firmen im Verteidigungssektor ergänzt. Die Unternehmen dürfen nicht mehr das US-Finanzsystem nutzen oder mit amerikanischen Bürgern Geschäfte machen.
Die EU verbietet den Export von bestimmten Hochtechnologiegütern an das Militär. Gilt beispielsweise für Verschlüsselungssysteme sowie für Hochleistungscomputer.
Die EU untersagt die Ausfuhr für Spezialtechnik zur Ölförderung. Zielt auf Geräte, die für Ölbohrung und -förderung beispielsweise in der Arktis gebraucht werden.
Auch in den USA gelten für Unternehmen aus der Ölbranche eingeschränkte Importmöglichkeiten für Technik zur Erschließung von Ölquellen in tiefen Gewässern, vor der arktischen Küste oder in Schiefergestein. Die aktuelle Energieproduktion werde damit aber nicht beeinträchtigt.
Der niederländische Chefermittler Fred Westerbeke nannte einen Abschuss als das „wahrscheinlichste Szenario“. Von den 500 sichergestellten Spuren konzentrierten sich die Ermittlungen auf 25 Metallteile, die an Opfern und Gepäckstücken gefunden worden seien. Zurzeit werde überprüft, ob diese von dem Flugzeug stammten oder von einer Rakete. Beim Absturz des Flugzeugs zwischen Amsterdam und Kuala Lumpur starben 298 Menschen, die meisten waren Niederländer.
Die ukrainische Regierung schätzt die Schäden durch den monatelangen Krieg im Osten des Landes auf bisher etwa 700 Millionen Euro. Mehr als 11 000 Gebäude seien durch die Gefechte zwischen der Armee und prorussischen Separatisten weitgehend zerstört worden, sagte Vizeregierungschef Wladimir Groisman am Freitag in Kiew. Seit Beginn der Kämpfe im April seien 4500 Wohnhäuser, 217 Schulen und Kindergärten sowie 45 Kliniken zerstört worden sein. Laut UN kamen bei den Gefechten bisher insgesamt 3000 Menschen ums Leben.
Auswirkungen der neuen Sanktionen auf die Welt
Die harten Sanktionen zwischen dem Westen und Russland bereiten auch deutschen Unternehmen zunehmend Sorgen. Zwar nimmt die neue Runde an Strafmaßnahmen russische Öl- und Rüstungsfirmen ins Visier, doch die Folgen der immer schärferen Sanktionsspirale wirken sich auch auf heimische Branchen wie den Bankensektor, die Maschinenbauer oder die Automobilbranche aus.
Das Ausmaß der Besorgnis wurde am Freitag vor allem durch eine Stellungnahme europäischer Unternehmen in Russland deutlich. Die Regierungen sollten einen Weg zur Lösung des Ukraine-Konflikts finden, ohne der Wirtschaft zu schaden, forderte die Vereinigung Europäischer Unternehmen (AEB) in der russischen Hauptstadt Moskau. Der Verband sei aber weiterhin zuversichtlich, dass Russland trotz der Sanktionen ein strategischer Partner für Firmen aus Europa bleibe. In der AEB sind große europäische Firmen wie ABB, BMW, Siemens oder VW vertreten, die in Russland aktiv sind.
Der größte deutsche Erdöl-Produzent Wintershall will mögliche Auswirkungen der Sanktionen im politisch sensiblen Öl- und Gasgeschäft noch nicht bewerten. „Wir prüfen nun, ob diese Auswirkungen für Wintershall haben“, sagte ein Sprecher der BASF-Tochter. Von den bisherigen Sanktionen seit Anfang August sei Wintershall nicht unmittelbar betroffen gewesen. Der Konzern betreibt mit russischen Partnern eine Erdgasproduktion in Westsibirien und eine Erdölproduktion in der Nähe von Wolgograd. Der Verkauf des Gashandel- und Gasspeichergeschäfts an Gazprom ist so gut wie abgeschlossen und soll noch im Herbst vollzogen werden.
Experten zufolge sind gerade die Sanktionen im Finanzsektor schmerzhaft für Russland. „Auch wenn den Unternehmen dadurch keine unmittelbare Liquiditätskrise droht, werden die betroffenen Banken und Unternehmen insbesondere die stärkeren Beschränkungen bei ihrer kurzfristigen Refinanzierung schmerzlich spüren“, teilte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, am Freitag mit. Dass auch die neuen Sanktionen nicht ohne Folgen für die deutsche Wirtschaft bleiben, müsse dabei in Kauf genommen werden. „Das Entscheidungsprimat bleibt bei der Politik“, sagte Kemmer.
Die Russland-Exporte der deutschen Maschinenbauer sind bereits im ersten Halbjahr 2014 um ein Fünftel eingebrochen. Wie sich die Sanktionen im weiteren Jahresverlauf auswirken werden, sei zwar reine Spekulation, betont Monika Hollacher, Russland-Referentin beim Branchenverband VDMA. Aber: „Wenn die Sanktionen stark durchschlagen, tippen wir auf ein Minus unserer Exporte nach Russland von 35 Prozent auf 5 Milliarden Euro im Gesamtjahr.“
Die Deutsche Lufthansa hat zwar intern längst durchgerechnet, welche Auswirkungen ein russisches Überflugverbot auf Flugzeiten und den Kerosinverbrauch hätte, in der Öffentlichkeit will sich Deutschlands größte Airline aber dazu nicht äußern. „Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen“, sagte ein Sprecher. Man setze darauf, dass es zu anderen Lösungen komme. Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew hatte kürzlich ein Überflugverbot für Verkehrsflugzeuge aus dem Westen angedroht.
Für die deutschen Autobauer läuft es auch unabhängig von der politischen Lage auf dem russischen Markt derzeit nicht rund. Der Russland-Konflikt verschärft die bereits seit längerem bestehende Konjunkturschwäche. Der Konzernabsatz des größten europäischen Autobauers Volkswagen sank in Russland in den ersten acht Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 12 Prozent, bei der Kernmarke VW-Pkw sind es sogar 18 Prozent Verlust. Zu den Sanktionen ließ der Konzern erklären: „Wir beobachten die Lage nach wie vor genau und hoffen auf eine baldige Lösung.“ Der russische Markt ist für VW allerdings lange nicht so bedeutend wie etwa China.
Bei BMW hinterlässt die Krise bereits seit einigen Monaten Spuren in den Absatzzahlen: In den ersten acht Monaten des Jahres verkaufte BMW in Russland knapp 25 000 Fahrzeuge und damit fast acht Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Die neuen Sanktionen der USA gegen Russland belasten auch die Wall Street. Vor allem Energieaktien reagierten mit Kursverlusten auf die Strafmaßnahmen. Für einen Paukenschlag in einem ansonsten eher trägen Handel sorgten Marktgerüchte über einen angeblichen Einstieg von Google bei Ebay.
Im frühen New Yorker Nachmittagshandel lag der Dow-Jones-Index der Standardwerte 0,4 Prozent leichter bei 16.974 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 büßte 0,6 Prozent auf 1985 Zähler ein. Der Index der Technologiebörse Nasdaq sank 0,5 Prozent auf 4569 Punkte. Zuletzt hatten die amerikanischen Aktienmärkte bei schwachen Umsätzen nur geringe Ausschläge gezeigt.
Mangels anderer Impulse rückte die Ukraine-Krise wieder in den Vordergrund. Das US-Finanzministerium gab weitere Sanktionen gegen Russland bekannt. Russischen Banken soll der Zugang zu den US-Kredit- und Aktienmärkten erschwert werden. Betroffen sind ferner die Öl- und Rüstungsindustrie. An der Wall Street setzte dies insbesondere Energiewerte unter Druck. Der S&P-Branchenindex gab 1,2 Prozent nach. Exxon Mobil verloren 1,1 Prozent, Conoco Phillips 1,2 Prozent. "Der Markt verarbeitet die Sanktionen, und einige Leute benutzen dies als Entschuldigung für Verkäufe", sagte Anlagestratege John Traynor von People's United Wealth Management.
Klar im Rampenlicht standen jedoch Ebay -Aktien, die bei ungewöhnlich hohen Handelsumsätzen vorübergehend um 4,7 Prozent in die Höhe schossen. Händler verwiesen auf Marktgerüchte, wonach Google einen großen Anteil an dem Online-Händler kaufen könnte. Ebay erklärte daraufhin, es habe keine Gespräche mit Google über ein solches Vorhaben gegeben, und drückte damit den Kurs der eigenen Aktie wieder etwas. Im weiteren Handelsverlauf notierten Ebay nur noch 1,9 Prozent im Plus. Google gaben ein Prozent nach.
Einzelhandelstitel profitierten von steigenden Branchenumsätzen. So legten diese im August im Vergleich zum Vormonat erwartungsgemäß um 0,6 Prozent zu. Der Branchenindex von Morgan Stanley für die Einzelhändler kletterte um 0,7 Prozent. Best Buy zogen 3,3 Prozent an, Staples um drei Prozent.
Die Aktien des Autovermieters Hertz verteuerten sich um ein Prozent, nachdem der für sein aggressives Finanzgebaren bekannte Investor Carl Icahn seine Position im Unternehmen gestärkt hat. Icahn erhält nach seinem Einstieg bei Hertz dort nun drei Sitze im Verwaltungsrat. Investoren setzen darauf, dass Icahn den kriselnden Autovermieter wieder in die Spur bringt.
In Frankfurt schloss der Dax mit einem Minus von 0,4 Prozent bei 9651,13 Punkten. Für Nervosität unter den Anlegern sorgten das nahende Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands sowie die anstehende Sitzung der US-Notenbank Fed.
EU-Freihandelsabkommen mit der Ukraine verschoben
Während der Westen gegenüber Russland Sanktionen ausspricht, äußerte Russland Bedenken und warnte davor, dass Zölle auf Importe aus der Ukraine erhoben werden, wenn das Freihandelsabkommen der EU mit der Ukraine nicht verschoben werden würde. Daraufhin reagierte die EU und entschied, das Freihandelsabkommen zu verschieben. Folglich soll das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine nach EU-Angaben nun erst Ende kommenden Jahres in Kraft treten. Darauf hätten sich die Europäische Union (EU), Russland und die Ukraine verständigt, teilte EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Freitag mit. Die Ukraine werde bis dahin weiterhin einen privilegierten Zugang zum EU-Markt haben.
Russland hatte damit gedroht, Zölle auf Importe aus der Ukraine zu erheben, wenn das Abkommen am 1. November in Kraft tritt. Bisher können Waren aus der Ukraine weitgehend zollfrei nach Russland exportiert werden. Die Regierung in Moskau befürchtet, dass künftig Waren aus der EU, für die Russland Zölle erhebt, dann über die Ukraine zollfrei ins Land kommen könnten. Das würde nach ihren Berechnungen einen Einnahmeverlust von rund zwei Milliarden Euro ausmachen.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte sich nach einem Bericht der Agentur Interfax bei der Europäischen Union (EU) dafür eingesetzt, den geplanten Abbau von Zöllen auf EU-Waren zu verschieben. Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew sagte, dass Moskau keine Zölle auf ukrainische Waren erheben werde, solange die Ratifizierung des Handelsabkommens zwischen der EU und Kiew verschoben werde.
Die Ukraine wollte ein entsprechendes Abkommen ursprünglich bereits vor einigen Monaten unterzeichnen. Der damalige Präsident Viktor Janukowitsch stoppte das Vorhaben aber auf Druck der russischen Regierung. Die Kehrtwende Kiews löste einen Konflikt mit Russland aus.
Russland hat an diesem Freitag erneut seine Bedenken zum Freihandelsabkommen der EU mit der Ukraine vorgetragen. EU-Handelskommissar Karel De Gucht traf sich am Freitag in Brüssel mit dem russischen Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew und dem ukrainischen Außenminister Pawel Klimkin. Ziel war es, den Streit um den Handelspakt zu entschärfen.
„Wir sind aufgeschlossen, uns die russischen Bedenken anzuhören“, sagte der Sprecher De Guchts. In dem Abkommen gebe es bestimmte „Flexibilitäten“, beispielsweise über die Zeit bis zur Umsetzung einzelner Punkte. Der Sprecher unterstrich allerdings, es handele sich um ein Abkommen zwischen der EU und der Ukraine. Moskau habe kein Mitspracherecht.
Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, Moskau habe mehr als 2300 Änderungswünsche angemeldet. Der Sprecher kommentierte die Informationen des Blattes nicht.
Die Beratungen bei De Gucht stehen unter Zeitdruck, weil das Europaparlament und auch die Ukraine das Abkommen in der kommenden Woche billigen (ratifizieren) wollen. Die EU hatte die Gespräche angestoßen, weil Russland erhebliche Bedenken wegen des Freihandelsabkommens hat. Es sieht eine weitgehende Öffnung der Märkte der EU und der Ukraine und eine Anpassung der Standards vor. Moskau befürchtet eine Gefährdung seines eigenen Handels. Die EU hat bereits in mehreren Runden mit technischen Experten versucht, diese Sorge zu entkräften.
Der Sprecher kündigte an, De Gucht wolle sich am Abend nach Abschluss der Gespräche vor den Medien äußern.