Russland und die Opec Öl-Minister gegen Förderkürzung

Der russische Energieminister Nowak spricht sich gegen eine mögliche Drosselung der Ölfördermenge aus. Damit stellt er sich gegen Putin, der eine Kooperation mit der Opec bei diesem Thema in Aussicht gestellt hat.

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Der russische Energieminister will die Ölförderung nicht drosseln. Quelle: dpa

In Russland werden Stimmen gegen eine mögliche Öl-Förderkürzung laut. Energieminister Alexander Nowak sagte am Dienstag, er wolle sich nicht an einer vom Ölkartell Opec angeregten Drosselung der Fördermenge beteiligen. Denkbar sei allenfalls, die Produktion auf dem derzeitigen Niveau einzufrieren. Doch auch das lehnt der Chef des größten russischen Ölkonzerns Rosneft ab. "Warum sollten wir das tun?", sagte Igor Setschin der Nachrichtenagentur Reuters. Präsident Wladimir Putin hatte indes zuletzt den Schulterschluss mit den Opec-Staaten gesucht und eine Obergrenze in Aussicht gestellt. Ein Kreml-Sprecher sagte, Bedingung für eine Kooperation sei, dass sich die Opec-Staaten auf konkrete Schritte einigten

Rosneft steuert etwa zwei Fünftel zur gesamten Ölfördermenge Russlands bei. 2015 produzierte das Unternehmen 4,1 Millionen Barrel (1 Barrel = 159 Liter) pro Tag, im laufenden Jahr soll es noch mehr werden. Setschin ist für seine ablehnende Haltung der Opec gegenüber bekannt. Er bezweifelte zudem, dass auch einige Mitgliedsländer wie der Iran, Saudi-Arabien oder Venezuela sich an einer Drosselung beteiligen sollten. Das Kartell hatte sich im September für eine Förderbegrenzung ausgesprochen, Details sollen im November festgelegt werden.

Für Mittwoch ist ein informelles Treffen von Vertretern des Ölkartells und Russlands in Istanbul geplant. Doch wichtige Opec-Vertreter machen nun einen Rückzieher. Er werde an dem Treffen nicht teilnehmen, sondern es aus der Ferne verfolgen, sagte der saudische Energieminister Khalid al-Falih. Er verwies zudem auf Daten aus den USA. Diese zeigten, dass die Überkapazitäten am Ölmarkt zurückgingen.

Welchen Staaten der niedrige Ölpreis besonders schadet
Erdölförderung Quelle: dpa
Ölförderung in Saudi-Arabien Quelle: REUTERS
Ölförderung in Russland Quelle: REUTERS
Oman Ölpreis Quelle: Richard Bartz - eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons
Öl-Leitung im Niger-Delta Quelle: dpa
Ölförderpumpe in Bahrain Quelle: AP
Venezuela Ölförderung Quelle: REUTERS

Nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur IEA könnte die Ölflut bis ins kommende Jahr hinein anhalten, falls sich der Markt selbst überlassen bleibe. Ein Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage könnte schneller erreicht werden, wenn sich die Opec und Russland auf eine ausreichend große Kappung der Förderung einigten. Es sei jedoch schwierig, die Auswirkungen einer Kürzung auf den Markt zu bewerten, falls diese durchgesetzt werde, erklärte die Agentur.

Im vergangenen Monat allerdings dürften die Opec-Staaten so viel Öl gefördert haben wie seit langem nicht mehr. So legte die Produktion im Norden des Irak kräftig zu, in Libyen wurden wichtige Häfen wieder geöffnet. In Saudi-Arabien lag die Förderung einem Insider zufolge über dem Niveau des Vormonats. Auch in Russland, der weltweiten Nummer eins auf dem Ölmarkt, laufen die Pumpen auf Hochtouren, täglich waren es mit 11,1 Millionen Barrel so viel wie seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr.

Die Gewinner und Verlierer des billigen Öls
Das weltweite Überangebot und die schwächelnde Nachfrage setzen dem Ölpreis immer stärker zu. In den vergangenen sechs Monaten verbilligte sich die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um fast die Hälfte. Mit 62,75 Dollar kostet ein Barrel (Fass zu 159 Liter) derzeit so wenig wie zuletzt im Juli 2009. Die US-Sorte WTI ist sogar bereits unter die 60-Dollar-Grenze gefallen. Ein Ende dieser Talfahrt ist der Internationalen Energieagentur zufolge nicht in Sicht. Sie geht davon aus, dass sich das Überangebot in der ersten Jahreshälfte 2015 auf zwei Millionen Barrel täglich vergrößern wird. Gleichzeitig senkten die Experten ihre Prognose für das Nachfragewachstum um 230.000 auf 900.000 Barrel pro Tag. Wegen des Ölpreis-Verfalls schraubten die Förderfirmen zwar ihre Investitionen bereits zurück, fügt die IEA hinzu. Eine baldige deutliche Kürzung der Fördermengen sei dennoch nicht zu erwarten. Nachfolgend finden Sie die Gewinner und Verlierer des niedrigen Ölpreises. Quelle: REUTERS
Zu den Leidtragenden des fallenden Ölpreises zählen die Förderländer, deren Haupteinnahme-Quelle der Export des Rohstoffs ist. Besonders hart trifft es Russland, dessen Wirtschaft zusätzlich unter den westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise leidet. Der Moskauer Aktienindex RTS brach aus diesem Grund binnen weniger Monate um rund ein Drittel ein. Gleichzeitig taumelt der Rubel zum Dollar und Euro von Rekordtief zu Rekordtief. Quelle: REUTERS
Das Gleiche wie für Russland und den Rubel gilt für die Währung Nigerias. Obwohl die Notenbank des Landes binnen Jahresfrist etwa 20 Prozent ihrer Devisenreserven für Stützungskäufe aufgewendet hat, fallen die Naira-Kurse. Öl und Erdgas machen nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) fast die kompletten Exporte des Landes aus und 80 Prozent der Staatseinnahmen. Sogar eine Staatspleite ist nicht mehr auszuschließen. Quelle: dpa
Finanzielle Schlagseite hat auch Venezuela, dessen Deviseneinnahmen zu 96 Prozent aus dem Ölexport stammen. Daher werfen Anleger die Staatsanleihen des südamerikanischen Landes in hohem Bogen aus ihren Depots. Dies treibt die Rendite der Papiere mit einer Laufzeit bis 2027 auf 23,4 Prozent - im Sommer lag sie nur halb so hoch. Gleichzeitig stürzt die venezolanische Währung ab. Auf dem Schwarzmarkt müssen für einen Dollar 175 Bolivar gezahlt werden. Der offizielle Kurs liegt dagegen bei 6,30 Bolivar. Quelle: REUTERS
Die Aktienbörsen der Opec-Staaten Saudi-Arabien und Kuwait stehen zwar ebenfalls unter Druck. Da diese beiden Staaten Rohöl aber relativ günstig fördern und immer noch Gewinn machen, halten sich die Kursverluste hier in Grenzen. Außerdem können die Regierungen in Riad und Kuwait City Einnahme-Ausfälle mit ihren dicken Finanzpolstern abfedern, betonen die Experten der DekaBank. Quelle: dpa
Auf Unternehmensseite macht die Talfahrt des Ölpreises vor allem Förderfirmen wie Exxon, BP & Co. zu schaffen. Die im europäischen Branchenindex gelisteten Firmen haben seit Jahresmitte zusammengerechnet etwa 300 Milliarden Dollar an Börsenwert eingebüßt. Das entspricht in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Dänemarks. Quelle: REUTERS
Bei den russischen Konzernen Gazprom und Rosneft seien sogar die Dividenden für das laufende Jahr in Gefahr, warnt Analyst Pawel Sorokin vom Bankhaus Morgan Stanley. Außerdem müsse für 2015 mit deutlichen Gewinneinbußen gerechnet werden. Quelle: REUTERS

Auch die Investmentbank Goldman Sachs bezweifelte, dass es im kommenden Jahr gelingt, ein Gleichgewicht zu schaffen, und verwies auf eine höhere Förderung in Libyen, Nigeria und dem Irak. Der Chef des britischen Ölkonzerns BP, Robert Dudley, rechnet damit, dass der Ölpreis bis zum Ende des Jahrzehnts bei 55 bis 70 Dollar je Barrel liegt. Derzeit kostet ein Fass Nordseeöl der Sorte Brent knapp 53 Dollar, leichtes US-Öl notiert bei 51 Dollar.

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