Schuldenkrise Europas Sparern droht eine kalte Enteignung

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Die Staaten brauchen höhere Inflation

Euromünze auf einer Dollar-Note Quelle: REUTERS

Auch hinter den Kulissen wird ordentlich Druck ausgeübt. Erst in der vergangenen Woche machten Meldungen die Runde, die italienische Regierung dränge die Banken des Landes dazu, Staatsanleihen zu kaufen, und drohe, ansonsten die Anforderungen der Stresstests zu erhöhen und mehr Institute durchfallen zu lassen.

Damit es mit der Entschuldung noch besser klappt, brauchen die Staaten höhere Inflation. Ökonomen gehen davon aus, dass die Teuerung im Euro-Raum aufgrund der Geldflut der EZB im nächsten Aufschwung deutlich steigen wird. Die Bank of England (BoE) und die amerikanische Zentralbank Fed tolerieren schon jetzt eine deutlich höhere Inflationsrate. In Großbritannien liegt diese bei vier, in den USA bei drei Prozent. Gleichzeitig liegt hier der Leitzins bei 0,5 beziehungsweise 0 bis 0,25 Prozent. Damit sind die Realzinsen in diesen Ländern deutlich negativ. Mohamed El-Erian, Investmentchef vom weltgrößten Rentenfondsmanager Pimco, resümiert: „Wir leben in einer Welt, in der viele Nationen, insbesondere die USA, versuchen durch milde Inflation und Repression ihre Schulden abzubauen.“

Realzins liegt bei minus 0,25 Prozent

Deutschland macht da keine Ausnahme: Die Verzinsung zehnjähriger Staatspapiere liegt unter zwei Prozent, während die Inflationsrate zuletzt mit 2,3 Prozent deutlich darüber liegt. Im Schnitt liegt der Realzins bei etwa minus 0,25 Prozent, was für einen Investor, der eine halbe Million Euro angelegt hat, jährlich einen Verlust von 1250 Euro bedeutet.

Doch ohne eine erhöhte Inflation und finanzielle Repression kann die Entschuldung Deutschlands nicht funktionieren. Dies zeigt eine Rechnung, die Andreas Rees, Chefvolkswirt bei der UniCredit, exklusiv für die WirtschaftsWoche angestellt hat. Unter der Annahme, dass die Zinsen durchschnittlich bei 2,5 bis 3,0 Prozent liegen und die deutsche Wirtschaft um 1,5 Prozent wächst, würde bei einer Inflationsrate von 1,5 Prozent der deutsche Staat – trotz Einhaltung der Schuldenbremse – 40 Jahre brauchen, um den aktuellen Schuldenstand auf 31 Prozent zu senken. Das ist deutlich zu lange. Die Enteignung des deutschen Steuerzahlers ist daher unvermeidbar.

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