Als Grieche in diesen Tagen Geschäfte zu machen kann verdammt mühsam sein. Das Softwareunternehmen Intrasoft International etwa bewarb sich bei einer finnischen Bank um einen Großauftrag und landete unter den ersten drei Kandidaten. Doch dann sortierten die Finnen das 1996 gegründete Unternehmen aus, das sogar die Europäische Zentralbank zu seinen Kunden zählt. Die Finnen sahen in einem griechischen Lieferanten schlicht ein Risiko, weil sie das Unternehmen als genauso unzuverlässig einstuften wie das gesamte Land. „Bei unserer Gründung gab es ein Fragezeichen, ob Griechen in der Lage sein würden, Technologie zu produzieren“, sagt Intrasoft-Chef Athanasios Kotsis. „Aber nun sehen wir uns mit ganz anderen Zweifeln konfrontiert.“
Imageprobleme
Nach zwei Rettungspaketen für die marode Wirtschaft, nach immer neuen Beweisen für Korruption und politische Misswirtschaft haben griechische Unternehmen im Ausland ein Imageproblem. Zugleich kämpfen sie zu Hause mit Bürokratie und mit Banken, die ihnen den Geldhahn abdrehen. Ein Viertel der griechischen Firmen hat seit 2009 dichtgemacht. Bei der Hälfte der Kleinunternehmen laufen die Geschäfte so schlecht, dass sie keine Löhne mehr bezahlen können.
Allen Widrigkeiten zum Trotz gibt es in Europas Südosten aber durchaus Firmen, die wachsen und neue Märkte erobern. Schon vor der Krise haben sie erkannt, dass ein Heimatmarkt mit elf Millionen Einwohnern keine Sicherheit bietet und nach lukrativen Nischen im Ausland Ausschau gehalten. Ihren Unternehmen haben sie Namen wie Raycap, Coco-Mat und Intracom gegeben, die Kunden weltweit flüssig über die Lippen gehen und den Ursprung des Unternehmens nicht vorwegnehmen. Sie haben in Marketing investiert oder in Forschung und Entwicklung, andere heben sich durch ihren Kundendienst von der internationalen Konkurrenz ab.
Mit Ausdauer und Energie gegen feindliches Klima
Unternehmer, die in Griechenland überleben wollen, brauchen Ausdauer. Viel Energie geht beim Kampf gegen Bürokratie drauf. Kostas Apostolidis, Gründer des Blitzableiterherstellers Raycap, hatte jüngst Finanzbeamte in seinem Büro sitzen, die die Reisekosten als zu hoch bemängelten. Dass Raycap 88 Prozent des Umsatzes im Ausland erzielt, interessierte nicht. Mehr als zehn Prozent der Gesamtausgaben dürften Reisekosten nicht ausmachen, beharrten die Beamten.
Viele griechische Manager beklagen ein unternehmensfeindliches Klima unter Staatsbediensteten, aber auch in weiteren Teilen der Gesellschaft. Nach der Militärdiktatur habe sich in den Siebzigerjahren eine linke Gesinnung gehalten, die sich auch in der Krise nicht geändert habe. „Als Geschäftsmann ist man ein Feind“, beobachtet Kostas Maltezos, Geschäftsführer des Matratzenherstellers Coco-Mat. „Die Leute wollen nicht, dass du Geld verdienst.“
Coco-Mat: Gutes Marketing
Noch gibt es zu wenige Firmen dieses Kalibers, und noch sind sie zu klein, um ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen. Aber die folgenden Beispiele zeigen, was möglich ist, wenn Unternehmen die Stärken des Standorts nutzen. Das Gastgewerbe, aber auch Nahrungsmittelhersteller und die Naturkosmetikbranche etwa profitieren von der unverbrauchten Natur. Allen Unternehmen kommt das hohe Ausbildungsniveau zugute: Viele Griechen haben im Ausland studiert, kehren mit internationaler Erfahrung zurück in ihre Heimat. Mitarbeiter des US-Giganten General Electric etwa, die ihren Zulieferer Raycap auf Kinderarbeit überprüften, waren überrascht vom Know-how der Ingenieure.
Gleichzeitig sind griechische Unternehmen nicht fixiert auf Diplome und fördern ungewöhnliche Karrieren. So lässt Coco-Mat-Gründer Pavlos Evmorfidis, der sein Verkaufstalent erstmals bei einem Nebenjob in der Athener Altstadt Plaka trainierte, sein Unternehmen heute von einem ehemaligen Vertreter führen, der sein Berufsleben in einem Andenkenladen begann.
Das Geschäft mit Luxusliegeflächen
Der Reißverschluss war die Lösung. Ausländische Kunden würden einem griechischen Produkt misstrauen, befürchtete Evmorfidis, als er den Matratzenhersteller 1989 gründete. Folglich sollte jeder sehen können, woraus seine Ware im Inneren besteht: ausschließlich aus natürlichen Materialien wie Latex, Wolle und Kokosfasern.
„Als wir anfingen, haben sich alle über uns lustig gemacht“, erinnert sich Evmorfidis, ursprünglich Sportlehrer. In seinem Zweitjob als Verkäufer in einem Juwelierladen in Athens Altstadt hatte ein Kunde ihn gefragt, wo er Matratzen kaufen könnte. Evmorfidis entdeckte eine Marktlücke und recherchierte, wie die Menschen in Griechenland früher geschlafen hatten. Er stieß auf Sokrates, den griechischen Philosophen, der sich auf Seetang bettete. Also verarbeitet auch er Seetang in seinen Matratzen, die in der einfachsten Ausführung 1600 Euro kosten. Die Edelversion, ein vierlagiges Bett, kostet 7000 Euro. Es kommt ohne Besucherritze aus, bietet aber denselben Schlafkomfort wie getrennte Matratzen.
Einen Markt für die Luxusliegeflächen gibt es sichtlich. Allein in China eröffnete Coco-Mat 2011 fünf neue Geschäfte zusätzlich zu den vier bereits bestehenden. In den USA sollen in den kommenden drei Jahren 20 hinzukommen. Seit 2009 ist Coco-Mat in Hamburg mit einem Laden vertreten, in diesem Jahr wird Berlin folgen.
Mit rund 220 Mitarbeitern erzielte Coco-Mat 2011 einen Umsatz von 63 Millionen Euro. Produziert wird fast ausschließlich im nordgriechischen Xanthi. Eine Fabrik in China stellt Daunendecken und Bettwäsche her, die auch zum Sortiment gehören.
Keine Werbung nötig
Coco-Mat hebt sich durch sein Marketing von der internationalen Konkurrenz ab. Das Unternehmen macht kaum Werbung, sondern vermarktet seine Produkte stark über Hotels, die 30 Prozent Nachlass bekommen. Auslöser war das positive Echo im Hotel Sofitel am Flughafen Athen, wo Gäste nach einer gut gebetteten Nacht häufig nach den Matratzen fragten und sie sich bis nach Australien und Alaska liefern ließen. Mittlerweile schlafen Gäste in mehr als 1500 Hotels auf Matratzen von Coco-Mat.
Das Unternehmen gehört der Familie Evmorfidis und einem Geschäftspartner. Auf Banken ist es nicht angewiesen: „Wir verzichten bewusst auf Darlehen, was unsere Arbeit erheblich entspannt“, sagt Geschäftsführer Maltezos, an den der Firmengründer das Tagesgeschäft abgegeben hat.
Der drahtige Evmorfidis sprudelt allerdings immer noch vor Ideen, wie Coco-Mat verändert werden kann. Seinen Mitarbeitern zahlt er fünf Prozent mehr Gehalt, wenn sie aufhören zu rauchen. Wer mit dem Fahrrad ins Büro kommt, bekommt drei Prozent mehr. Im Sommer will er mit wechselnden Beifahrern und einem Anhänger von Athen nach Berlin radeln. Höchstpersönlich will er Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Matratze aus seiner Produktion liefern: „Damit sie sieht, dass wir Griechen auch produzieren können.“ Evmorfidis versteht etwas von Marketing.
Raycap: Hohe Kundendienstqualität
Mitten in der Euro-Krise, vor sechs Monaten, eröffnete Raycap ein Vertriebsbüro in München mit zwei Mitarbeitern. Als mutig empfindet das Gründer Kostas Apostolidis nicht. Die Deutschen seien angenehme Kunden: „Sie sind rational, sie schauen sich Produkt und Service genau an.“
Die Amerikaner hat Apostolidis von der Qualität seiner Blitzableiter schon überzeugt. 60 Prozent seines Umsatzes von gut 50 Millionen Euro hat er 2011 in den USA erwirtschaftet. Seit Raycap sich gegen 50 Mitbewerber durchsetzte und in einem Großauftrag der Flugsicherheitsbehörde alle Radargeräte an US-Flughäfen mit seinen Blitzableitern ausstattete, ist die Firma in den USA bekannt. General Electric, bekannt für eine extrem niedrige Fehlertoleranz, gehört zu den Abnehmern.
2009 kaufte Apostolidis eine Produktionsstätte in den USA, um nah an seinen wichtigsten Kunden zu sein. Mittlerweile weiß er die Flexibilität seiner 250 Mitarbeiter im Stammwerk im nordgriechischen Drama noch mehr zu schätzen. „Wenn ich ihnen am 24. Dezember ankündige, dass sie bis Mitternacht arbeiten müssen, dann tun sie das ohne Murren.“ US-Mitarbeiter sagten dagegen schon einmal achselzuckend, es sei nicht ihr Problem, wenn ein Kunde eine Bestellung spät aufgebe.
Apostolidis könnte seine Geschäfte von überall aus machen. In seinem Büro mit den zwei großen Glasfronten erinnert nur der Blick auf das Olympiastadion von 2004, dass es sich im Athener Vorort Maroussi befindet. Aber vor allem die Einstellung seiner Mitarbeiter lässt ihm am Standort Griechenland festhalten: „Ich will, dass unsere Kunden Geld verdienen, und das verstehen meine Mitarbeiter.“ Soll heißen: Sind die Anlagen der Kunden vor Blitzschlägen geschützt, droht kein Produktionsausfall. Abnehmer sind unter anderem auch Hersteller von Windturbinen.
Stark wachsender Markt
Dank der Flexibilität seiner Leute kann Apostolidis Ware in drei Tagen liefern. Der alleiniger Firmeninhaber mit Harvard-MBA führt seinen hohen Anspruch auf seine Ausbildung als Bergbauingenieur zurück. „Ich weiß, wie wichtig es ist, dass man sich auf andere verlassen kann.“
Raycap agiert in einem stark wachsenden Markt, denn konventionelle Blitzableiter, die die Spannung in den Boden leiten, reichen heutzutage nicht mehr aus, um empfindliche Geräte zu schützen. Die Griechen profitieren vom Ausbau erneuerbarer Energien, Windturbinen- und Solarhersteller zählen zu ihren Kunden.
„Unser einziges Wachstumshemmnis ist der Mangel an Nachwuchs“, sagt Raycap-Vize Kostas Samaras. Er sucht Ingenieure, um das 35-köpfige Team am Hauptsitz auszubauen. Gerade hat er eine Dänin eingestellt, 2011 einen französischen Absolventen von der Pariser Kaderschmiede Insead. Von einem deutschen Insead-Absolventen kam in diesem Jahr eine sehr höfliche Absage. Der Job sei viel versprechend, aber ein Leben in Griechenland konnte sich der Kandidat dann doch nicht vorstellen.
Pharmathen und Trikalinos
Heute weiß Vassilios Katsos, dass die Krise seines Unternehmens in den Neunzigerjahren ein Segen war. 1997 strich die griechische Regierung ohne Vorwarnung die beiden bestverkauften Produkte des Herstellers Pharmathen von der Liste der erstattungsfähigen Medikamente. Der Umsatz brach ein. „Mir war klar, dass das Unternehmen nur überleben konnte, wenn wir uns internationalisieren“, sagt CEO Katsos, damals 24. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters hatte er das Unternehmen im Alter von 20 Jahren übernommen und führte anfangs die Geschäfte parallel zu seinem Pharmaziestudium. „Ich hätte ein Lieferant für einen großen Konzern werden können“, sagt Katsos. „Aber das wäre so, als ob ich Olivenöl in Containern verkaufe und den Gewinn anderen überlasse.“ Also setzte er auf Forschung und Entwicklung (F&E), um neue Märkte zu erobern – damit waren größere griechische Pharmahersteller gescheitert. „Die Banken haben uns ausgelacht, als wir nach Deutschland, Großbritannien und Frankreich exportieren wollten“, erinnert sich Katsos.
2002 gelang Pharmathen mit dem Anti-Pilz-Präparat Fluconazole der Durchbruch. Der Fokus auf F&E ist geblieben: 20 Millionen Euro investierte das Unternehmen 2011 bei einem Umsatz von 145 Millionen Euro. Das macht Pharmathen, das aktuell 35 Patente hält, zu einer der forschungsintensivsten Firmen in der EU.
Nächstes Ziel: China
Bis 2016 will Katsos, der in Athen eine amerikanische Schule besuchte, seinen Umsatz verdreifachen. Große Hoffnungen setzt er auf einen Durchbruch bei Injektionen, die das Medikament im Körper quasi deponieren. Patienten müssten dann nur noch einmal die Woche statt täglich eine Spritze bekommen. Das Produkt soll Ende 2013 auf den Markt kommen.
Pharmathen liefert in 85 Länder und ist auf dem Sprung nach China. 2008 erwarb das Unternehmen ein Forschungsinstitut für Arzneimittelwirkstoffe in Indien, das die Produktionskette vervollständigt und den Vertrieb vor Ort erleichtert.
In jüngster Zeit sieht Katsos sogar Chancen in Griechenland, wo er nur 20 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet. Bisher liegt der Marktanteil von Generika, die für Pharmathen wichtig sind, bei 15 Prozent, ein extrem niedriger Wert im internationalen Vergleich. Die Regierung hat ihr Budget für Gesundheit zusammengestrichen und will den Marktanteil von Generika schon 2013 auf 50 Prozent steigern. Pharmathen verspricht sich ein großes Geschäft.
Noch gehört das Unternehmen mit seinen mehr als 800 Mitarbeitern zu den wenigen, denen griechische Banken Kredit gewähren. Für künftige Investitionen will sich Katsos, der Pharmathen gemeinsam mit seiner Schwester Nellie besitzt, aber an ausländische Banken wenden: „Der griechische Sektor ist völlig ausgetrocknet.“
Trikalinos: Mehrwert bei Lebensmitteln
Ein Firmenschild fehlt, stattdessen weist ein handgeschriebener Zettel auf den Eingang um die Ecke hin. Ein verwinkeltes Treppenhaus führt in das niedrige Büro von Inhaber Zafeiris Trikalinos im ersten Stock. Von Luxus ist beim Familienbetrieb Trikalinos im Athener Wohnviertel Daphne wenig zu spüren. Dabei stellt das Unternehmen eine Delikatesse aus Fischrogen her, für die Feinschmecker tief ins Portemonnaie greifen. Rund 147 Euro kostet das Kilo Bottarga, ein getrockneter Fischrogen, von dem der spanische Spitzenkoch Ferran Adrià sagt, es handele sich um das beste Produkt seiner Art weltweit.
Dem 54-jährigen Trikalinos gelang es, eine Spezialität zu verfeinern, die in Italien, Frankreich und Griechenland Tradition hat und sich bis zu den alten Ägyptern zurückverfolgen lässt. Schon sie machten Fischrogen durch Mumifizierung haltbar. Dass Trikalinos ein Produkt abwandelte, das seine Vorfahren seit 1856 fast unverändert herstellten, lag an einem Warnhinweis. Zu fett, zu salzig und somit gesundheitsgefährdend, hieß es über die lachsfarbigen Eier der Meeräsche auf einem Faltblatt, das er in einem Krankenhaus fand. Trikalinos arbeitete mit griechischen Universitäten zusammen, reduzierte den Salzgehalt auf unter ein Prozent und erhöhte die Feuchtigkeit. Das verbesserte nicht nur den Geschmack des Bottarga. Heute attestieren Wissenschaftler Trikalinos, dass sein Produkt sogar Cholesterin senken kann.
Noch bedient Trikalinos vor allem den griechischen Markt. 70 Prozent seines Umsatzes von knapp 10 Millionen Euro erwirtschaftete er 2011 dort. Doch der Export wächst rasant, seit er 2006 sein erneuertes Produkt erstmals im Ausland anbot. Japan, China und Taiwan beliefert Trikalinos bereits, Russland will er 2013 erschließen.
Korres/Apivita Naturkosmetik: Örtliche Ressourcen nutzen
Im Gegensatz zum Gros der griechischen Lebensmittelhersteller hat Trikalinos verstanden, dass er ein hochwertiges Produkt nur für viel Geld verkaufen kann, wenn das Design stimmt. 2008 entwickelte Marketingchefin Lila Kourti eine edle mattschwarze Verpackung, die den internationalen Designpreis Pentawards gewann. Eine wichtige Zielgruppe ist für die gelernte Köchin Kourti die Spitzengastronomie, die sie auf Messen anspricht. „Wir Griechen haben lange gebraucht, um zu verstehen, was Marketing ist“, sagt Kourti und schätzt den Rückstand zu Italien auf 15 Jahre. „Die Arbeit, die wir heute investieren, wird wahrscheinlich erst in 30 Jahren ihren vollen Effekt zeigen.“
Was Trikalinos bei Bottarga geschafft hat, das will Giorgos Kolliopoulos bei einem der wichtigsten Agrarprodukte Griechenlands wiederholen: bei Olivenöl. 60 Prozent ihrer Produktion exportieren griechische Hersteller bisher zu einem Spottpreis von 1,80 Euro pro Liter nach Italien, wo es abgepackt wird. Der ehemalige Werber Kolliopoulos füllt hochwertiges Öl unter dem Namen Lambda in elegante Halbliterflaschen, die bei Harrods in London 50 Pfund kosten. In limitierter Auflage hat er eine Edition für 11 000 Euro die Flasche aufgelegt, die er nach Saudi-Arabien verkauft. Sein Vorbild ist Champagner. „Marketing wurde in Griechenland bisher als Betrug empfunden“, sagt Kolliopoulos. „Dabei ist es ein Verbrechen, hochwertige Produkte zu verschleudern.“
Frisches Design
Vor einem Jahr kam Dimitris Vidakis von Coca-Cola Hellenic als CEO zum Naturkosmetikhersteller Korres. Als große Umstellung empfand er das nicht. „Korres ist auf dem Weg, eine globale Marke zu werden“, sagt er selbstbewusst. Cremes, Shampoos und Duschgels exportiert Korres in mehr als 30 Länder. In Deutschland betreibt Korres eigene Geschäfte in Frankfurt, München und Kassel und vertreibt seine Ware über die Parfümeriekette Douglas und den Drogeriemarkt Müller.
Das frische Design und der Rückgriff auf Hausrezepte sprechen die Kundschaft weltweit an. Die Korres-After-Sun-Lotion etwa enthält Joghurt, weil in Griechenland Sonnenbrand traditionell mit Joghurt behandelt wurde. 1200 Kräuter wachsen nur hier, betont man bei Korres. Der Reichtum der Natur lässt sich gut vermarkten. Noch erzielt Korres 65 Prozent seines Umsatzes von 43 Millionen Euro im Heimatmarkt, doch in den kommenden fünf Jahren möchte Vidakis den Anteil auf 35 Prozent zurückfahren.
Es begann mit einem Zufall
Firmengründer Giorgos Korres, der die elterliche Apotheke übernommen hatte, war ohne weltweite Ambitionen in die Welt der Kosmetik gestartet. Der Export begann mit einem Zufall: Der jetzige US-Importeur hatte die Produkte beim Kreta-Urlaub entdeckt. Eine Einkäuferin des Londoner Edelkaufhauses Harvey Nichols wiederum stieß in New York auf Korres und begann den Import nach Großbritannien. In den USA wird demnächst der Kosmetik- und Pharmagigant Johnson & Johnson in Lizenz die Produktion von Korres übernehmen. Auch das schmälert den Mythos der Marke, hilft allerdings dem Aktienkurs.
Die besseren Produkte als Korres glaubt Apivita zu produzieren, ein Naturkosmetikunternehmen, das ebenfalls aus einer Apotheke entstand. Wie Korres im Athener Stadtteil Metamorphosis angesiedelt, tüfteln die 160 Mitarbeiter von Nikos Koutsianas an Produkten, die neben griechischen Kräutern Pollen oder Gelee Royal enthalten. Die Marke beruft sich auf Hippokrates, der davon ausging, dass die Natur Heilmittel für alle Leiden bereitstelle.
Dieses ganzheitliche Konzept kommt vor allem in Asien gut an. Fünf Tage nach dem Tsunami eröffnete Apivita 2011 einen Laden in Japan, in diesem Jahr werden weitere fünf folgen. „Wir versprechen nur das, was wir halten können“, sagt Inhaber Koutsianas. „Wir behaupten nicht, Cellulite beseitigen zu können.“ Bis 2017 will das Unternehmen 80 Prozent seines Umsatzes von rund 30 Millionen Euro im Ausland erzielen, noch liegt der Exportanteil bei nur 20 Prozent.
Intracom: Neueste Technik
Das Leben von Firmengründer Sokratis Kokkalis als schillernd zu bezeichnen ist eine Untertreibung. Als Kind zog er nach Ostberlin. Kokkalis studierte Physik, soll für die Stasi gearbeitet haben, war in dubiose Deals mit der DDR-Regierung verwickelt und in den Siemens-Skandal in Griechenland. Seine unternehmerische Leistung steht allerdings außer Frage. Der heute 72-Jährige gründete mit Intracom eines der größten Technikunternehmen Südosteuropas.
Zur der Holding, die an der Athener Börse notiert ist, gehören Intrasoft International, ein Softwarehersteller, der europäische EU-Institutionen beliefert. Intracom Telecom, die zu 51 Prozent der russischen Sitronics gehört, produziert Telekomsoftware. Intracom Defense Electronics baut Komponenten für Rüstungsgüter, unter anderem für amerikanische Patriot-Raketen und deutsche Leopard-Panzer.
Seine politischen Kontakte mögen Milliardär Kokkalis in der Anfangszeit geholfen haben, heute beklagt das Management, dass der Staat einen Technologiekonzern wie Intracom wenig unterstützt habe.
Keine Unterstützung
„Deutsche Telekomanbieter haben traditionell bei deutschen Unternehmen gekauft und so deren nationales Wachstum ermöglicht“, sagt Intracom-Telecom-Chef Alexandros Manos. „Griechische Unternehmen haben leider keine vergleichbare stetige Unterstützung bekommen.“ Auch bei Intracom Defense beklagt CEO Georgios Troullinos, dass der Staat als Abnehmer ausfiel: „Mit jedem neuen Minister kam eine neue Strategie.“
Daher ist Intrasoft erst seit Kurzem mit dem Staat im Geschäft. Das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg hat der griechischen Regierung Software verkauft, mit der sie Betrug in der Sozialversicherung auf die Spur kommt. Da die EU auf eine Verwaltungsreform in Griechenland drängt, erhofft sich Intrasoft weitere Aufträge.
Fähig zu Höchstleisutngen
Zähe Ausschreibungsprozeduren haben öffentliche Aufträge für Intrasoft bisher wenig attraktiv gemacht. „In Griechenland dauern Ausschreibungen ewig, und jeder Mitbewerber kann Einspruch einlegen und Verzögerungen auslösen“, beklagt Intrasoft-Chef Kotsis. „Für Unternehmen ist so etwas tödlich.“
Die Intracom-Töchter haben überlebt, weil sie sich auf das Ausland konzentriert haben. Dem Unternehmen hilft, dass Ingenieure in Griechenland niedrigere Gehälter bekommen als in Nordeuropa. Intracom Telecom lässt in Rumänien fertigen, auch das senkt die Kosten. Manos: „Wenn man uns lässt, dann sind wir Griechen zu Höchstleistungen fähig.“