Bislang haben es Italien, Slowenien und Frankreich geschafft, sich mit eigenen Kräften gegen die Krise zu stemmen. Doch zum Jahresende 2012 stehen alle drei genannten Länder mit dem Rücken zur Wand. Wie haben sich die Länder im ablaufenden Jahr geschlagen – und droht die Flucht unter den Rettungsschirm?
Italien
Mario Monti hat Italien auf den rechten Weg gebracht. Ab 2014 soll eine Schuldenbremse ausgeglichene Haushalte garantieren, die Mehrwertsteuer wurde angehoben, Steuererleichterungen abgeschafft. Eine Reichen- und Immobiliensteuer soll zehn Milliarden Euro in die Kasse spülen, Privatisierungen weitere 15 Milliarden Euro.
Auch das Renteneintrittsalter wurde angehoben, der Kündigungsschutz wurde gelockert. Der Lohn der Bemühungen: Das Geld kommt zurück ins Land. Zwischen Juli und September wurden im Schnitt 11,5 Milliarden Euro pro Monat ins Land gebracht. In der Folge mussten sich Italiens Banken weniger Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen.
Italiens Abschlusszeugnis 2012
13 Regierungschefs in 20 Jahren: Kontinuität ist in Italien ein Fremdwort. Mario Monti kündigte überraschend an, noch in diesem Jahr zurückzutreten. Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi plant sein Comeback. Investoren sind hochgradig verunsichert.
Note: 5
Monti hat viele Reformen angestoßen, von der Schuldenbremse über die Lockerung des Kündigungsschutzes bis hin zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters.
Note: 2
Italien kann möglicherweise schon in diesem Jahr die Drei-Prozent-Grenze bei der Neuverschuldung einhalten. Dazu trägt auch das Sparpaket („Salva Italia“) bei, dass Einsparungen bei Pensionen vorsieht.
Note: 2
Italien war unter Monti in vielen Punkten (Ausnahme: Forderung nach Vergemeinschaftung der Schulden Europas) auf dem richtigen Weg. Mit seinem Rücktritt steht Italien vor einer ungewissen Zukunft.
Note: 4
Doch Mitte Dezember der Schock: Mario Monti tritt nach Querelen mit den italienischen Parteien, die ihn dulden noch in diesem Jahr zurück. Noch im Februar soll neu gewählt werden, Silvio Berlusconi, der das Land kaputt wirtschaftete, arbeitet an seinem Comeback. Die Märkte reagierten besorgt, die Renditen für italienische Anleihen schossen in die Höhe, die EU warnt, Italien dürfe sein Reformweg nicht verlassen.
Frankreich
Moody’s entzog Frankreich Ende November sein „AAA“-Rating. Überraschend ist das nicht: Das Land ignoriert die Herausforderungen der Globalisierung, ifo-Präsident Hans-Werner Sinn ist sich sicher: „Kein Land in Europa ist dem Sozialismus näher als Frankreich.“
Frankreichs Staatsverschuldung liegt inzwischen bei über 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – Tendenz steigend. Über drei Millionen Franzosen sind inzwischen arbeitslos, das sind mehr als zehn Prozent aller Bürger im erwerbsfähigen Alter. Bei den Jung-Erwachsenen ist gar jeder vierte ohne Job. Noch wächst die französische Volkswirtschaft minimal, doch schon im neuen Jahr könnte damit Schluss sein. Glaubt man den Prognosen, steuert das Land geradewegs auf eine Rezession zu.
Frankreichs Abschlusszeugnis 2012
Francois Hollande hat nach nur einem halben Jahr einen Großteil seiner Sympathien verspielt. Links- und Rechtsextreme gewinnen an Zulauf und machen Druck. Auch die Gewerkschaften machen Hollande das Leben schwer. Eine Regierungskrise ist zunächst aber nicht in Sicht.
Note: 3-
Der französische Präsident hat Reformen umgesetzt – doch diese dienen nicht gerade der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (Reichensteuer, Absenkung des Renteneintrittsalters). An dem üppigen Sozialsystem wagt sich Hollande nicht heran, auch der Arbeitsmarkt mit seinem beinharten Kündigungsschutz bleibt unangetastet.
Note: 5
Frankreichs Defizit wird nur langsam zurückgefahren (in diesem Jahr von 5,2 Prozent des BIP auf 4,5). Gerade im aufgeblähten öffentlichen Dienst wird großes Sparpotenzial nicht genutzt. Privatisierungen kommen nicht voran.
Note: 4
Frankreich hat 2012 nichts getan, um auf die Herausforderungen der Globalisierung zu reagieren. Statt sich zu öffnen, schottet sich das Land ab. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone hat das Potenzial, die Krise zu meistern, besitzt kluge Köpfe und eine funktionierende Industrie. Ein Kandidat für den Euro-Rettungsschirm ist Frankreich derzeit nicht. Doch das kann sich ändern, ruht sich das Land weiter auf den Errungenschaften der Vergangenheit aus.
Note: 4
Die Gründe sind vielfältig: Während das Land zum Zeitpunkt der Euro-Einführung 1999 bei den Lohnstückkosten noch hinter Deutschland lag, ist es nun fast 25 Prozent teurer als der große Nachbar im Osten. Der gesetzliche Mindestlohn wurde kontinuierlich angehoben, auf derzeit 9,19 Euro pro Stunde oder 1.400 Euro im Monat. Mit den Sätzen liegt Frankreich im weltweiten Vergleich im Spitzenfeld.
Das üppige französische Sozialsystem oder der Arbeitsmarkt, auf dem beinharter Kündigungsschutz, 35-Stunden-Woche und bis zu neun Wochen Urlaub regieren, sind für Hollande heilige Kühe. Trotzdem haben sich seine Wähler von ihm abgewandt. Umfragen sehen große Gewinne für die extremen Parteien am linken und rechten Rand.