Schuldenstreit Merkels teure Griechenland-Zusagen

Kanzlerin Merkel hat einst beteuert, die Griechen-Rettung werde deutsche Steuerzahler nichts kosten. Dieses Vorhaben ist nach den geplatzten Verhandlungen nur noch schwer zu halten. Auf Deutschland kommen hohe Kosten zu.

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Griechenland ist am schlechtesten in die EU integriert
Mann mit griechischer Flagge Quelle: dapd
Blick auf Warschau Quelle: dpa
Blick auf Riga Quelle: dpa
Blick auf das ungarische Parlament Quelle: dpa
Platz in Vilnius, Litauen Quelle: AP
Ein Mädchen winkt mit der schwedischen Flagge Quelle: dpa
Urmas Paet und Frank-Walter Steinmeier Quelle: dpa

Berlin Nach den gescheiterten Verhandlungen zur Lösung der griechischen Schuldenkrise könnte das Land im schlimmsten Fall in die Pleite rutschen  – und als Folge daraus sogar aus dem Euro ausscheiden. Die Hilfsmilliarden, die Athen bis dato am Leben hielten, wären damit verloren. Selbst wenn noch in letzter Minute eine Einigung zwischen Athen und den internationalen Geldgebern gefunden würde, kämen auf die Geldgeber hohe Kosten zu.

Insgesamt stehen 240 Milliarden Euro Hilfen auf dem Spiel. „Für Deutschland stehen 70 Milliarden Euro im griechischen Feuer“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Ein Umstand, der aus Holznagels Sicht eigentlich niemanden überraschen dürfte. „Es war von Anfang klar, dass mit der milliardenschweren Stützung Griechenlands Zeit gekauft wurde“, betonte er. „Dabei war bereits mit dem Bruch der No-Bailout-Klausel offensichtlich, dass das Konzept der Euro-Retter, die griechische Schuldenmisere mit noch mehr Schulden bekämpfen zu wollen, nicht aufgehen kann.“

Die Bundesregierung hatte dagegen nie ernsthaft damit gerechnet, dass sich die Dinge irgendwann so entwickeln, dass die jetzt diskutierten Horrorszenarien als Optionen in Frage kommen könnten. Im Gegenteil: Sie erklärte immer wieder, die Griechen-Rettung werde deutsche Steuerzahler nichts kosten.

Weitere Stationen im griechischen Schuldendrama

Sätze wie dieser von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vom 16. Oktober 2010 kommen jetzt wie ein Bumerang zurück: „Alle Experten bestätigen“, erklärte Merkel damals, „dass Griechenland und auch Irland die Schuldenlasten, also Zins und Tilgung, auf Dauer schultern können.“ Und auch am 22. Juli 2011 versicherte die Kanzlerin in der „Bild-Zeitung“: „Was wir in diesen Zeiten aufwenden, bekommen wir um ein Vielfaches zurück.“

Als Griechenland-Optimist gab sich auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), als er am 19. Mai 2010 sagte: „Natürlich gehen wir davon aus, dass jeder seine Schulden auch zurückzahlt.“

Noch deutlicher formulierte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), als er am 30. April 2010 versprach: „Es wird kein Steuergeld aus dem Haushalt fließen. Im Gegenteil: Durch die Verzinsung der Darlehen entstehen sogar noch Einnahmen.“

Und der frühere CDU-Chefhaushälter Norbert Barthle glaubte schon am 13. April 2010, noch zehn Tage bevor Griechenland das erste Hilfsprogramm beantragte, dass die Hilfen „für den Bund ein gutes Geschäft“ seien - wegen der hohen Zinsen, die Athen zahlen müsse.

Dass Merkel falsch lag, habe sich „bereits mehrfach bestätigt“, sagte der Fachbereichsleiter Wirtschafts- und Fiskalpolitik am Centrum für Europäische Wirtschaftspolitik (CEP), Matthias Kullas, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). So habe es im Jahr 2012 einen Schuldenschnitt für Griechenland gegeben, da die Schuldenlast nicht mehr tragfähig gewesen sei.

Zudem seien die Laufzeiten der Kredite, die Griechenland insbesondere von den Euro-Staaten erhalten hat, verlängert und Zinsen gesenkt worden. „Dieser weitere faktische Schuldenschnitt war notwendig, da die Schuldenlast nicht mehr tragfähig war“, betonte Kullas.

Was droht Griechenland und seinen Banken?


DIW-Chef: „Athen will Staatsbankrott absichtlich herbeiführen“

Die Lage hat sich seitdem aber nicht grundlegend gebessert. Nach den geplatzten Verhandlungen steht es Spitz auf Knopf für die Hellenen. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem appellierte an die griechische Regierung, doch noch einzulenken. Man hoffe, dass Athen um eine Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms bitte, sagte Dijsselbloem in Brüssel, wo an diesem Dienstag die Finanzminister der 28 EU-Staaten tagen. Damit könnte den Euro-Partnern ein gewisser Handlungsspielraum gewährt werden.

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis äußerte sich zurückhaltend. Er sagte lediglich, der nächste Schritt werde ein verantwortlicher sein. In Europa wisse man, wie man trotz anfänglicher Uneinigkeit zu einer Lösung komme. Die Euro-Gruppe hat Griechenland eine Frist bis Ende der Woche gesetzt, um einen Antrag auf eine sechsmonatige Verlängerung des Programms zu stellen.

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