Schweiz „Die Flüchtlinge bleiben sehr lange in der Sozialhilfe"

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Negative Folgen befürchtet

Umfragen des Meinungsinstituts gfs.Bern zeigen allerdings auch, dass rund die Hälfte der befragten Schweizer negative Folgen des Flüchtlingsstroms fürchten: Dabei gehe es vordergründig um die Angst vor Arbeitsplatzverlust oder Lohndruck und erst nachrangig um eine Angst vor Überfremdung und steigende Kriminalität. „Migration hat seit jeher nachhaltigen Einfluss auf Gesellschaften und Arbeitsmärkte. Auch die aktuellen Flüchtlingsströme werden sich auf die Aufnahmegesellschaften auswirken“, sagt Dorothee Guggisberg, Geschäftsführerin der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS), einem Fachverband, der Richtlinien für die Bemessung der Sozialhilfe erarbeitet und sich dabei nicht selten auch mit Flüchtlingen auseinandersetzt.

„Die Flüchtlinge bleiben oftmals sehr lange in der Sozialhilfe – mit geringer beruflicher Qualifikation und Sprachkenntnissen besteht kaum Aussicht auf eine Arbeitsstelle. Das ist nicht nur für die Flüchtlinge selber demotivierend und blockiert ihren Integrationsprozess, sondern führt bei den Kantonen und Gemeinden zu einer erheblichen finanziellen Zusatzbelastung“, sagt Guggisberg. Die Schweiz verfüge über Strukturen und Voraussetzungen, die Aufnahme zu regeln. Sorge bereitet aus Sicht der Sozialhilfe die sehr tiefe Erwerbsquote von Flüchtlingen mit Bleiberecht.

Was Flüchtlinge dürfen

Grundsätzlich sei es wichtig, dass „Unternehmen Flüchtlinge flexibel und also ohne bürokratische Hürden, und vielleicht zu etwas tieferen Löhnen als Ansässige anstellen können“, fordert Michael Siegenthaler, der an der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) für den Bereich Arbeitsmarkt zuständig ist. Auch ein kurzes Asylverfahren trage erwiesenermaßen zu einer guten Arbeitsmarktintegration bei. Schließlich könnten Personen ohne Asylentscheid oft nicht arbeiten und werden aufgrund ihres ungeklärten Aufenthaltsrechts auch nicht von Unternehmen angestellt.

Flüchtlinge: Das ist der Integrationskatalog der CDU

Eine Studie des Staatssekretariats für Migration aus dem Jahr 2014 verdeutlicht die Probleme: Danach lag die Erwerbsbeteiligung von Flüchtlingen nach zwei bis drei Jahren gerade einmal bei 20 Prozent, nach sieben Jahren bei 40 Prozent.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: fehlende Sprachkenntnisse, fehlendes Netzwerk und die Nichtanerkennung vorhandener Abschlüsse. Hinzu kommen politische Hürden, etwa das Verbot, in einem anderen Kanton zu arbeiten, als in demjenigen, in welchem man wohnt. „Bei gewissen Aufenthaltskategorien von ehemaligen Flüchtlingen in der Schweiz war es lange Zeit gar nicht das Ziel, diese in den Arbeitsmarkt zu integrieren, da sie eigentlich nur vorübergehend hier bleiben sollen. Aber aus gesellschaftlicher Sicht hat es sehr große Kosten, Flüchtlinge nicht zu beschäftigen“, sagt Siegenthaler. Statt Steuern zu zahlen, beziehen sie dann Sozialhilfe – und das ist in der Politik angekommen, deshalb wollen sie und die zuständigen Behörden nun die Hürden abbauen.

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