Er hätte lieber ein anderes Trikot getragen. 47 Mal trat Pep Guardiola, heute erfolgsverwöhnter Trainer des FC Bayern München, für die spanische Nationalmannschaft an. Aber sein wahrer Wunsch, so gestand er Jahre später, waren internationale Einsätze in den katalanischen Farben. „Katalonien ist meine Heimat“, sagt er. „Man kann Gefühle nicht unterdrücken.“
Immer wieder hat er sich für die Unabhängigkeit seiner Region eingesetzt, hat an Demonstrationen teilgenommen, in New York oder wie an Pfingsten in Berlin auf dem Alexanderplatz. In einem Wahlspot der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung warb er noch Anfang September für ein Referendum.
Sein Traum hat sich nicht erfüllt. Die Zentralregierung und das spanische Verfassungsgericht haben das Referendum untersagt, auf Druck aus Madrid darf der katalanische Ministerpräsident Artur Mas die Abstimmung am kommenden Sonntag nicht einmal mehr „Befragung“ nennen. Nachdem sich die Schotten im September – wenn auch knapp – für den Verbleib im Vereinigten Königreich entschieden haben, bleibt also auch diesmal das große politische Aufbruchsignal aus, auf das Separatisten in ganz Europa hofften. Die Katalanen werden trotzdem an die Urnen gehen. Und die katalanische Unabhängigkeitsbewegung wird weiter um einen eigenen Staat kämpfen.
Keine Frage: Es rumort in Europa. Separatistische Kräfte setzen in mehreren Ländern auf den Rückzug in den eigenen Kleinstaat. So sammelt die norditalienische Region Veneto seit Anfang Oktober auf einem Konto Spenden, um ein Referendum über die Abspaltung von Italien abzuhalten – nachdem im März bei einer Online-Befragung bereits zwei Millionen Menschen für die Unabhängigkeit gestimmt haben. In Belgien wurde die nationalistische N-VA, die die Forderung nach einem unabhängigen Flandern in ihren Parteistatuten führt, stärkste Partei und gehört seit Mitte Oktober der Regierung an. Und auch im Baskenland, auf Korsika und in Schottland träumen viele Menschen nach wie vor von der Unabhängigkeit.
Brüchige Solidarität
Bei Schottlands „No“ zur Unabhängigkeit – so geht es weiter
Die großen Parteien im britischen Parlament - Konservative, Labour und Liberaldemokraten - haben zugesagt, sofort mit der Planung für den als Devolution bezeichneten Machttransfer zu beginnen.
London will ein erstes Papier mit Vorschlägen fertig haben, das dann diskutiert wird. Was es enthalten wird, ist nicht ganz klar - vermutlich soll Edinburgh mehr Freiheit beim Erheben von Einkommenssteuern und in anderen Bereichen der Steuerpolitik bekommen.
Ein Informationsbericht des Unterhauses legt die neuen Kompetenzen für Edinburgh im Detail dar.
Der Gesetzentwurf ist fertig, das Unterhaus stimmt darüber ab.
Parlamentswahlen in Großbritannien. Mit dem Zusammentreten des neuen Parlaments sollen auch die neuen Devolution-Gesetze in Kraft treten.
Schottland wählt ein neues Regionalparlament.
Sollte David Cameron wiedergewählt werden, hat er für 2017 ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU in Aussicht gestellt. Wenn die Briten mehrheitlich für den Austritt stimmen, könnte das der Nationalbewegung in Schottland neuen Schwung geben - denn die Schotten sind eher EU-freundlich.
Das Phänomen Separatismus wird Europa in den kommenden Jahren aus gleich mehreren Gründen erhalten bleiben. Seit dem Ausbruch der Euro-Krise ist der zu verteilende Wohlstand geschrumpft, was die schon vorher brüchige Solidarität zwischen unterschiedlich reichen Landesteilen strapaziert. Das Gefühl der Menschen, von der Zentralregierung schlecht regiert zu werden, wächst. Gleichzeitig erhöht die stärkere europäische Integration ungewollt die Zentrifugalkräfte, denn die EU bietet auch Kleinststaaten Sicherheit mit einem Zugang zum Binnenmarkt und Freihandel mit weiten Teilen der Welt.
In der Euro-Zone, deren Wirtschaftsleistung immer noch um 2,4 Prozent unter dem Niveau vor der Krise liegt, verfangen vermeintlich einfache Lösungen wie Unabhängigkeit. In Katalonien hat der wirtschaftliche Absturz den Wunsch nach der Trennung massiv angeheizt. Im Oktober 2006 sprachen sich in einer Umfrage der Regionalregierung gerade einmal 14 Prozent der Befragten für einen eigenen Staat aus. Im Oktober 2013 war diese Zahl auf 48,5 Prozent hochgeschnellt.