Was ist nur aus den Holländern geworden. Früher kiffendes Vorbild als Nation der Toleranten, heute keifender Vorreiter der europäischen Intoleranz. Wenn sich der gelackte Geert Wilders anschickt, die antieuropäischen Ziele der Regierungsgegner seiner PVV in die Tat umzusetzen, wird der Zersetzungsprozess des einstigen Vorzeigeprojekts Europa eine weitere Stufe der Eskalation erreichen.
Schon bald könnte ihm seine Glaubensschwester Marine Le Pen in Frankreich folgen und es ist nur eine Frage der Zeit bis das langsame Zerbröckeln unseres Kontinents auch Spanien, Italien und das ohnehin schon am Abgrund stehende Griechenland erreicht. Was dann? Zurück zur Kleinstaaterei, den Zank um Währungen, Territorien und Grenzen. Jeder für sich und alle für keinen?
Wie wollen wir dann in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben? Gegen China und die USA werden wir Deutschen alleine nicht anstinken können und, wer weiß ob wir in ein paar Jahren nicht schon so weit von den Flüchtlingsströmen unterwandert sind, dass wir unsere christlich-jüdischen Werte schon längst gegen einen islamischen Gesinnungskapitalismus eingetauscht haben. Im Augenblick jedenfalls trennt uns nur noch die hauchzarte Pufferzone des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei von diesem Horrortrip.
Jetzt wäre eigentlich eine Goldgräberstimmung für Einigungsoptimisten. Wo sind die Kampagnen, derer, die uns Visionen und Projekte in Europa für die Zukunft schmackhaft machen? Gerade diejenigen, die Europa immer als einzigen Ausweg gegen jahrhundertelangen Nachbarschaftszwist und nationalstaatliche Eigenbrödlerei gesehen haben, müssten jetzt angesichts des drohenden Untergangs ihrer zur Utopie mutierten Ideale auf die Barrikaden gehen.
Stattdessen hadern sie mit sich selbst und überlassen das Feld den Skeptikern. Sie führen ihren Kampf auf aussichtsloser Ebene gegen Wortverdreher und Zahlenverschwurbler. Was Europa jetzt braucht ist die starke Hand eines Helmut Kohl und nicht die schwächelnde Klaue einer Angela Merkel. Aus der Sicht der Frustrierten ist sie nämlich schon lang die Hauptschuldige des Untergangs.
Die Gesichter der AfD
Geboren in Dresden, promovierte Chemikerin und Unternehmerin, Bundesvorsitzende der AfD. Mutter von vier Kindern, liiert mit dem AfD-Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell: Das ist Frauke Petry. Sie gilt als pragmatisch und ehrgeizig. Auch wenn sie verbal gerne Gas gibt – inhaltlich steht Petry eher in der Mitte der Partei.
Björn Höcke (45) und Alexander Gauland (76) haben im November 2015 gemeinsam „Fünf Grundsätze für Deutschland“ veröffentlicht. Darin wettern sie gegen die „multikulturelle Gesellschaft“ und behaupten, „die politische Korrektheit liegt wie Mehltau auf unserem Land“.
Meuthen ist geboren in Essen, promovierter Volkswirt, seit 1996 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Kehl (Baden-Württemberg), Bundesvorsitzender der AfD, war Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg und ist seit Mai 2016 Landtagsabgeordneter; er ist verheiratet und hat fünf Kinder. Meuthen gehört zu den wenigen prominenten Vertretern des liberalen Flügels, die nach dem Abgang von Bernd Lucke in der AfD geblieben sind.
Sie ist geboren in Lübeck, Jurastudium in Heidelberg und Lausanne (Schweiz), Rechtsanwältin, stellvertretende Bundesvorsitzende und AfD-Landesvorsitzende in Berlin, seit 2014 im EU-Parlament, verheiratet. Gilt als ultrakonservativ.
Marcus Pretzell (43) ist geboren in Rinteln (Niedersachsen), Jurastudium in Heidelberg, Rechtsanwalt und Projektentwickler, seit 2014 Vorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen, Vater von vier Kindern, seit 2016 verheiratet mit Frauke Petry. Der Europaabgeordnete hat die AfD als „Pegida-Partei“ bezeichnet. Parteifreunde rechnen ihn aber nicht zum rechtsnationalen Flügel.
Denn nicht zuletzt durch ihr zögerliches Ringen um den permanenten Konsens hat sie Europa in die Leichenstarre und damit in die Arme ihrer Feinde getrieben. Sie hat der AfD und den „Wir sind das Volk“-Brüllern genauso den Weg bereitet, wie den aufgebrachten Türken. Sie hat den Wirtschaftsskeptikern die Argumente genauso geliefert, wie den strammen Nationalisten. Jetzt geht es ihr nur noch um den puren Machterhalt. Wofür sie steht und wohin die Reise mit ihr geht, ist unklar. Durchhalten ist die Parole und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Da ist mir einer wie Wilders in seiner ganzen unsympathischen Art doch lieber, weil eindeutiger.
Wilders hat nie hinter Berg gehalten mit dem was er will. Er will ein starkes und nationalistisches Holland. Eines, das sich abgeschottet gegen Islam und Zuwanderung und eines, das sich definiert als Grenzmacht zwischen christlichem Imperialismus und westlicher Demokratie. Wilders ist ein Demagoge alter Schule und so künstlich gepflegt, wie sein Erscheinungsbild sein mag, so glaubwürdig schmutzig sind seine schlechten Absichten. Gegen ihn und seine selbstherrlichen Ideen ist sein deutsches Populismuspendant Petry eine ideologische Eintagsfliege. Wilders hingegen ist hartnäckig wie eine Küchenschabe, der man selbst mit dem stärksten Gift der Vernunft nicht auf den Pelz rücken kann. Europa braucht dringend einen Kammerjäger. Merkel ist es nicht.