Serie Europa Briefing – Teil 3 Wirtschaftliche Unterschiede gefährden den Euro

Die Euro-Krise ist Folge ungleicher Wirtschaftsverhältnisse im Euro-Raum. Ohne Angleichung bleibt die Gemeinschaftswährung gefährdet. Drei Szenarien sind denkbar.

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Der Euro in Gefahr Quelle: dpa

Die Wirtschaft der Eurozone boomt. Signale der Erholung nach der Krise gibt es viele. In Italien legte die Konjunktur zum Jahresbeginn stärker zu als angenommen. Ebenso in Frankreich: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs kräftiger als gedacht. Die Europäische Kommission geht für 2017 und 2018 von einem BIP-Wachstum im Euroraum von 1,7 bzw.1,8 Prozent aus.

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Aber dieses Wachstum ist weiterhin uneinheitlich: Während heute besonders Griechenland, Italien und Spanien unter hoher Arbeitslosigkeit leiden, ist die Erwerbslosenquote in Deutschland so niedrig wie lange nicht. Große Unterschiede gibt es nach wie vor auch bei den Lebensstandards: Das BIP pro Kopf liegt in Griechenland etwa 30 Prozent unter dem EU-Durchschnitt; in den Niederlanden liegt es 30 Prozent darüber.
Die wirtschaftliche Angleichung der Euroländer, die eigentlich im Maastricht-Vertrag vereinbart war und vor allem für Deutschland eine wichtige Vorbedingung für die Schaffung einer Währungsunion war, ist bislang ausgeblieben.

Die Eurokrise hat gezeigt, dass ein Mangel an Konvergenz der Währungsunion sowohl wirtschaftlich als auch politisch schadet. Wie die wirtschaftliche Schere innerhalb der Eurozone geschlossen werden kann, wird auch im deutschen Wahlkampf 2017 diskutiert. Die Grünen werfen der Großen Koalition eine fehlende Vision für die EU vor und fordern mehr wirtschaftliche Solidarität der wirtschaftlich starken Mitglieder. Nur so lasse sich eine Spaltung in Kerneuropa und Peripherie vermeiden. Die SPD schlägt eine gemeinsame Wirtschaftsregierung vor – einschließlich der Kompetenz, wirtschaftliche Ungleichgewichte durch Koordinierung und Finanzmittel aktiv zu korrigieren. CDU/CSU fordern in erster Linie die wirtschaftlich schwächeren EU-Staaten zu wirtschafts- und sozialpolitischen Strukturmaßnahmen auf, darunter Arbeitsmarkts-, Renten-, Bildungsreformen.

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Die Debatte lässt viele Fragen offen: Welche wirtschaftlichen Unterschiede dürfen oder sollten bestehen bleiben? In welchen Bereichen müssen sich die EU-Staaten angleichen, um die Stabilität des Euro nicht zu gefährden? Und welche Instrumente sind dafür notwendig?

Warum fehlende Konvergenz im Euroraum ein Problem ist

Wirtschaftliche Unterschiede in der Eurozone können aus zwei Gründen problematisch sein: Erstens erfordert die gemeinsame Währungspolitik eine ähnliche Preisentwicklung, damit der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) für alle passt. Zweitens hängt das Vertrauen der Bevölkerung und der Märkte in das europäische Projekt vom Erfolg des Euro ab. Konvergenz ist daher nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein politisches Thema.

Seit der Einführung des Euro gab es im gemeinsamen Währungsraum zu wenig Konvergenz. Schon im ersten Jahrzehnt unterschieden sich die Inflationsraten deutlich: die deutsche Inflation lag zum Beispiel deutlich unter dem Durchschnitt, die spanische darüber. Der Leitzins der EZB war deshalb zu hoch für Deutschland und zu niedrig für Spanien. Auch die Konjunkturzyklen verliefen nicht synchron: Besonders die spanische Konjunkturentwicklung löste sich sichtbar von den anderen ab.

Wirtschaftliche Ungleichgewichte im Euroraum sind nicht leicht zu korrigieren, wie der Vergleich mit den USA zeigt: Anders als die amerikanische Regierung verfügt die EU nur über einen kleinen Haushalt und kann Ungleichgewichte zum Beispiel nicht durch Sozialleistungen zwischen den Staaten verringern. Außerdem ist der europäische Binnenmarkt weniger integriert als der amerikanische: besonders die Arbeitskräftemobilität ist gering. Deshalb kann sich die EU nicht nur auf die Währungsunion verlassen, sondern braucht auch eine Wirtschaftsunion.

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