Slowenien Auf der Suche nach Millionen

Sloweniens Banken müssen mit fast fünf Milliarden Euro gestützt werden. Wo ist all das Geld der einst soliden Institute hin und soll wirklich Steuergeld in die Pleitebanken gepumpt werden? Eine Suche nach Antworten.

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Sloweniens Geldinstitute haben mit Krediten und Immobilien gezockt – und sind an Gier und Korruption gescheitert. Quelle: REUTERS

Mit einem goldgelben Peugeot 207 geht es an die Küste. Klaus Schuster sitzt am Steuer, das Ziel: das bulgarische Örtchen Byala, direkt am Schwarzen Meer. Der Österreicher ist allerdings nicht auf den Weg in den Urlaub – sondern auf der Suche nach versickerten Millionen. Schuster ist seit dem 6. September Vorstandsvorsitzender der slowenischen „Factor Banka“, die eine Bilanzsumme von rund einer Milliarde Euro ausweist. Eingesetzt wurde er von der slowenischen Nationalbank. Schusters Aufgabe: Er soll das Institut kontrolliert auflösen und den Schaden für die Steuerzahler so gut wie möglich begrenzen.

Die Factor Banka“ sitzt auf faulen Krediten in dreistelliger Millionenhöhe und auf Dutzenden wertlosen Grundstücken und Immobilien. So auch in an der bulgarischen Küste. Die „Factor Banka“ hat ein Bauprojekt mit 8,5 Millionen Euro kofinanziert. Die Kredite sind bis heute nicht zurückgezahlt worden. Schuster will wissen, was vor Ort passiert ist und biegt 80 Kilometer vor dem Ziel von der Autobahn ab. Die Fahrt führt ins Nirgendwo. Am Straßenrand herrscht Öde: keine Tankstellen, keine Supermärkte, keine Hotels. In dieser Pampa wollte ein Investor ein Feriendomizil errichten. „Mir liegt ein Schätzgutachten vor, dass nach Abschluss des Projektes das Ganze 15,5 Millionen Euro wert und die Rückzahlung des Kredites eine Kleinigkeit sein soll“, sagt Schuster während er sich dem einst hoch gelobten Projekt nähert.

Tristesse in Byala: Am Schwarzen Meer kofinanzierte die

Ein lokaler Immobilienmakler empfängt Schuster. Er ist das Gelände bereits abgelaufen und hat schlechte Neuigkeiten. Die ganze Anlage besitzt nur einen einzigen Zugang zum Meer. Und: "Da müssen Sie erst einen Lift errichten, um das 20 Meter hohe Kliff zu überwinden." Seine Prognose: Die ganze Anlage ist bestenfalls noch eine Million Euro wert. Mehr als sieben Millionen Euro sind weg.

Wie konnte das passieren? Schuster schüttelt beim Anblick der Bauruinen den Kopf und sucht nach Antworten: „Die Factor Banka war vor vielen Jahren Miteigentümer einer Bank in der Nähe. Daher gab es offenbar noch Verbindungen“, mutmaßt Schuster. Entschuldigen, will er das Desaster aber nicht. „Es gibt eine uralte Grundlage im Bankenwesen, das Regionalitätsprinzip. Das besagt: Ich finanziere nur dort, wo ich mich auskenne. Ich bin sicher, dass wir nicht der erste Ansprechpartner des Investors waren. Nur: Keine bulgarische Bank hat sich vermutlich auf dieses Projekt eingelassen.“

Wissenswertes über Slowenien

Byala ist kein Einzelfall. Die „Factor Banka“ vergab seit der Jahrtausendwende großzügig Kredite, kaufte und finanzierte Grundstücke und Immobilien in Slowenien, im Kosovo, in Kroatien, in der Ukraine und in Bulgarien – immer in der Hoffnung, dass die Preise weiter steigen. Dass der Boom – Slowenien, Bulgarien & Co. zählte zu den europäischen Wachstumsriesen zwischen 2000 und 2008 – irgendwann enden musste, blendeten die Banker aus. Nun ist das Institut am Ende, die Kosten trägt der Steuerzahler. Das Problem für das Euro-Krisenland: Nicht nur die „Factor Banka“, auch weitere Institute sind ins Wanken geraten. Die slowenischen Institute brauchen 4,758 Milliarden Euro, um gestützt zu werden. Das ergab ein Stresstest am Donnerstag. Zuerst wird die slowenische Bevölkerung die Lasten tragen, sind die Lasten für das kleine Land zu groß, muss wohl Europa mit seinen Rettungsfonds einspringen.

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