Spanien Spanien lernt, mit der Krise zu leben

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Bildungsreform wird endlich umgesetzt

Wo in Europa die Schattenwirtschaft boomt
Rang 10: BelgienDas Königreich und Tschechien teilen sich den zehnten Rang. In den beiden Ländern beträgt der Wert der Waren und Dienstleistungen, die schwarz verkauft werden, 16,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes. So das Ergebnis einer Studie von Visa Europe. Während in Belgien der Trend seit 2009 rückläufig ist (ehemals 17,8 Prozent), hat die Schattenwirtschaft in Tschechien im Vergleich zur Wirtschaftsleistung des Landes zugelegt. Der Umfang der Schwarzarbeit in dem osteuropäischen Land etwa beträgt 4,4 Milliarden Euro. Übrigens: Auch in Deutschland hat die Schattenwirtschaft weiter Konjunktur, auch wenn das Land  im Europa-Vergleich nur auf Rang 19 (BIP-Äquivalent: 13 Prozent) landet. Nominal betrachtet ist die deutsche Schattenwirtschaft mit einem Volumen von 350 Milliarden Euro die größte in der Europäischen Union. Den größten Anteil an der Schattenwirtschaft in Deutschland weisen die Sektoren Produktion, Groß- und Einzelhandel sowie das Baugewerbe auf. Quelle: REUTERS
Rang 9: SpanienGemeinsam mit seinem Nachbarn Portugal liegt Spanien auf Rang 9. In den beiden Ländern ist die Schattenwirtschaft fast ein Fünftel so groß (19 Prozent) wie die gesamte Volkswirtschaft. Immerhin: In beiden Ländern ist der Trend leicht positiv. Dennoch sind die Nachteile große: Die Pleiteländer müssen mit geringeren Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge leben. Zudem wird die Realwirtschaft geschwächt, da sie nicht so billig sein kann wie die Schattenwirtschaft. Quelle: dapd
Rang 8: ItalienMit dem Stiefelstaat liegt direkt das nächste Euro-Krisenland in der Statistik weit vorne. Die Schattenwirtschaft in Italien ist mit einem Umfang von 332,6 Milliarden Euro die zweitgrößte in Europa (nominal betrachtet) und mit einem Anteil von 21 Prozent am BIP die achtgrößte. Sie bewegt sich damit auch 2013 - so jedenfalls die Prognose - auf dem Niveau der Vorjahre. Quelle: dpa
Rang 7: UngarnDer EU-Problemstaat verschenkt sein Talent. Eine moderne Infrastruktur und gut ausgebildete Menschen macht Ungarn für Investoren interessant. Doch mit seiner scharfen Rhetorik macht Ministerpräsident Viktor Orbán sein Land zum Pariastaat Europas. Offenbar verlieren auch immer mehr Menschen vor Ort das Vertrauen in den Staat und wenden sich von ihm ab. Die Schattenwirtschaft boomt und "erwirtschaftet" inzwischen einen Betrag von 22,7 Milliarden Euro. Das sind gut 22 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Quelle: dpa
Rang 6: SlowenienEinst Euro-Musterschüler, inzwischen Euro-Sorgenkind: Slowenien steckt tief in der Rezession. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 23 Prozent. Wer einmal ohne Job dasteht, kommt aufgrund des starren Arbeitsmarktes kaum wieder in Arbeit. Viele Bürger flüchten in die Schwarzarbeit. Deren Anteil am BIP liegt inzwischen bei 23,1 Prozent. Quelle: AP
Rang 5: GriechenlandÄhnlich wie in Slowenien sind die Probleme in Griechenland. Hohe Arbeitslosigkeit, geringe Perspektiven. Steuerhinterziehung wird zudem als Kavaliersdelikt angesehen und wurde von den Behörden viele Jahre kaum ernsthaft verfolg. Im Gleichschritt mit der Wirtschaftsleistung des Landes seit dem Ausbruch der Krise brach auch die Schattenwirtschaft. Während ehemals Waren und Dienstleistungen im Wert von 50 Milliarden Euro erwirtschaftet wurden, sind es 2013 wohl nur noch 43 Milliarden Euro. Der Anteil am BIP liegt konstant bei über 23,5 Prozent. Mit diesem Anteil liegt Griechenland gleichauf mit Polen. Quelle: REUTERS
Rang 4: LettlandZum 1. Januar 2014 möchte Lettland der Währungsunion beitreten. Die Wirtschaftsdaten sind gut: Das BIP wächst, die Staatsschulden liegen unter den Maastricht-Grenzwerten. Bei der Bekämpfung der Schattenwirtschaft gibt es allerdings noch große Probleme. Deren Anteil am BIP beträgt immense 25,5 Prozent (sechs Milliarden Euro). Quelle: dpa Picture-Alliance

In Madrid und Katalonien müssen Patienten viele Monate, sogar Jahre auf kompliziertere Untersuchungen oder Operationen warten. Eine Gruppe von Autoren warnte unlängst im British Medical Journal, dass die Kürzungsmaßnahmen wie in Griechenland zu einer Zunahme von Aids und Tuberkolose führen könnten, das Risiko von Resistenzen gegenüber Medikamenten erhöhen. 

Dabei waren Spaniens Gesundheitsausgaben vor der Krise nicht hoch. 2010 verschlang das Gesundheitssystem sieben Prozent an öffentlichen Mitteln, damit liegt Spanien unterhalb des europäischen Durchschnitts von 7,6 Prozent.

Stark spürbar ist der krisenbedingte staatliche Geiz auch für Studenten. In der Region Madrid könnten 4500 Studenten an den sechs öffentlichen Universitäten ihren Studienplatz verlieren. Sie haben bisher die Studiengebühren nicht bezahlt, welche die Regionalregierung letztes Jahr um nicht weniger als 38 Prozent erhöhte. 

„Wir haben drastische Fälle, von Studenten die kommen und uns erzählen dass ihr Vater arbeitslos ist und dass sie die Gebühren nicht bezahlen können“, berichtet José Luis García Grinda, Vizerektor an der Politechnischen Universität von Madrid. Die Universitäten versuchen jetzt, mit Hilfe von Mäzenen Hilfsfonds für bedürftige Studenten einzurichten.

Gleichzeitig ist die spanische Regierung immerhin dabei, längst überfällige Reformen im Bildungssystem einzuleiten. Eine Reformgesetz, über das derzeit noch im spanischen Parlament gestritten wird, soll erstmals eine Art Realschulabschluss einführen.

Derzeit haben nur 65 Prozent der Spanier zwischen 25 und 34 einen sekundären Schulabschluss geschafft. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 82 Prozent.

Die Berufsausbildung, die bisher sehr theorielastig und schlecht angesehen ist, wurde letztes Jahr um einen dualen Zweig nach deutschem Modell erweitert und soll generell stark ausgebaut werden. So will die Regierung mittelfristig dafür sorgen, dass weniger junge Leute an die Universitäten streben. Derzeit gibt es in Spanien nur rund 270000 Berufsschüler, aber 1,5 Millionen Studenten, die es zunehmend schwer haben nach dem Studium einen Job zu finden.

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