Spanien Spaniens Hängepartie beunruhigt Investoren

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Hohes Wirtschaftswachstum lag an guten Rahmenbedingungen

Wichtige ausländische Investoren glaubten immer noch daran, dass es letztlich auf eine Große Koalition hinaus laufen werde, sagte Roberto L. Ruiz-Scholtes, Strategiedirektor der Schweizer Großbank UBS in Spanien, der Wirtschaftszeitung "Cinco Días". Bisher nähmen sie die politische Lähmung des Landes noch nicht tragisch und stützten sich auf das Wirtschaftswachstum, das im vorigen Jahr mit mehr als 3 Prozent so hoch war wie in keinem anderen Euro-Staat.

Dieses Wachstum sei jedoch außerordentlich günstigen Umständen wie dem niedrigen Ölpreis oder dem Euro-Dollar-Wechselkurs zu verdanken, warnte Ruiz-Scholtes. "Unser tatsächliches Wachstumspotenzial ist mittelfristig auf 1,6 Prozent gesunken. Jede Instabilität von außen oder ein Vertrauensverlust auf Grund der Umstände im Inland, die das Wachstum auf weniger als 2 Prozent drücken, wird zu einem erneuten Anstieg des Haushaltsdefizits führen."

Das ist das Problem, sollte sich Spanien nun ein Beispiel an dem kleinen Nachbarn Portugal nehmen. Dort ist seit einigen Wochen ein Linksbündnis an der Macht, nachdem die Konservativen bei der Parlamentswahl im Oktober das gleiche Schicksal erlitten wie die spanischen Kollegen kurz vor Weihnachten. Da die neue Regierung in Lissabon umgehend zahlreiche Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre rückgängig machte, besteht die Gefahr, dass bereits im April die letzte Ratingagentur Portugals Kreditwürdigkeit auf Ramschniveau herabsetzt. In dem Fall dürfte die Europäische Zentralbank keine portugiesischen Anleihen mehr kaufen. "Dann würde Portugal eine ähnliche Situation wie Griechenland im vergangenen Sommer drohen", warnt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen.

EU ist gegen Ende der Austeritätspolitik

Auch für Spanien schwebt Podemos eine Abkehr von der verhassten "Austeritätspolitik" vor. Dabei hat das Land nach Überzeugung der EU-Kommission in Brüssel auch nach vier Jahren Sparzwang noch genau das Gegenteil nötig. "Die spanische Wirtschaft läuft gut, was das Wachstum angeht. Aber was den Staatshaushalt angeht, muss auch klar sein, dass Normen eingehalten werden müssen," betont EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici. "Da klafft immer noch eine Kluft, und vermutlich müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden."

Angesichts der Gefahr nicht nur für Spanien, sondern für die gesamte EU pocht der sozialliberale Flügel der spanischen Arbeiterpartei PSOE nun darauf, dass Parteichef Sánchez mit Albert Rivera, dem Vorsitzenden der liberalen Partei Ciudadanos, spricht, ehe weitere Treffen mit Podemos-Chef Iglesias stattfinden. Am Samstag kommt der PSOE-Führungszirkel zusammen. Nicht ausgeschlossen, dass die Kritiker Sánchez das ohnehin stets brüchige Vertrauen komplett entziehen.

Der konservative Noch-Premier Rajoy tut derweil das, was er am besten kann: schweigen und aussitzen, bis sich seine Gegner selbst erledigen. Darin ist er Bundeskanzlerin Angela Merkel durchaus ähnlich. "Ich verzichte auf gar nichts. Ich bleibe Kandidat für die Präsidentschaft der Regierung," sagte er vorigen Freitag trotzig. "Ich habe nur noch nicht genügend Unterstützung."

Einer Umfrage vom Wochenende zu Folge wünschen sich mehr als 60 Prozent der Spanier allerdings, dass er die auch nicht bekommt. Rajoy soll gehen, genauso wie Sánchez, und damit mit zwei neuen Köpfen an der Spitze von PP und PSOE endlich den Weg frei machen für eine Große Koalition.

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