Staatsfinanzen Warum eine Zentralbank Gewinne macht

Es war keine gute Nachricht für den Bundesfinanzminister, die ihm vor wenigen Wochen Bundesbank-Präsident Jens Weidmann übermittelte.

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Ein Mann verlässt das Gebäude der Deutschen Bundesbank in Frankfurt/Main. Quelle: dpa/dpaweb

Eigentlich hatte Wolfgang Schäuble für seinen Haushalt rund 2,5 Milliarden Euro aus Frankfurt eingeplant. Doch der Gewinn der Notenbank für das Geschäftsjahr 2011 fiel mit 643 Millionen Euro Gewinn so gering aus wie seit acht Jahren nicht mehr. Der Grund für das enttäuschende Ergebnis: Um auf mögliche Verluste durch die Pleite eines europäischen Gläubiger-Staates vorbereitet zu sein, mussten die Währungshüter ihre Rückstellungen in der Bilanz von 4,1 auf 7,7 Milliarden Euro fast verdoppeln.

Verschiedene Einnahmequellen

Warum aber kann eine Notenbank, die für die Inflationsbekämpfung und Liquiditätsversorgung des Bankensystems zuständig ist, überhaupt Gewinn machen – und welche Faktoren beeinflussen seine Höhe? Der Bundesbank-Gewinn stammt aus mehreren Quellen. Dazu zählen Zinseinnahmen aus Anleihekäufen, Kreditgeschäften und Geldanlagen im Ausland, aber auch Kursgewinne bei Devisentransaktionen. Da die Bundesbank in ihrer Bilanz nach dem Niederstwertprinzip arbeitet, können auch veränderte Wechselkurse den Gewinn beeinflussen. Und schließlich gibt es bei der Geldschöpfung auch noch die sogenannte Seignorage. Der Begriff stammt aus dem Mittelalter. Damals hatte der Feudalherr (französisch: seigneur) das ausschließliche Recht zur Münzprägung. Sein Gewinn ergab sich aus dem Unterschied zwischen Metallwert plus Herstellungskosten und dem Wert der ausgegebenen Münzen.

Heute stellt die Bundesbank das Geld nicht mehr selbst her, sondern beauftragt externe Druckereien. Die Seignorage bilden heute die Erträge für das Vermögen, das sie in der Bilanz als Gegenposten für das in Umlauf gebrachte Geld hält. 2011 nahm die Bundesbank auf diesem Weg 323 Millionen Euro ein – nach 417 Millionen Euro im Vorjahr.

Bundesbank-Gewinn Quelle: Bundesbank

Niedrige Zinsen

Wichtigste Einnahmequelle waren hingegen sogenannte Tendergeschäfte, bei denen die Bundesbank Kredite an Banken vergibt, die das Geld ihrerseits an Unternehmen oder Privathaushalte weitergeben. 2011 haben die Notenbanken des Euro-Systems – das sind alle nationalen Notenbanken der Euro-Zone und die Europäische Zentralbank (EZB) – durchschnittlich eine halbe Billion Euro zu einem Zins von durchschnittlich 1,25 Prozent an Geschäftsbanken verliehen. Das entspricht Einnahmen von etwa sechs Milliarden Euro. Die Bundesbank erhielt davon 1,8 Milliarden Euro. Die Frankfurter Währungshüter werden an allen Gewinnen und Verlusten im Euro-System mit 27 Prozent beteiligt; dies entspricht ihrem Anteil am EZB-Kapital.

Allerdings müssen auch die Notenbanken selber Zinsen zahlen, die ihren Gewinn schmälern. Für die Mindestreserven, die Geschäftsbanken für Kredite, die sie an Haushalte oder Unternehmen vergeben haben, bei der Notenbank hinterlegen müssen, werden 0,25 Prozent Zinsen fällig. Zudem dürfen die Geschäftsbanken bei der Notenbank überschüssiges Geld anlegen. Die Notenbank ist zwar derzeit knauserig und zahlt dafür nur kümmerliche 0,25 Prozent – doch für die Institute ist das besser als nichts.

Einnahmen der Bundesbank

Wolfgang Schäuble und Jens Weidmann Quelle: Reuters

Die Notenbanken können auch Geld in Umlauf bringen, indem sie Anleihen oder andere Wertpapiere kaufen. Seit der Schulden- und Euro-Krise hat die EZB zum Beispiel massenhaft Anleihen aus den Peripheriestaaten übernommen, um durch die Käufe die Zinsaufschläge zu senken und die Finanzmärkte zu beruhigen. Solange die Staaten zahlungsfähig bleiben, verdient die EZB nicht schlecht daran, da sie für die Anleihen natürlich Zinsen kassiert.

Die Bundesbank besitzt derzeit Staatsanleihen im Wert von 50 Milliarden Euro und nahm 2011 damit 1,5 Milliarden Euro ein.

Ein kleiner Verdienst

Sie kann zudem Einkünfte durch ihre hohen Devisenreserven erzielen, die ihr der Gesetzgeber bei ihrer Gründung 1957 anvertraut hat. Diese Reserven stiegen im Lauf der Jahre kräftig an, weil die Bundesbank im Rahmen des Festkurssystems, das bis in die Siebzigerjahre bestand, einen festen Wechselkurs zum Dollar verteidigen musste – und damals kräftig US-Währung ankaufte. Ende 2011 betrug der Wert der Devisen in der Bilanz 52 Milliarden Euro. Einen währungspolitischen Zweck erfüllen sie kaum noch, da kein Wechselkurs zu verteidigen ist. Die Bundesbank legt die Devisen an und kann sich so ein – mageres – Zubrot verdienen.

Beträchtlich hingegen ist die Wertsteigerung bei den Goldreserven. Der Goldschatz der Bundesbank, der in Frankfurt und New York lagert, wird aktuell auf 133 Milliarden Euro taxiert. Theoretisch könnte die Notenbank durch Goldverkäufe ihren Gewinn erhöhen, sie macht dazu jedoch keine Anstalten. Sollten sich die Frankfurter irgendwann zu diesem Schritt durchringen, würden sie ihre Tresore jedoch niemals auf einen Schlag leeren können. Die Bundesbank hat sich mit ihren Kollegen aus der Euro-Zone, der Schweiz und Schweden geeinigt, bis 2014 jedes Jahr maximal 400 Tonnen Gold zu verkaufen, um die Märkte nicht zu beunruhigen.

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