Staatsschulden Die Euro-Krise meldet sich zurück

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Italien: Wirtschaft und Politik ohne Schwung

Eigentlich ist die Regierung von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi so stabil wie keine italienische Nachkriegsregierung zuvor. Renzi hat in seinen ersten zwei Jahren viele politische Neuerungen auf den Weg gebracht, auch einige wirtschaftliche Reformen angefasst. Sein wichtigstes Ziel aber hat er verfehlt: Die italienische Volkswirtschaft kommt nicht in Schwung.

Italiens Wirtschaftswachstum hinkt seit 15 Jahren dem der Euro-Zone hinterher. Bisher sieht es nicht so aus, als ob Renzi das ändern könne. Vor allem die Lohnstückkosten sind gestiegen – was auch erklärt, warum das Land eine der niedrigsten Beschäftigungsquoten der Euro-Zone aufweist. Noch ist es zu früh, die Arbeitsmarktreform von 2015 zu bewerten. Aber ein Teil der so ausgelösten Neueinstellungen sind teuer erkauft. Arbeitgeber, die vor dem Jahreswechsel neue Kräfte eingestellt haben, bekommen in den ersten drei Jahren die Rentenbeiträge subventioniert. Das Geld wird an anderer Stelle fehlen.

Auch die viel beachtete Vereinfachung des politischen Systems hat bisher keine Rendite abgeworfen. Man muss nicht so streng sein, wie Daniel Gros vom Brüsseler Centre for European Policy Studies, der sagt: Renzi habe „das Land nicht institutionell erneuert“. Aber fest steht: Die bisherigen Reformen haben sich ökonomisch kaum ausgezahlt. Ein wichtiges Beispiel sind die 5000 halbstaatlichen kommunalen Betriebe in Italien. Renzi hatte versprochen, dieses Dickicht zu beschneiden. Er hat es nicht getan.

Spaniens Linkspolitiker Pedro Sánchez (links) und Pablo Iglesias. Quelle: dpa

Spanien: Die Erholung ist verpufft

In Spanien herrscht politische Instabilität – miserable Voraussetzung für eine gedeihliche Entwicklung. Seit der Parlamentswahl kurz vor Weihnachten verhandeln die Parteien über eine neue Regierung. Ob der Sozialisten-Chef und frühere Oppositionsführer Pedro Sánchez jetzt eine stabile Regierung zustande bringen wird, ist fraglich. Dabei schien es lange, als hätte Spanien den Weg aus der Krise gefunden. Die Wirtschaft wuchs vergangenes Jahr um 3,2 Prozent, EU-Rekord. Der bisherige konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte wie sein sozialistischer Vorgänger José Luis Zapatero den Arbeitsmarkt liberalisiert und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gestärkt. Die Arbeitslosigkeit ist aber mit fast 21 Prozent immer noch viel zu hoch.

Für die Probleme gibt es politische wie ökonomische Gründe. Die Ausfuhren entwickeln sich chronisch schwach – was auch an der Krise in Lateinamerika liegt, wo die Spanier wichtige Märkte haben. Es hilft auch nicht sehr, dass die französischen Autohersteller Renault und PSA heute in Spanien doppelt so viele Autos bauen wie die VW-Tochter Seat. Das liegt eher an der Schwäche Frankreichs, nicht an der Stärke Spaniens. „Das fulminante Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr ist vor allem durch den niedrigen Ölpreis, den schwachen Euro und den Aufkauf von Staatsschulden im großen Stil durch die EZB getrieben worden“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Josep Oliver von der Universitat Autònoma in Barcelona – keine Rede von einem spanischen Wirtschaftswunder.

Zu den durchwachsenen ökonomischen Resultaten kommen nun die neuen politischen Risiken. Einen längeren Zeitraum ohne Regierung kann Spanien gar nicht gebrauchen – genau das droht aber, wenn der Sozialist Sánchez keine Mehrheit im neu gewählten Parlament bekommt. Wenn er es aber schafft, droht ebenfalls Ungemach. Denn sein potenzieller Partner Pablo Iglesias und dessen Protestpartei Podemos fordern für ihre Unterstützung einen radikalen Bruch mit der bisherigen Reformpolitik. Das hieße Annullierung der Arbeitsmarktreformen und staatliche Mehrausgaben von 96 Milliarden Euro in der neuen Legislaturperiode. Jetzt haben acht Unternehmensverbände in einem gemeinsamen Appell die Politiker aufgefordert, rasch eine stabile Regierung zu bilden. Nach der Verfassung des Königreichs bleiben nach einem gescheiterten Versuch der Regierungsbildung nur zwei Monate Zeit für einen erneuten Versuch, eine mehrheitsfähige Koalition zustande zu bringen. Andernfalls sind Neuwahlen fällig. Zu denen könnte es tatsächlich Ende Juni kommen. Bis zum Herbst gäbe es dann in Madrid keine handlungsfähige Regierung.

Die politische Unsicherheit wiegt schon jetzt schwer: Spanische und ausländische Unternehmen halten Investitionen zurück. Auch für spanische Staatsanleihen ist das schlecht: „Niemand sollte daran zweifeln, dass sich die Fonds zurückziehen, wenn es Grund zur Angst über die Zukunft des Landes gibt“, sagt der Ökonom Oliver.

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