Steigende Lebensmittelpreise in Finnland Finnen flüchten zu Lidl

In Finnland werden Lebensmittel immer teurer. Der deutsche Discounter Lidl erlebt einen Kundenansturm – und rationiert zum Teil die Verkäufe.

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Lidl profitiert von den steigenden Lebensmittelpreisen in Finnland. Immer mehr Bürger in dem Euro-Land kaufen beim deutschen Discounter ein. Quelle: dpa

Auf den ersten Blick ist alles wie in Deutschland: Das blau-gelb-rote Lidl-Logo hat seinen festen Blick in der oberen linke Ecke des finnischen Werbeprospekts. Der Discounter wirbt mit Produkten, die auch der deutsche Kunde kennt, und über den Preisen wird in der roten Signalfarbe auf den Rabatt hingewiesen. Um 21 Prozent ist Gulasch in dieser Woche reduziert. Dennoch – und spätestens hier wird der deutsche Lidl-Kunde schlucken – kostet die Packung 4,29 Euro. Einen Schokoriegel gibt es für einen Euro und Lachs in der 1-Kilogramm-Packung kostet 9,99 Euro. Preise, mit denen der Discounter in Deutschland seine Kunden scharenweise zur Konkurrenz treiben würde. Doch in Finnland ist Lidl mit diesen Preisen mehr als konkurrenzfähig.

Die größten Supermarktketten Europas
Platz 10: ITM Enterprises*Umsatz: 42,9 Milliarden Euro Food-Umsatz: 37,5 Milliarden Euro Bekannteste Marke der französischen ITM-Gruppe sind die Intermarché-Supermärkte, von denen es europaweit mehr als 2000 gibt. Quelle: Ranking des Handelsanalysten Planet Retail, 2011 Quelle: Screenshot
Platz 9: LeclercUmsatz: 35,8 Milliarden Euro Food-Umsatz: 22,8 Milliarden Euro Die französische Kette betreibt 560 Supermärkte in Frankreich und weitere 114 weltweit. 96.000 Menschen sind bei Leclerc beschäftigt. Quelle: Screenshot
Platz 8: AldiUmsatz: 42,4 Milliarden Euro Food-Umsatz: 35,8 Milliarden Euro Die Lebensmittel-Discounter Lidl und Aldi buhlen um ihre Marktmacht in Europa. Aldi schafft es immerhin auf Platz 8 der größten europäischen Händler. Lidl liegt als Bestandteil der Schwarz-Gruppe um ein paar Ränge höher. Quelle: dpa
Platz 7: EdekaUmsatz: 44,8 Milliarden Euro Food-Umsatz: 37,5 Milliarden Euro Edeka ist seit 2005 der größte Verbund im deutschen Einzelhandel. Zu der Gruppe gehören 12.000 Märkte mit über 300.000 Mitarbeitern. Tochtergesellschaften sind unter anderem SPAR und Netto-Markendiscount. Jetzt will Edeka mit kräftigen Investitionen in die Supermärkte und die Netto- Filialen der Konkurrenz weitere Marktanteile abknöpfen. Der Umsatz des Edeka-Verbundes stieg 2012 um 3,8 Prozent. Wachstumsmotor waren die selbstständigen Edeka-Händler mit einem Umsatzplus von 6,4 Prozent auf 21,3 Milliarden Euro. Netto Marken-Discount legte um 5,2 Prozent auf 11,3 Milliarden Euro zu. „Es ist uns gelungen, die Marktanteile auszubauen“, sagte der Chef der Edeka AG, Markus Mosa. Die Gesamtinvestitionen des Verbundes steigen 2013 um 200 Millionen auf 1,65 Milliarden Euro. Quelle: obs
Platz 6: MetroUmsatz: 47,2 Milliarden Euro Food-Umsatz: 28 Milliarden Euro Die deutsche Metro-AG ist die Dachgesellschaft mehrerer Groß- und Einzelhandelsunternehmen. Zu ihr gehören unter anderem die Vertriebsmarken Real, Saturn oder Galeria-Kaufhof. Bisher ist sie mit ihren Marken in 33 Ländern vertreten. Quelle: dapd
Platz 5Umsatz: 48,7 Milliarden Euro Food-Umsatz: 38,1 Milliarden Euro Die Rewe-Gruppe belegte in Europa 2011 Rang fünf der größten Händel - in Deutschlands ist Rewe derzeit zweitgrößte Lebensmittelhändler. Seit Mai versucht sich Rewe in Großstädten mit "REWE to go"-Shops als Konkurrent zu Fastfood-Ketten und Bäckereien. Quelle: dapd
Platz 4: AuchanUmsatz: 49,8 Milliarden Euro Food-Umsatz: 31,6 Milliarden Euro Die dritte französische Kette im Ranking der größten Händler Europas ist der französische Supermarkt-Riese Auchan. Auchan ist in zwölf Ländern aktiv und beschäftigt fast 270.000 Menschen. Der konzern betreibt mehr als 600 so genannter "hypermarché" und 760 normal große Supermärkte. 55 Prozent des Umsatzes macht Auchan außerhalb Frankreichs. Quelle: Screenshot

„So richtig bringt das Einkaufen in Finnland keinen Spaß mehr“, sagt Esther Kreutz. Die junge Mutter, gebürtig aus Neu-Anspach bei Frankfurt, lebt seit sieben Jahren in dem Nordstaat. „Es war schon immer teuer, hier zu leben. Das Problem ist, dass die Preise immer weiter steigen. Zuletzt zu Jahresbeginn.“ Inzwischen liegen die Preise in Finnland 24,7 Prozent über dem Durchschnitt der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Zum Vergleich: Deutschland liegt nur winzige 3,2 Prozent über dem Durchschnitt. Bei den Lebensmitteln ist es besonders gravierend. Käse ist fast 60 Prozent teurer als in Deutschland, Schokolade und Brot sind mindestens 50 Prozent teurer.

Preisvergleich Finnland - Deutschland

Zwei Gründe sind dafür maßgeblich, erklärt Torsten Pauly, der seit knapp zwei Jahren in Helsinki lebt und dort Repräsentant bei "Germany Trade & Invest" ist, der Bundesgesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing.  „Finnland ist ein sehr kleiner Markt. In einem flächenmäßig sehr großen Land, in dem die Spediteure weite Wege zurücklegen müssen, leben nur etwas mehr als 5,3 Millionen Menschen. Das ist eine überschaubare Zielgruppe.“ Zudem sei der Einzelhandel oligopolistisch geprägt. Es gibt nur vier große Unternehmen auf dem Lebensmittelmarkt: Die finnischen Handelskonzerne S-Gruppe, K-Gruppe und Suomen Lähikauppa und der deutsche Discounter Lidl kommen gemeinsam auf über 94 Prozent Marktanteil. „Bäckerei- oder Fleischerketten gibt es in Finnland kaum“, sagt Pauly. Selbst in Helsinki nicht. Auch Bio-Läden sind eine Rarität.

Geringer Wettbewerb in Finnland

Die großen Konzerne können so fast willkürlich die Preise festlegen. Wie in Deutschland auf dem Benzinmarkt gilt: Eine Krähe sticht der anderen kein Auge aus. „Der Wettbewerb ist sehr gering“, sagt Pauly.

Lidl profitiert vom hohen Preisniveau bei den Lebensmitteln. Ohne die Zahl der Filialen zu vergrößern, konnte der deutsche Discounter nach eigenen Angaben seinen Marktanteil von fünf auf rund sieben Prozent ausbauen. Vor allem die Rabatte des gelb-blau-roten Riesen wecken regelmäßig die Aufmerksamkeit der Kunden. Um Hamsterkäufe zu verhindern, rationiert Lidl die Ausgabe von Lebensmitteln. Unglaublich, aber wahr: Mehr als zwei Torten und zwei 500-Gramm-Packungen Kebab-Fleisch darf kein Kunde kaufen.

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