„Lidl Finnland erzielt eine rege Nachfrage, etwa durch Gastronomen“, erklärt das Unternehmen gegenüber WirtschaftsWoche Online. „Weil Lidl aber alle Privatkunden und Haushalte gleichermaßen bedienen möchte, kann es dazu kommen, dass Artikel nur in begrenzter Stückzahl abgegeben werden – eine Praxis, die im finnischen Lebensmitteleinzelhandel durchaus gängig ist und von unseren Kunden akzeptiert wird.“
Das gilt für Fleisch, Tiefkühlkost und Schokolade, aber auch für Obst und Gemüse. Die Mitarbeiter an der Kasse kontrollieren die Einhaltung der Regeln – auf die im Prospekt auch hingewiesen wird. Lidl und seine Konkurrenten wollen mit der begrenzten Abgabe von Lebensmitteln nicht nur die Kunden zufrieden stellen, sondern auch Konflikte mit dem finnischen Wettbewerbsrecht verhindern. Denn wer Angebote ankündigt, muss diese auch im gesamten Aktionszeitraum gewährleisten. „Hinweise wie ,solange der Vorrat reicht‘ sind nicht zulässig“, bedauert Lidl.
Für die Kunden ist der Einkauf so oft mühsam. „Ein typisches finnisches Kaufverhalten kann ich in meinem Bekanntenkreis nicht erkennen “, sagt Esther Kreutz. Viele Familien würden am Freitag einen großen Wocheneinkauf machen, andere eher in kleinen Schüben. „Ich kaufe eher spontan ein und schaue, was gerade im Angebot ist.“
Wissenswertes über Finnland
Finnland ist zwar nur wenig kleiner als Deutschland, dafür hat das Land im Norden lediglich 5,4 Millionen Einwohner. Die Mehrheit davon wohnt im Süden des Landes und im Großraum Helsinki. Etwa 40 Prozent der Bevölkerung leben in Südfinnland, das entspricht einer Dichte von 62,6 Einwohnern pro Quadratkilometer. Im Norden des Landes, in Lappland, sind es nur 1,9 Einwohner je Quadratkilometer.
Die finnische Nationalhymne wird in mehrfacher Hinsicht geteilt: Zum einen benutzt Estland die gleiche Melodie (komponiert von Fredrik Pacius) als Nationalhymne, zum andern existiert die finnische Hymne in zwei Sprachen. Ein Großteil der Bevölkerung singt die Maamme (finnisch), während ein kleiner Teil Vårt land (schwedisch) singt. Die autonome Provinz Åland hat ihre ganz eigene Nationalhymne, das Ålänningens sång.
Wegen der schwedischen Minderheit müssen alle Gemeinden, in denen Finnisch und Schwedisch sprechende Menschen leben, Unterricht in beiden Sprachen anbieten. Die Schulpflicht gilt in Finnland wie auch in Deutschland bis zum 16. Lebensjahr. Neun Jahre lang gehen die Finnen in die peruskoulu, eine Art gemeinsame Grundschule.
In Finnland haben drei Konzerne die Macht über den Lebensmittel- und Getränkemarkt: S-Markt, K-Markt und Suomen Lähikauppa halten gemeinsam fast 90 Prozent. Ausländische Konzerne und Ketten haben es wegen des geringen Marktvolumens eher schwer. Bäckerei- oder Fleischerketten gibt es in Finnland kaum.
Die Finnen verkaufen seit jeher Holz und Papier. In den Siebzigerjahren machten diese Industriezweige über die Hälfte des finnischen Exportes aus. Dann kamen Nokia und Co. und Finnland wandelte sich von einer Agrar- zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Doch auch heute noch stellen die finnischen Wälder den wichtigsten Rohstoff des Landes dar.
Dennoch sind mittlerweile Maschinen der finnische Exportschlager (8,4 Milliarden Euro in 2010). Sie machen 16 Prozent des Exports aus. Gefolgt von Papier und Pappe mit 14 Prozent (7,3 Milliarden Euro im Jahr 2010). Außerdem ist Heavy Metal in Finnland ausgesprochen populär. Die Finnen versorgen Europas und Amerikas Metal-Fans mit Rock- und Metalbands wie Children of Bodom, Nightwish oder dem Eurovision Song Contest-Gewinner Lordi.
Namhafte Finnen sind die Regisseure Aki und Mika Kaurismäki, die Komponisten Jean Sibelius und Levi Madetoja, sowie die Rennfahrer Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen. Der reichste Finne ist laut aktueller Forbes-Liste übrigens Antti Herlin, der es dank seiner Maschinenbau- und Servicefirma KONE Corporation auf ein Vermögen von rund zwei Milliarden Dollar gebracht hat.
Der gemeine Finne betätigt sich gern sportlich, zum Teil auch in kuriosen Disziplinen. Großer Beliebtheit erfreut sich in Finnland beispielsweise das Frauentragen. Die "Wife Carrying World Championship Games" finden in Sonkajärvi in Ostfinnland seit 1992 statt. Genauso beliebt sind Melkschemel- oder Handy-Weitwurf, Mückenklatschen und Beeren pflücken als Teamsport. Seit 2011 finden übrigens auch Weltmeisterschaften im Schlammfußball in Finnland statt.
Alkohol ist in Finnland verhältnismäßig teuer, auch wenn 2004 die Alkoholsteuer um 33 Prozent gesenkt worden ist. Auch der Verkauf ist streng reglementiert: Getränke mit mehr als 4,7 Prozent Alkoholgehalt dürfen nur in staatlichen Monopolgeschäften, den Alkoshops, verkauft werden. Wer in der Kneipe eine Flasche Bier bestellt, muss 18 Jahre alt sein und mit fünf Euro pro Flasche rechnen. Vom Trinken scheint das die Finnen aber nicht abzuhalten. Im Jahr 2005 war Alkohol die häufigste Todesursache unter Finnen im arbeitsfähigen Alter.
Längst rufen die Bürger nach dem Staat, fordern Deregulierung und eine Entlastung bei den Preisen. Doch statt etwa die Mehrwertsteuer zu senken, erhöhte die Regierung in Helsinki die Konsumabgabe. Zum Jahresbeginn stieg sie von 23 auf 24 Prozent (Deutschland: 19 Prozent). Auf Lebensmittel gilt eine reduzierte Umsatzsteuer, doch die liegt immerhin noch bei 14 Prozent (Deutschland: sieben Prozent). Grund für die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist die Schuldenkrise.
Finnland fordert, dass in der Währungsgemeinschaft die Haushalte konsolidiert werden – und will mit gutem Beispiel voran gehen. Die Maastricht-Kriterien sollen auch weiter eingehalten werden. In diesem Jahr geht die Regierung von einem Haushaltsdefizit von 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.
Das Problem ist: Die große Mehrheit der Euro-Länder ist nicht annähernd so diszipliniert wie die sparsamen Finnen. Zudem stockt anders als in Finnland fast überall im Euro-Raum die Wirtschaft. Die Europäische Zentralbank reagierte und flutet die Märkte mit billigem Geld. Das hilft dem schwachen Süden, kann aber in den stabilen Ländern zu mehr Inflation führen. So in Finnland. Die Teuerungsrate lag im vergangenen Jahr durchschnittlich bei 2,72 Prozent – und damit deutlich über dem Richtwert der EZB von 2,0 Prozent.