Theresa May Angela Merkels neuer britischer Counterpart

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May war nicht immer in der Politik tätig

Wie Merkel hat auch May früher einen Beruf außerhalb der Politik ausgeübt: die studierte Geographin hatte einst bei der Bank of England gearbeitet und sie ist eine unnahbare, ehrgeizige Politikerin, die Intrigen hasst, diszipliniert arbeitet und nur wenige Menschen an sich heranlässt. Wie Joachim Sauer ist Philip May ein zurückhaltender Politikergatte, den die Öffentlichkeit bis vor Kurzem nie zu Gesicht bekam. Das änderte sich mit einem Schlag, nachdem May, sich entschlossen hatte, um das Amt des Regierungschefs zu kämpfen. Die nüchterne Politikerin, mit 59 Jahren zehn Jahre älter als der bisherige Amtsinhaber Cameron, hatte ihre Privatsphäre bis dato streng abgeschirmt. Doch am ersten Juli-Wochenende lud sie „Daily Mail“, das Leib- und Magenblatt der britischen Mittelschicht, zur Homestory ein. Und siehe da, es menschelte: plötzlich war Philip May, ein freundlich lächelnder Banker im Bild, gemeinsam mit Theresa saß er auf einem bieder wirkenden Sofa mit groß geblümelten Kissen, im Hintergrund ein Klavier. Theresa erzählte von ihrer umfangreichen Kochbuchsammlung und wie sie in Oxford bei einer Tanzveranstaltung der Konservativen Partei durch die Vermittlung der späteren pakistanischen Premierministerin Benazir Bhutto den Studenten Philip May kennenlernte, mit dem sie inzwischen seit 35 Jahren verheiratet ist. Doch nun wird das Ehepaar das malerische Dorf Sonning-on-Thames, wo auch der Schauspieler George Clooney und seine Frau Amal leben, in Kürze verlassen.

May betont, sie werde den Artikel 50 des Lissabon-Vertrages, der die Austrittsverhandlungen aktiviert, als Premierministerin frühestens Ende des Jahres aktivieren, denn im Vorfeld wolle sie sich Klarheit über die eigene britische Position verschaffen.
Ob dies so bleiben wird, nachdem sie nun viel früher als Regierungschefin antritt als zunächst erwartet ist bisher noch unklar – so wie die meisten anderen Dinge auch. Doch steht zu erwarten, dass Großbritannien nach dem Prinzip „teile und herrsche“ versuchen wird in bilateralen Gesprächen einen Keil zwischen die EU-Länder zu treiben. May selbst sprach schon davon, sie werde auf jeden Fall darauf dringen, die besten Konditionen für Großbritannien herauszuschlagen.

Auf deutscher Seite pocht man allerdings darauf, auf derartige Spielchen lasse man sich keinesfalls ein. So oder so wird es schwierig werden, denn May weigert sich bereits, den EU-Ausländern, die heute in Großbritannien leben, automatische Aufenthaltsrechte einzuräumen. Die Freizügigkeit in der EU ist ihr ein Dorn im Auge, für die Eindämmung des Sozialtourismus kämpft sie schon lange. Doch gleichzeitig will sie erreichen, dass Großbritannien den Zugang zum Binnenmarkt behält, und sie macht sich auch für den Finanzplatz London stark. Deshalb müsse bei den Austrittverhandlungen sichergestellt werden, dass die City ihre Passporting-Rechte nicht verliere, fordert sie.

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