+++ 10.15 Uhr +++
Der Sender CNN Türk meldete am Samstagabend, der Verfassungsrichter Alparslan Altan sei festgenommen worden; aus Regierungskreisen verlautete, auch sein Kollege Erdal Tezcan sei in Gewahrsam genommen worden - wie zuvor schon zehn Mitglieder des türkischen Staatsrats und fünf Mitglieder des Hohen Rats der Richter und Staatsanwälte.
Insgesamt 2700 Richter wurden bereits abgesetzt - fast ein Fünftel der schätzungsweise rund 15.000 Richter in der Türkei. Der Chef der Richtergewerkschaft Yargiclar, Mustafa Karadag, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul, nicht nur mutmaßliche Unterstützer des Putsches, sondern auch völlig unbeteiligte Kritiker Erdogans würden festgenommen.
Offiziellen Angaben zufolge wurden in einer ersten Aktion auch mehr als 3000 Putschisten aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen. Fünf Generäle und 29 Oberste sollen Regierungskreisen zufolge ihrer Posten enthoben worden sein.
+++ 10.00 Uhr +++
Die Putschisten in der Türkei hatten nach Angaben aus Regierungskreisen sechs F16-Kampfflugzeuge in ihre Gewalt gebracht. Die Jets seien von der Luftwaffenbasis in Diyarbakir gestartet, über Istanbul und Ankara geflogen und schließlich auf der Luftwaffenbasis in Malatya gelandet, hieß es aus Regierungskreisen. Nach dem Scheitern des Putschversuches hätten in der Nacht zu Sonntag fünf F16 mit regierungstreuen Piloten aus der Luftwaffenbasis Eskisehir Patrouillenflüge über Istanbul absolviert.
Nach dem Putschversuch wurden knapp 3000 Verdächtige aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen, darunter auch der Kommandeur der Zweiten Armee, General Adem Huduti. Die Zweite Armee hat ihr Hauptquartier in Malatya, wo die Jets gestartet sein sollen, und ist für die Grenzregion zu Syrien, dem Iran und dem Irak zuständig. Die Putschisten hatten unter anderem das Parlament in Ankara bombardiert.
Schlüsselstaat Türkei
Die Republik Türkei ist laut der Verfassung von 1982 ein demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat. Regiert wird das Land von Ministerpräsident Binali Yildirim und dem Kabinett. Staatsoberhaupt ist Recep Tayyip Erdogan, als erster Präsident wurde er 2014 direkt vom Volk gewählt. Im türkischen Parlament sind vier Parteien vertreten, darunter - mit absoluter Mehrheit - die islamisch-konservative AKP von Erdogan. Parteien müssen bei Wahlen mindestens 10 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um ins Parlament einziehen zu können. Die Türkei ist zentralistisch organisiert, der Regierungssitz ist Ankara. (dpa)
Die Türkei ist seit 1999 Kandidat für einen EU-Beitritt, seit 2005 wird darüber konkret verhandelt. Würde die Türkei beitreten, wäre sie zwar der ärmste, aber nach Einwohnern der zweitgrößte Mitgliedstaat, bei derzeitigem Wachstum in einigen Jahren wohl der größte.
Als Nachbarstaat von Griechenland und Bulgarien auf der einen Seite und Syrien sowie dem Irak auf der anderen Seite bildet die Türkei eine Brücke zwischen der EU-Außengrenze und den Konfliktgebieten des Nahen und Mittleren Ostens.
Seit Beginn des Syrien-Konflikts ist die Türkei als Nachbarstaat direkt involviert. Rund 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge nahm das Land nach eigenen Angaben auf. Die türkische Luftwaffe bombardiert allerdings auch kurdische Stellungen in Syrien und heizt so den Kurdenkonflikt weiter an.
1952 trat die Türkei der Nato bei. Das türkische Militär - mit etwa 640 000 Soldaten und zivilen Mitarbeitern ohnehin eines der größten der Welt - wird bis heute durch Truppen weiterer Nato-Partner im Land verstärkt. Im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe sollen auch Atombomben auf dem Militärstützpunkt Incirlik stationiert sein.
+++ 09.30 Uhr +++
Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei haben Zehntausende Menschen in mehreren Städten des Landes der Regierung und Präsident Recep Tayyip Erdogan ihre Unterstützung versichert. In der Nacht zu Sonntag strömten sie unter anderem in Istanbul auf öffentliche Plätze, sangen und schwangen Fahnen, auf dem Kizilay-Platz in Ankara sah es ähnlich aus. Ministerpräsident Binali Yildirim kündigte an, die Putschisten würden die verdiente Strafe bekommen.
Nach Beginn der Rebellion einiger Militärs am Freitagabend hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Nacht seine Anhänger zu Demonstrationen aufgerufen und damit Zehntausende auf die Straßen gebracht. Sie stellten sich den Putschisten entgegen und trugen offenbar zum Scheitern des Umsturzversuchs bei.
+++ 09.00 Uhr +++
Der türkische Hubschrauber, mit dem sich acht mutmaßliche Putschisten nach Griechenland abgesetzt hatten, ist in die Türkei zurückgeflogen worden. Medienberichten zufolge landete am späten Samstagabend ein anderer türkischer Militärhelikopter auf dem Flughafen der griechischen Grenzstadt Alexandroupolis. Dessen Besatzung überprüfte den Hubschrauber und brachte ihn zurück in die Türkei.
Am Montag soll das Asylverfahren der acht türkischen Militärs beginnen, die sich abgesetzt hatten. Es könnte mehrere Wochen dauern, wie griechische Asylexperten vermuteten. Die Türkei fordert die sofortige Auslieferung der mutmaßlichen Putschisten. Es handelt sich um drei Majore, drei Hauptmänner und zwei Unteroffiziere, alle Heeresflieger, wie griechische Medien berichteten.