Umfrage Europa hui – EU-Politik pfui

Aufwind bei der Europa-Stimmung: Die Bürger der Mitgliedsstaaten freunden sich wieder mit der EU an. Gleichzeitig wollen sie mehr nationale Mitspracherechte – und haben ein gespaltenes Verhältnis zu Deutschland.

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Im Aufwind: Die Einstellung der Europäer zur EU verbessert sich. Quelle: REUTERS

Ein Jahr nach dem Brexit-Votum steigt die Zustimmung zur Europäischen Union (EU) in den Mitgliedsstaaten wieder an. Das geht aus Umfrageergebnissen des Washingtoner Meinungsforschungsinstituts Pew Research hervor. In fast allen der zehn befragten Staaten (Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Niederlande, Polen, Spanien, Schweden, Großbritannien) hat sich die Meinung über die EU im vergangenen Jahr stark verbessert.

Selbst in Großbritannien sprechen sich 54 Prozent der Bürger wieder für die EU aus. Lediglich in Griechenland steht die Mehrheit der Bürger der EU skeptisch gegenüber.

Im Gegensatz zur positiveren Grundhaltung gegenüber der EU steht allerdings die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Politik aus Brüssel. So missbilligt die Mehrheit der Befragten die europäische Wirtschaftspolitik. Besonders groß ist der Widerwillen in diesem Politikfeld in Griechenland und Italien. Die größte Zustimmung erfährt die EU-Wirtschaftspolitik in Deutschland.

Noch größer ist die Skepsis in der Flüchtlingspolitik. In allen befragten Ländern spricht sich die Mehrheit gegen die EU-Linie in diesem Thema aus. Während der EU-Flüchtlingspolitik in den Niederlanden immerhin noch 43 Prozent der Befragten zustimmen, befürworten sie in Griechenland nur acht Prozent der Bevölkerung. In Deutschland kann sich nur ein Drittel der Bürger mit der europäischen Flüchtlingspolitik anfreunden.

Angesichts dieser Unzufriedenheit wünschen sich viele EU-Bürger größere Entscheidungsmacht für die nationalen Regierungen. Drei Viertel der Befragten fordern, dass Entscheidungen über Migration aus Nicht-EU-Staaten auf nationaler Ebene getroffen werden. Für die Migrationspolitik innerhalb der EU wollen immerhin zwei Drittel mehr nationales Mitspracherecht. In der Handelspolitik spricht sich ebenfalls eine Mehrheit der EU-Bürger für nationale Entscheidungen aus.

Während die Rückbesinnung auf die nationale Regierung in Migrationsfragen am stärksten in Polen und Ungarn ausgeprägt ist, sind es bei der Handelspolitik vor allem die Griechen, die ihrer Regierung mehr Macht einräumen wollen. In Deutschland wünschen sich 75 Prozent der Befragten, dass Entscheidungen über externe Migration von der deutschen Regierung getroffen werden. Bei der Handelspolitik spricht sich die Mehrheit dagegen für eine einheitlich europäische Linie aus.

Gespaltenes Verhältnis zu Deutschland

Das Spannungsfeld zwischen der europafreundlichen Grundhaltung und dem Wunsch nach mehr Mitbestimmung spiegelt sich auch bei der Frage nach einem Referendum über den Verbleib in der EU wider. Zwar fordert die Mehrheit der Menschen in sieben der neun befragten Länder eine nationale Abstimmung über einen möglichen EU-Austritt.

Doch in keinem der Länder würde sich bei der Abstimmung eine Mehrheit für den tatsächlichen EU-Austritt finden. In Spanien zum Beispiel fordern 65 Prozent der Bürger ein Referendum, doch lediglich 13 Prozent würden gegen die EU stimmen. In Deutschland wünscht sich die Hälfte der Bürger ein Referendum, aber nur jeder Zehnte favorisiert einen Austritt aus der EU.

Ein Grund für das Bekenntnis zur EU dürfte der Brexit sein. Bis auf die griechische Bevölkerung glauben die Bürger aller befragten Staaten, dass die Briten unter dem EU-Austritt leiden werden. Hinsichtlich des Schadens für die EU stimmen die Befragten noch mehr überein. In keinem der befragten Länder glaubt mehr als ein Drittel der Bürger, dass die EU vom Brexit profitieren wird. In Frankreich glauben die meisten Menschen an die positiven Seiten des Brexits (36 Prozent).

Zu Deutschland haben die meisten Europäer ein gespaltenes Verhältnis. Einerseits haben mehr als zwei Drittel der Befragten eine positive Meinung zur Bundesrepublik und 52 Prozent vertrauen Bundeskanzlerin Merkel. Andererseits glaubt knapp die Hälfte der EU-Bürger, dass Deutschland in der EU zu viel Einfluss auf die Entscheidungsfindung hat.

Die Deutschen selbst dagegen sind mit ihrer Position in Europa mehrheitlich zufrieden. 60 Prozent glauben, dass Deutschland den genau richtigen Anteil an Einfluss ausübt. Ein Viertel der Bundesbürger würde sogar ein stärkeres Auftreten von Angela Merkel begrüßen.

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