UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat in der Flüchtlingskrise die Europäer zu einem offenen Umgang mit Schutzsuchenden ermahnt und eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der EU beklagt. „Es bereitet mir Sorge, dass europäische Länder nun eine zunehmend restriktive Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik verfolgen“, sagte Ban am Donnerstag im Wiener Parlament. Erst am Mittwoch hatte der österreichische Nationalrat mit deutlicher Mehrheit das Asylgesetz drastisch verschärft.
Ban nannte die Schutzsuchenden besonders tapfer und widerstandsfähig. Eine gelungene Integration und ein gut organisierter Start in das neue Leben seien ein „Gewinn für alle“, mahnte er.
Nach Schließung der Balkanroute sind die Zahlen der Schutzsuchenden in Österreich und Deutschland stark zurückgegangen. Gegen einen möglichen Zustrom von Migranten über die Italien-Route plant Österreich am Brenner verschärfte Maßnahmen. Am wichtigsten italienisch-österreichischen Grenzübergang könnten abhängig vom Flüchtlingsandrang jederzeit Grenzkontrollen beginnen, droht Wien.
In Griechenland stiften selbst ernannte Flüchtlingshelfer Chaos. Als rund 200 Migranten am späten Mittwochabend per Boot von Chios zur besseren Unterbringung nach Leros gebracht werden sollten, lancierten Aktivisten gezielte Falschinformationen. Die ausländischen „Helfer“ riefen den Flüchtlingen zu, sie sollten in die Türkei gebracht werden und deshalb verschwinden. Zwei der sieben „Flüchtlingshelfer“ wurden festgenommen, nur 39 Menschen setzten nach Leros über.
Nach griechischen Medienberichten sollen die Linksaktivisten zumeist aus Großbritannien und Deutschland stammen. Erst vor knapp drei Wochen war es durch eine ähnliche Aktion im nordgriechischen Grenzort Idomeni zu schweren Zusammenstößen mit mazedonischen Sicherheitskräften gekommen. Aktivisten hatten Flugblätter an Flüchtlinge verteilt, in denen zum „Marsch auf die Grenze“ aufgerufen worden war.
Asylanträge nach Bundesländern 2017
Nirgendwo sonst wurden so vielen Asylanträge gestellt wie in Nordrhein-Westfalen. In der ersten Jahreshälfte 2017 waren es bisher 32.122 Menschen.
Hinweis: Alle Daten beziehen sich auf Erst- und Folgeanträge in den Monaten Januar bis Juni 2017.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Statista
Stand: August 2017
12.921 Menschen haben in der ersten Hälfte des Jahres 2017 in Bayern einen Asylantrag gestellt.
In Baden-Württemberg wurden 2017 bisher 11.290 Asylanträge gestellt.
In Niedersachsen stellten 10.003 Menschen im Januar bis Juni 2017 einen Antrag auf Asyl.
In Rheinland-Pfalz beantragten 2017 bislang 7.610 Menschen Asyl.
In Hessen stellten in den ersten sechs Monaten 2017 7.508 Bewerber einen Asylantrag.
In Berlin wurden von Januar bis Juni 2017 5.535 Anträge auf Asyl gestellt.
Bis Mitte 2017 stellten 4.205 Menschen einen Asylantrag in Sachsen.
3.346 Asylanträge verzeichnet Schleswig-Holstein für die ersten sechs Monate 2017.
Einen Asylantrag in Sachsen-Anhalt stellten bis Juni 2017 3.304 Menschen.
Asyl in Brandenburg beantragten in der ersten Jahreshälfte 3.162 Menschen.
In Thüringen wurden in den Monaten Januar bis Juni 2017 3.049 Asylanträge gestellt.
In Hamburg stellten bis Ende Juni 2017 2.633 Menschen einen Antrag auf Asyl.
In Mecklenburg-Vorpommern stellten 2.104 Menschen einen Asylantrag (Januar bis juni 2017).
Bis Juni 2017 stellten im Saarland 1.538 Menschen einen Asylantrag.
In Bremen beantragten bis Ende Juni 1.192 Menschen Asyl.
Bei 94 Asylanträgen bis Mitte 2017 ist das Bundesland, in dem der Antrag gestellt wurde, anscheinend unbekannt.
Wegen der Schließung der Balkanroute sitzen in Griechenland aktuell mehr als 54.000 Migranten fest. Seit dem 20. März können alle illegal nach Griechenland einreisenden Migranten gemäß dem Pakt der EU mit Ankara wieder in die Türkei zurückgebracht werden. Alle Neuankömmlinge auf den Ägäisinseln werden seither in Registrierzentren festgesetzt.
Schlepper wollen deshalb auf andere Routen vor allem nach Italien ausweichen. In der griechischen Hafenstadt Patras zerschlug die Polizei eine Schleuserbande, die Migranten in Lkw-Hohlräumen verstecken wollte. Mit der Fähre wären sie so nach Italien gelangt. Über die westgriechischen Häfen von Patras und Igoumenitsa verlief schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten die illegale Migration auf der Route Türkei-Griechenland-Italien.
Die EU hatte der Türkei im Zuge des Flüchtlingspakts versprochen, das Prüfverfahren zur Aufhebung der Visumpflicht für Türken zu beschleunigen. Allerdings soll dieser Mechanismus nach einem deutsch-französischen Vorschlag im Notfall schnell wieder außer Kraft gesetzt werden können. Die EU-Kommission will am kommenden Mittwoch mitteilen, ob die 72 EU-Voraussetzungen für eine Aufhebung der Visumpflicht durch die Türkei erfüllt sind.