Ungarn Irrt der Westen mit seiner Kritik an Viktor Orbán?

Im Ausland ist der ungarische Ministerpräsident umstritten. Doch in Ungarn hat er viele Anhänger. Er bringt dem Land wirtschaftlichen Aufschwung und etwas, auf das sie stolz sein können.

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Die größten Nettoempfänger der EU
Ein bulgarischer Landwirt hält eine Nationalflagge während Protesten in Sofia Quelle: dpa
Eine Frau mit einer Rumänischen Flagge Quelle: dapd
Blitze über Bratislava Quelle: dpa
Die Altstadt von Vilnius Quelle: AP
Blick aus dem Rathausturm in Prag Quelle: dpa
Die Projektion der portugiesischen auf einem historischen Gebäude Quelle: REUTERS
Das ungarische Parlament Quelle: dpa

Zehntausende Menschen gingen auf die Straße, um gegen eine geplante Internet-Steuer zu protestieren. Sie hielten ihre Handys in die Luft und sorgten für imposanten Bilder, die um die Welt gingen. Am Ende zog der ungarische Premierminister Viktor Orbán den Vorschlag, von dem es heißt, dass es seine Idee war, mit den Worten zurück: "Wenn das Volk etwas nicht nur nicht mag, sondern es auch für unvernünftig hält, sollte es nicht gemacht werden." Es ist symptomatisch für das Agieren des rechtskonservativen Ministerpräsidenten, dem es immer wieder gelingt, gegen das Ausland Stimmung zu machen, gleichzeitig aber Stimmungen der Ungarn zu erkennen - und sich damit populistisch in Szene zu setzen. Deshalb sind öffentliche Proteste wie der gegen die Internet-Steuer selten - und wird oft vor allem von Studierenden und Intellektuellen getragen. Die Landbevölkerung im Westen und ganz im Osten unterstützen die Politik Viktor Orbáns - und haben bei zwei Wahlen in Folge den Wahlsieg des Ministerpräsidenten maßgeblich bestimmt.

Ungarn galt nach der Wende als Musterland des Demokratisierungsprozesses. Unter dem jetzigen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hat sich das geändert. Alleine in der ersten Hälfte seiner ersten Amtszeit zwischen 2010 und 2012 wurden mit der Mehrheit der rechtskonservativen Orbán-Partei Fidesz 300 Gesetze und eine neue Verfassung verabschiedet, der größte Teil des Personals in Staatsverwaltung und öffentlichem Dienst ausgetauscht, Bürgerrechte und Pressefreiheit eingeschränkt, und der Kurs gegenüber der Europäischen Union ist von anti-europäischen Tendenzen durchzogen.

Das ist Viktor Orbán

„Viktor Orban hat das Potential eines Zündlers“, sagt Ulf Brunnbauer, Direktor des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung der Universität Regensburg. Er sei von seiner nationalistischen Position schon so eingenommen ist, dass er die politische Realität nicht mehr klar sehe. „Er ist ein Meister darin für alle Probleme, die es in Ungarn gibt, das Ausland, üblicherweise Brüssel, verantwortlich zu machen.“

Viktor Orbán gilt als das politische Talent seiner Generation: charismatisch, ein begnadeter Redner und Machtmensch. Er ist einer der Gründerväter des Bundes Junger Demokraten, bekannt unter dem ungarischen Namen Fidesz, deren Vorsitzender er heute ist und jener Partei, die 2014 die Wahlen zwei Mal in Folge gewonnen hat. Aus einer einst liberalen Studentenbewegung gelang es ihm eine rechtskonservative Partei zu formen – gemäßigte Kräfte drängte er aus der Partei: „Schon als junger Politiker bezog Orbán eine sehr radikale Position“ sagt Brunnbauer.

Ungarns Schwächen

„Er war gegen eine verhandelte Wende und wollte einen radikalen Bruch. Aber in Ungarn gab es keine Revolution.“ Der kurzen Freude über das Ende des Kommunismus und damit der Diktatur folgte schon bald die Ernüchterung: 1991 brach Ungarns Wirtschaft zusammen, Hunderttausende wurden arbeitslos. Die alten Eliten regierten immer noch – und mit ihr Korruption und Misswirtschaft.

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