Urteil in Italien Berlusconi inszeniert sich als Opfer

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Beppe Grillo: "Berlusconi ist tot. Es lebe Berlusconi"


Die abstrusen Wahlversprechen von Silvio Berlusconi
Der "Cavaliere" zeigt sich während des Wahlkampfes in Italien besonders großzügig. Mit Steuerversprechen geht er auf Stimmenkauf. Zum Beispiel liebäugelt er mit der Abschaffung der Grundsteuer. Berlusconi will die jüngst eingeführte Abgabe, die etwa 80 Prozent der Italiener zahlen müssen - weil Heimeigentümer, wieder abschaffen. Beträge für das Jahr 2012 soll der Staat sofort wieder zurückzahlen. Am besten in bar, gleich bei der nächsten Poststelle um die Ecke. Berlusconi hatte diese Steuer schon ein Mal abgeschafft. Quelle: AP
Berlusconi verspricht eine Amnestie für Steuersünder. Der Unternehmer wurde selbst schon wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Experten zufolge schleusen die Italiener jährlich 120 Milliarden Euro am Fiskus vorbei. Auch in den anderen Euro-Pleitestaaten leiden die Staatskassen an dem Volkssport Steuerhinterziehung. Quelle: dpa
In Italien grassiert der illegale Bau. Der Journalist Roberto Saviano schildert davon eindrucksvoll in seinem Werk "Gomorrha". Berlusconi will nun die Verstöße gegen Bauvorschriften nicht mehr verfolgen. "Mit einer Mehrheit werde ich eine vollständige Steuer- und Bau-Amnestie umsetzen", sagte er auf einer Wahlkampveranstaltung. Quelle: Reuters
Die regionalen Gewerbesteuern möchte der Cavaliere auch abschaffen. Die kleinen Unternehmen in der Provinz dürfte das freuen. Für den Fiskus bedeutet das dann ein Milliardenloch im Budget. Quelle: dpa
Für Kinder soll es mehr Zuschüsse zum Schulgeld geben - Berlusconi spricht von Peanuts. Quelle: Reuters

Ein Mailänder Gericht hatte im Oktober vier Jahre Haft gegen den 76-Jährigen verhängt sowie ein fünfjähriges Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden. Dagegen ging Berlusconi in Revision, doch ein Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Das Kassationsgericht war nun die letzte Instanz.

Die Verurteilung könnte auch Auswirkungen auf die brüchige Regierungskoalition von Ministerpräsident Enrico Letta haben. Sie wird von Berlusconis Mitte-Rechts-Partei Volk der Freiheit mitgetragen. Berlusconi selbst hat aber erklärt, der Richterspruch solle keinen Einfluss auf die Regierungspolitik haben.

Letta rief am Abend zur Besonnenheit auf. „Zum Wohle des Volkes“ sei es nötig, dass nun „ein Klima der Gelassenheit“ die Oberhand behalte.

Ein Parteifreund Berlusconis, der frühere Justizminister Nitto Palma, versicherte: „Das Urteil hat keine Auswirkung auf den Fortbestand der Koalition.“ Die Partei Volk der Freiheit werde die Regierung Letta weiter unterstützen.

Die Opposition sieht Berlusconis jahrzehntelange Karriere unterdessen am Ende. Der Vorsitzende der „Fünf-Sterne-Bewegung“, Beppe Grillo, schrieb in seinem Blog: „Berlusconi ist tot. Es lebe Berlusconi“. Er verglich die Verurteilung Berlusconis mit dem Fall der Berliner Mauer.

Ein weiteres Berufungsverfahren gegen Berlusconi steht noch aus. Im sogenannten Ruby-Prozess hatte ein Gericht den Ex-Ministerpräsidenten wegen Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch zu sieben Jahren Haft verurteilt. Sollte das Urteil in einem Berufungsverfahren bestätigt werden, droht Berlusconi sogar ein lebenslanges Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden.

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