Währungsunion Der Euro im Faktencheck

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Die Alternative und das Gesamtfazit

Die provokantesten Zitate aus Sarrazins Euro-Buch
"Ich war im Bundesfinanzministerium im Juli 1989 in die von Horst Köhler geleitete Währungsabteilung gewechselt. (…) Mehrheitlich betrachteten wir damals im Hause alle Überlegungen für eine Europäische Währungsunion als Anschlag auf die deutsche Stabilitätskultur.“" Quelle: dapd
„Sind die Briten, Schweden, Polen, Tschechen keine Europäer oder leben sie in gescheiterten Staaten, nur weil sie nicht mit dem Euro zahlen?“ Quelle: AP
"Für Italien zeigt die jahrzehntelange Erfahrung, dass vorausplanendes Nachdenken und rationale Argumentation nicht wesentliche Triebfedern dieser Gesellschaft  (…) sind." Quelle: REUTERS
"Objektive Faktoren sind für diese Unterschiede nicht maßgebend, vielmehr ist es die Mentalität der Völker. Im Durchschnitt kann man sagen, dass finanzielle Solidität in Europa umso ausgeprägter war und ist, je sonnenärmer das Klima und je länger und dunkler der Winter." Quelle: dpa
„Wie viele ältere Männer war Helmut Kohl von dem Gefühl getrieben, wichtige langfristige Fragen, für die die Weisheit und Macht seiner Nachfolger nicht ausreichen würde, möglichst zu seiner Zeit abschließend zu regeln, mochten ein paar technische Unterpunkte auch noch ungeklärt sein. So kam Deutschland zum Euro.“ Quelle: dapd
„Angela Merkel zumal konnte nichts für den Schlamassel, den sie übernommen hatte. Aber sie nahm Kohls Erbe an und erwies sich im Sommer 2011 mit der Formel ,Scheitert der Euro, dann scheitert Europa’ als seine würdigen politische Tochter.“ Quelle: AP
„Dazu passte ein Bundesfinanzminister Schäuble, der sich schon seit seinem Amtsantritt im November 2009 mehr um die europäische Zukunft als um die deutschen Staatsfinanzen zu sorgen schien.“ Quelle: dpa

Die Alternative zum Euro lautet daher: Die Länder kehren zu nationalen Währungen zurück. Logistisch ist das ohne Weiteres möglich. Die umlaufenden Euro-Scheine und Münzen könnten abgestempelt und vorübergehend als nationale Währungen verwendet werden, bis genug neue Scheine und Münzen gedruckt sind. Entscheidend ist, dass die Pläne zur Währungsumstellung bis zuletzt geheim bleiben, sonst drohen Turbulenzen an den Finanzmärkten.

Um das Risiko der Kapitalflucht und jahrelanger Rechtsstreitigkeiten gering zu halten, könnte die Rückkehr zu eigenen Währungen mit der Bildung eines Währungskorbs nach dem Vorbild der European Currency Unit (Ecu) verbunden werden. Ebenso wie die damalige Ecu im Europäischen Währungssystem wäre die neue Ecu ein Währungskorb aus den gewichteten nationalen Währungen der EU-Länder.

Keine Entwertung

Alle bestehenden Verträge und Euro-Guthaben würden in Ecu umgerechnet. Kein Bürger und Gläubiger müsste fürchten, dass seine Euro-Forderungen auf Weichwährungen umgestellt und damit faktisch entwertet würden. Neue Geschäfte würden dagegen ab sofort in nationalen Währungen abgeschlossen, auch aus der Lohntüte gäbe es dann wieder D-Mark, Gulden oder Franc. Der Einfachheit halber böte sich ein Umstellungskurs von 1:1 zum Euro an.

Der Wert des Ecu gegenüber den nationalen Währungen würde sich entsprechend den gewichteten bilateralen Wechselkursen der Korb-Währungen entwickeln. Das hätte zur Folge, dass die auf Ecu umgestellten Guthaben der Griechen (gerechnet in Drachme) an Wert zulegten. Dagegen würden die Ecu-Guthaben der Deutschen wegen der starken Mark an Wert verlieren. Doch wäre der Wertverlust deutlich geringer als bei einer Rückkehr zu nationalen Währungen ohne Ecu. Denn der hohe Anteil der Mark im Währungskorb bremst dessen Wertverlust.

Keine Frage: Wenn es so kommt, tritt Europa einen Schritt zurück. Doch die ökonomischen Vorteile wären enorm. Die Länder könnten wieder auf- und abwerten, ihre Wechselkurse die wirtschaftlichen Unterschiede ausgleichen – und die Ecu bildete die Klammer für ein neues Währungsgefüge.

Fazit: These stimmt gar nicht

Gesamtfazit:

Der Euro hat ökonomische und politische Vorteile. Sein Ende wäre eine Blamage, die zunächst weltweit Zweifel an der politischen Handlungsfähigkeit Europas wecken dürfte. Allerdings wären viele positive Entwicklungen auch ohne Euro eingetreten – umgekehrt wurden viele Hoffnungen, die man an den Euro knüpfte, enttäuscht. Zudem deutet alles darauf hin, dass Euro-Land zu einer Transferunion verkommt, in der sich reformresistente Schuldenstaaten durchfüttern lassen. Die Währungsunion birgt für Deutschland somit hohe Risiken. Wahr ist: Es gibt keine Alternative zu Europa und zur Europäischen Union. Zum Euro schon.

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