Nach einem Jahrzehnt Währungsunion fiel die Bilanz der EU-Kommission ernüchternd aus. „Die Erfahrung der ersten zehn Jahre zeigt, dass der Ruf nach makroökonomischer Disziplin nicht automatisch Fortschritt bei Strukturreformen und Marktintegration herstellt“, hieß es 2008 in einem ersten Fazit. Die Reformen am Arbeitsmarkt bezeichnete der Bericht als „Stückwerk“. Intern war der Unmut in der Kommission groß, dass Länder wie Spanien, Griechenland und Italien die niedrigeren Zinsen, die der Euro ihnen brachte, einstrichen, ohne gleichzeitig ihre Wirtschaft auf Vordermann zu bringen.
Das Problem: Es fehlen die Instrumente, um Strukturreformen in den Euro-Ländern durchzusetzen. Die EU-Kommission wollte mit der Lissabon-Strategie für mehr Wettbewerbsfähigkeit den Druck erhöhen und schlug 2004 vor, Länder, die Reformen verschleppen, öffentlich zu benennen. „Doch mehrere Regierungschefs sagten, dass sie sich nicht von der Kommission öffentlich bloßstellen lassen wollen“, erinnert sich der italienische Regierungschef Mario Monti, damals Wettbewerbskommissar.
Reformdruck gewachsen
Lange Zeit überdeckte starkes Wachstum die Notwendigkeit für Reformen. Spanien und Irland boomten, ihre Staatsschulden bewegten sich auf niedrigen Niveaus. „Alle waren glücklich, und selbst die Tatsache, dass Länder wie Portugal und Italien nur langsam wuchsen, geriet in Vergessenheit“, sagt Zsolt Darvas, Ökonom vom Brüsseler Thinktank Bruegel.
Mit der Schuldenkrise ist der Reformdruck nun gewachsen – und der Streit darüber auch. So forderte Monti kürzlich Spanien auf, seine Probleme energischer anzugehen, weil er fürchtet, dass sein Land in Mitleidenschaft gezogen wird.
Ausweg Euro-Bonds?
Darvas und sein Kollege Jean Pisani-Ferry haben in einer aktuellen Studie erheblichen Reformnachholbedarf vor allem im Süden Europas ausgemacht. Aber auch Frankreich attestieren sie Defizite, etwa einen ineffizienten Arbeitsmarkt. Belgien weist einen zu stark regulierten Einzelhandel auf, Deutschland zu viele Regeln bei freien Berufen.
„Die Euro-Zone hat gar keine andere Wahl als Reformen“, sagt Darvas. Doch schon diskutiert die EU über Euro-Bonds, wie sie Monti und Frankreichs neuer Präsident François Hollande fordern. Je nach Ausgestaltung würde eine solche Gemeinschaftsfinanzierung der Staatshaushalte den Reformdruck erheblich senken.
Fazit: These stimmt kaum