Wahlsieger Emmanuel Macron Staatschef mit schwerer Bürde

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Konservative ringen noch um Unterstützung für Macron

Macron will zwar die häufig als wettbewerbsschädlich kritisierte 35-Stunden-Woche formal beibehalten. Unternehmer sollen jedoch die Möglichkeit erhalten, flexible Arbeitszeiten auf Betriebsebene mit ihren Beschäftigten auszuhandeln und damit Branchentarifverträge zu umgehen.

Außerdem will der neue Präsident Abfindungen im Fall von Kündigungen deckeln. Auf Kritik stößt auch seine Absicht, dass Arbeitslose künftig nur noch ein Job-Angebot ablehnen dürfen, ohne Sanktionen fürchten zu müssen.

Die konservativen Republikaner streiten derzeit noch partei-intern über eine mögliche Kooperation mit Macron. Nach der schmerzhaften Niederlage ihres eigenen Präsidentschaftsbewerbers François Fillon bereits in der ersten Runde der Wahlen vor zwei Wochen konzentrieren die Republikaner auf den Wahlkampf für die am 11. und 18. Juni anstehenden Parlamentswahlen.

Was Macrons Sieg für Europa bedeuten könnte

„Wenn wir uns nicht bewegen, zerstören wir die EU“

Macrons Reformbestrebungen stehen und fallen mit der Frage, ob seine erst vor einem Jahr gegründete Bewegung „En Marche!“ (Vorwärts) genügend eigene Mandate für eine Mehrheit gewinnt oder aber entsprechende Unterstützung von den etablierten Parteien erhält. Nur dann ginge sein Plan auf, der Bundesregierung in Berlin französischen Reformwillen zu beweisen und dann dort auf Augenhöhe über seine Forderungen für eine Reform der EU zu verhandeln.

Wirtschaftspolitische Pläne von Emmanuel Macron

„Wenn wir uns nicht bewegen, zerstören wir die EU,“ warnt er und hat dabei insbesondere Skeptiker jenseits des Rheins im Blick. Denn was er vorschlägt, setzt in Berlin erfahrungsgemäß stärkte Abwehrkräfte in Bewegung. Macron schwebt ein EU-Budget vor, um Investitionen auf europäischer Ebene anzukurbeln. Ein eigener Euro-Finanzminister könnte das Geld verteilen und damit Reformbemühungen in den Mitgliedsländern belohnen. Frankreich wäre ein Kandidat für solche Gegendienste.

Zwar hatte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der Vergangenheit schon für den Posten eines Euro-Finanzministers geworben. Er hatte dabei allerdings eher jemanden im Sinn, der die Einhaltung der Haushaltsrichtlinien überwacht. Deshalb hofft der neue Präsident auf den Herbst.


„Macrons Kalkül ist, schnell zu liefern, um dann nach der Bundestagswahl in einer womöglich etwas anderen Konstellation der Bundesregierung Gehör zu erhalten,“ sagt Claire Demesmay, Frankreich-Expertin bei der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Denn allein mit Reformen in Frankreich werde er nicht so schnell für Wirtschaftswachstum und eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit sorgen können, um die heimische Opposition zu besänftigen.

Scheitert Macron, würde die Erleichterung des Wahlabends 2017 sich womöglich schnell ins Gegenteil verkehren. Politische Kommentatoren warnen schon heute, dass Marine Le Pen erneut Anlauf auf den Elysée-Palast nehmen wird – und sich in dem Fall nicht mehr ausbremsen ließe.

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