Walter Krämer "Die Euro-Krankheit bricht bald umso heftiger aus"

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"Ich spreche mich deutlich gegen die Verunglimpfung der AfD aus"

Vor einem Jahr hatten Sie noch Hoffnung geäußert, dass der große Knall abgewendet und der Euro wirklich gerettet werden kann. Sind Sie pessimistischer geworden?

Ich habe die Hoffnung, dass viele der verantwortlichen Politiker in Europa wissen, dass gewaltiges getan werden muss. Ich hoffe, dass Bundeskanzlerin Merkel sich von den richtigen Leuten beraten lässt und ab und zu mit Jens Weidmann telefoniert.

Aber der Euro-Austritt einzelner Staaten wäre für Sie weiterhin eine vernünftige Option?

Ich halte das auf jeden Fall für möglich und machbar. Es gibt sowohl theoretische Modelle dafür als auch historische Beispiele. Die Tschechen und Slowaken haben das zum Beispiel 1993 bewiesen. Die Griechen würden von dem Austritt profitieren. Die wieder eingeführte Drachme würde sofort stark abgewertet, die Wettbewerbsfähigkeit dadurch gestärkt. Die Staatsschulden in Drachmen zu bedienen wäre natürlich illegal. Aber das müsste man dann eben akzeptieren. Die Gläubiger würde das wahrscheinlich rund 30 Prozent kosten, aber das  ist immer noch besser als ein Totalverlust. Mir ist auch ein Rätsel, warum sich die Griechen so dagegen sträuben. Das Drama wäre für Griechenland vorbei.

Sind Sie eigentlich noch FDP-Mitglied?

Ja. Und ich werde es bleiben.

Mit ihren Positionen wären sie in der "Alternative für Deutschland" doch besser aufgehoben. Und mit vielen Ökonomen-Kollegen in bester Gesellschaft.

Ich habe die auch gewählt. Vor Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke, den ich seit vielen Jahren gut kenne, habe ich Riesenrespekt. Die haben meine volle Sympathie.

Und warum bleiben Sie dann in der FDP?

Mir wäre es lieber, wenn es in dieser Partei mit Tradition zu einem Sinneswandel käme. Ich sage in der Partei wo immer ich kann, laut und deutlich meine Meinung.  Ich spreche mich auch deutlich gegen die Verunglimpfung der AfD aus.

Vor rund zwei Jahren haben Sie einen Aufruf von fast 300 Ökonomen gegen die Eurorettungspolitik angestoßen. Die Zunft erschien damals heillos zerstritten und ihr Ansehen insgesamt beschädigt.

Unsere Zunft wird in den letzten Jahren zu Unrecht verunglimpft. Die mit der Materie vertraut waren, haben unisono vor dem Euro gewarnt. Seit 1992 haben viele Ökonomen gesagt: Das geht schief. Die Zunft war sich relativ einig. Aber ihre Warnungen wurden ignoriert.

Halten Sie noch ihre griechischen Staatsanleihen, von denen Sie uns vor einem Jahr berichtet haben?

Ja. Eine der Tranchen über etwa 3000 Euro wäre eigentlich 2016 fällig gewesen. Nach einer Umschuldung ist sie nun erst 2042 fällig. Wenn ich die jetzt zurückgäbe, bekäme ich ganze 40 Euro, also 1,3 Prozent. Das ist auch eine Methode der Enteignung.

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