Wirtschaft im Weitwinkel

EZB vor der Trendwende

Die Zeit des sehr billigen Geldes geht langsam zu Ende. Noch im Laufe dieses Jahres wird die Europäische Zentralbank (EZB) voraussichtlich damit beginnen, an der Zinsschraube zu drehen.

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EZB Quelle: dpa
frankreich, negativzins Quelle: REUTERS
dänemark, negativzins Quelle: dpa
Italien, negativzins Quelle: dpa
Großbritannien, Negativzins Quelle: dpa
Schweiz, Negativzins Quelle: dpa
Spanien, Negativzinsen Quelle: REUTERS

Die Stimmungsindikatoren in der Eurozone sind in Feierlaune. Sowohl die Einkaufsmanagerindizes als auch die Geschäftsklimaindikatoren deuten darauf hin, dass die wirtschaftliche Dynamik in der Eurozone in den kommenden Monaten zunimmt. Dabei scheint die Erholung nicht nur auf einzelne Länder beschränkt zu sein: Etliche EWU-Mitgliedsländer gaben zuletzt robuste Konjunktursignale. So dürfte der Aufschwung in der Eurozone eine breitere Basis gewinnen. Hintergrund dieser erfreulichen Entwicklung dürfte eine leichte Beschleunigung der Weltkonjunktur sein. Diese profitiert auch vom leicht gestiegen Ölpreis und von einer weiterhin sehr stabilen wirtschaftlichen Entwicklung in China.

Das Deflationsgespenst, das die Marktteilnehmer und Geldpolitiker noch im letzten Jahr in Atem gehalten hatte, hat mit dem kräftigen Anstieg der europäischen Inflationsraten seinen Schrecken verloren. Der Inflationsdruck ist zwar weiterhin niedrig, aber die jüngsten positiven Entwicklungen hinsichtlich der Konjunktur- und Inflationsentwicklung sorgen für wachsende Unruhe bei den Währungshütern.

Die amerikanische Notenbank hat bereits reagiert und die Zinsen im März angehoben und zwei weitere Zinsanhebungen dürften in 2017 noch kommen. Die EZB ist aktuell noch weit von Leitzinsanhebungen entfernt. Aber bereits bei der jüngsten Sitzung des EZB-Rates klang Präsident Draghi nicht mehr ganz so pessimistisch wie in der Vergangenheit. In den kommenden Monaten dürfte die Geldpolitik auch in der Wortwahl sukzessive weniger expansiv werden.

Geldpolitik der EZB

Bevor die EZB die Leitzinsen anheben kann, möchte sie aber zuerst das noch laufende Anleihekaufprogramm beenden, so ist zumindest bislang das Mantra der EZB. Auf der Septembersitzung dürfte die europäische Notenbank dann gemäß dem Motto „Dosis verringern, Rezept verlängern“ zwar eine Weiterführung der Anleihekäufe bis ins erste Halbjahr 2018 bekannt geben, aber das Volumen wohl um zehn Milliarden auf dann 50 Milliarden Euro pro Monat verringern.

Beenden dürfte die EZB das Programm dann im Laufe von 2018, wenn es zu keinen neuen Problemen bei den Euroländern kommt. Insbesondere die anstehende Parlamentswahl in Italien könnte zu Verwerfungen an den Anleihemärkte führen. In einem solchen Fall könnte die EZB das Kaufprogramm auch über 2018 hinweg am Leben erhalten.

Im Laufe von 2017 sollte die EZB aber trotzdem an der Zinsschraube drehen. Im Herbst dieses Jahres sollte die EZB den Einlagesatzes von minus 0,40 Prozent auf minus 0,25 Prozent anheben. Mit einem allmählich heilenden Kreditkanal und entschwundenen Deflationsrisiken kann die EZB damit eine weitere Normalisierung der geldpolitischen Maßnahmen signalisieren, wenn sie bei ihren Zinssätzen wieder eine Symmetrie herstellt. Übergeordnet bleibt sie aber weiterhin eindeutig expansiv.

Die Notenbanken in den USA aber auch im Euroraum scheinen das Zinstief durchschritten zu haben und bewegen sich hin zu einer weniger restriktiven Politik, wenn gleich die Geldpolitik auf beiden Seiten des Atlantiks expansiv bleibt. Diese Entwicklungen haben sich bereits auf die Anleiherenditen ausgewirkt. In den USA jedoch stärker als im Euroraum, wegen des laufenden Anleihekaufprogramms der EZB.

Zumindest in den USA ist bereits ein Großteil der Zinserwartungen in den Renditen eingepreist und der weitere Anstieg ist begrenzt. So dürften die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen in den USA kaum über drei Prozent steigen. Die Bundesanleihen sollten bis Ende 2017 kaum über 0,75 Prozent steigen. Die Zeit des sehr billigen Geldes geht langsam zu Ende, aber richtig teuer wird es auch nicht.

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