Das katalanische Parlament wird möglicherweise schon am Montag die Unabhängigkeit der Region von Spanien ausrufen. Die Sprecher der katalanischen Koalitionsparteien einigten sich bei einem Treffen am Mittwoch in Barcelona auf die Einberufung einer Plenarsitzung am 9. Oktober, wie die Zeitung „La Vanguardia“ und andere Medien berichteten. Sprecher der Parteien bestätigten auf Anfrage den Termin.
Einziger Tagesordnungspunkt sei die „Analyse“ der Ergebnisse des Referendums über die Loslösung von Spanien am Sonntag und „deren Auswirkungen“, hieß es. Ob es am Montag bereits eine Abstimmung über die Unabhängigkeit geben wird, wurde nicht mitgeteilt. Die separatistischen Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) und die kleine Linkspartei CUP, die Katalonien gemeinsam regieren, haben im Regionalparlament in Barcelona eine absolute Mehrheit der Sitze.
Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hatte am Dienstag bekräftigt, Katalonien wolle sich binnen weniger Tage unabhängig erklären. Ein mögliches Eingreifen der Zentralregierung in Madrid halte er für einen Fehler. Er betonte, derzeit bestehe kein Kontakt zwischen Barcelona und Madrid.
Bei einem Referendum hatte eine deutliche Mehrheit der Wähler am Sonntag für eine Loslösung Kataloniens von Spanien gestimmt. Barcelona hatte das Referendum gegen das Verfassungsgericht und die Zentralregierung abgehalten. Die Wahlbeteiligung lag nach amtlichen Angaben bei etwas mehr als 40 Prozent.
So wichtig ist Katalonien für die deutsche Wirtschaft
Nicht nur Spanien schaut gebannt auf die Entwicklung in der nach Unabhängigkeit strebenden Region Katalonien. Auch in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft wird genau verfolgt, was nach dem Votum für eine Abtrennung von Spanien beim Unabhängigkeitsvotum passiert. So sagt etwa Albert Peters, Vorsitzender des Kreises deutschsprachiger Führungskräfte: "Der Zentralregierung und der Generalitat (Regionalregierung von Katalonien) sagen wir, dass ein Dialog nötig ist. Dazu müssen jetzt zuallererst die Rechtsbrüche und die Gewalt beendet werden. Und dann müssen sie sich hinsetzen und reden." Peters schlägt zudem vor, namhafte Vermittler in dem Streit zu benennen. Als mögliche Kandidaten dafür nennt er den früheren spanischen Regierungschef Felipe González, einen der Väter der spanischen Verfassung, Miquel Roca, den Bankier Isidro Fainé und den Aufsichtsratsvorsitzenden des Unternehmens Abertis, Salvador Alemany: "Diese Leute haben sich großen Respekt sowohl in Katalonien als auch im übrigen Land erworben."
Die wirtschaftlichen Verbindungen Deutschlands nach Katalonien sind eng, wie diese Übersicht zeigt:
Kataloniens Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland
Etwa 1300 deutsche Firmen sind in Spanien aktiv, davon sind etwa 40 Prozent in Katalonien ansässig. Sie kommen besonders aus den großen Industriebranchen Chemie, Pharma und Auto. Zu den Unternehmen zählen unter anderem Allianz, BASF, Bayer, Bosch, Haribo, Siemens, Lidl und Volkswagen. Mehr als 400 katalanische Betriebe sind in Deutschland vertreten, vom Sekterzeuger Freixenet bis zum Tourismuskonzern Grupo Hotusa.
Deutschland ist neben dem benachbarten Frankreich der wichtigste Handelspartner Kataloniens. 18,3 Prozent der katalanischen Importe stammten 2015 aus Deutschland. Sie summierten sich auf fast 14 Milliarden Euro. Aus keinem anderen Land bezieht die Region mehr Waren. Gefragt sind vor allem Fahrzeuge mit einem Anteil von 34,6 Prozent an den deutschen Lieferungen nach Katalonien, gefolgt von Maschinen und Anlagen mit rund zehn Prozent.
Umgekehrt gehen rund zwölf Prozent der katalanischen Exporte nach Deutschland, was einem Warenwert von mehr als 7,5 Milliarden Euro entspricht. Nur Frankreich nimmt noch mehr Waren ab. Die Region liefert vor allem Fahrzeuge (39 Prozent), Geräte und Elektromaterial (6,5) sowie Kunststoffprodukte (6,3) nach Deutschland. Rund 2700 katalanische Unternehmen exportieren regelmäßig in die Bundesrepublik.
Deutsche Unternehmen haben Milliarden in Katalonien investiert. Allein 2013 waren es fast 900 Millionen Euro, die vor allem auf den Pharmasektor entfielen. 2014 kamen gut 200 Millionen Euro hinzu. 2015 waren es mehr als eine halbe Milliarden Euro, wovon fast ein Drittel auf den Lebensmitteleinzelhandel und mehr als 16 Prozent auf die Chemieindustrie entfielen.
Katalonien mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern erwirtschaftet rund 200 Milliarden Euro. Das entspricht etwas einem Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts. Das Wachstum fiel 2015 und 2016 mit etwa 3,4 Prozent etwas stärker aus als in Spanien insgesamt. Allein Barcelona zählt mehr als 1200 Startup-Unternehmen.