Zu viel Geld ist auch nicht gut Norwegens gefährlicher Reichtum

Europas Insel der Glückseligen ist womöglich gar keine: Norwegen erreicht dank Rohstoffreichtum immer größeren Wohlstand, die Euro-Krise ist weit weg. Genau das sorgt für wachsende Probleme – denn Arbeiten wird für die Norweger unattraktiver.

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Experten warnen: Die Norweger genießen lieber ihre Freizeit, anstatt ordentlich ranzuklotzen. Der wachsende Wohlstand macht es möglich Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms

In Norwegen bekommt das geflügelte Wort vom Luxusproblem eine ganz neue Bedeutung. Dabei ist das Leben in Norwegen und selbst in der Hauptstadt Oslo nicht unbedingt luxuriöser als anderswo, nur vielleicht teurer. Denn Norwegen ist ein wohlhabendes und damit auch ein teures Land. Das stört jedoch vor allem Besucher, Geschäftsreisende und Touristen, denen ein Restaurantbesuch in Oslo gleich ein ordentliches Loch in die Reisekasse reißt. Die Norweger aber sind es gewohnt und können es sich dank hoher Einkommen auch durchaus leisten.

Durchschnittliches Nettovermögen der Privathaushalte

Norwegen hat ein ganz anderes Luxusproblem: Weil die Einkommen hoch, die Renten gesichert und die Arbeitslosenrate sehr niedrig sind und der Staat zudem wenig Schulden hat, geht es den Norwegern offenbar so gut, dass sie es sich einfach etwas bequemer machen – und in der Tendenz weniger arbeiten. Die Löhne bleiben jedoch hoch oder steigen sogar weiter. Arbeitgeber und Ivar Frones, Soziologie-Professor der Universität Oslo, sehen darin erhebliche Risiken für die Zukunft des Landes. Der Norddeutsche Rundfunk zitiert Frones mit der Aussage: „Man kann sagen, bei uns ist der Reichtum vom Himmel gefallen. Es ist jedenfalls kein Reichtum, der aus einer langen Zeit der Produktivität entsteht. Wir erleben eine viel zu fette Zeit, in der man sich fragen muss: Was passiert auf lange Sicht?“ Seine Befürchtung: Die Norweger arbeiten immer weniger bei weiter steigenden Löhnen, bis schließlich die heimische Wirtschaft zum Erliegen kommt.

Der im Vergleich zu europäischen Nachbarn relative Wohlstand könnte so mit der Zeit zu einem größeren Problem für das skandinavische Land heranwachsen – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Denn der Aufschwung der Wirtschaft, der sich seit 2011 nochmals beschleunigt hat, ist vor allem auf den wachsenden Öl- und Gasreichtum zurückzuführen. Mehrere günstige Faktoren kamen zusammen. Zum einen stieg der Ölpreis seit Ende der 90er Jahre rasant an und machte die die Ausbeutung der Ölvorkommen vor Norwegens Küste immer profitabler. 2011 wurde in der norwegischen Nordsee zudem ein neues riesiges Fördergebiet entdeckt, der größte Nordseefund seit 30 Jahren. Insgesamt soll das Land auf Ölreserven von 4000 Milliarden Litern sitzen. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der in der gut zahlenden Ölwirtschaft arbeitenden Beschäftigten um 50 Prozent erhöht. Die Ölindustrie floriert, sorgt so für hohe Löhne und speist zugleich den riesigen norwegischen Staatsfonds, in dem die Gelder für die Rentner und Pensionäre verwaltet werden.

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