Generaldebatte gefordert Welle der Hartz-IV-Vorschläge ebbt nicht ab

Vollzeitarbeit stärken, Regelsätze anheben? Die Vorschläge von Gewerkschaften und Arbeitgebern zur Hartz-IV-Reform werden immer zahlreicher. Bundesarbeitsministerin von der Leyen zeigt sich gesprächsbereit und hat deutliche Veränderungen angekündigt - insbesondere sollen Arbeitsunwillige stärker in die Zange genommen werden.

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HB BERLIN. Die von Jürgen Rüttgers (CDU) angestoßene Hartz-IV-Diskussion gewinnt an Schwung. Nachdem Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den unterbreiteten Vorschlägen zugestimmt und bereits Änderungen angekündigt hat, melden sich nun auch Gewerkschaften und Arbeitgeber zu Wort. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte in der "Berliner Zeitung" mehr Anreize für die Aufnahme einer Vollzeitarbeit. "Heute geht vom Gesetz in vielen Fällen ein starker Anreiz aus, zur staatlichen Grundsicherung lediglich ein Taschengeld hinzuzuverdienen", bemängelte er.

Bislang gibt es einen monatlichen Grundfreibetrag von 100 Euro, der nicht auf Hartz IV angerechnet wird. Bei jedem weiteren Hinzuverdienst bis 800 Euro sind 20 Prozent anrechnungsfrei. Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände verlangt nun, dass bis zu 200 Euro voll angerechnet werden. Darüber hinaus sollten aber die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert werden.

Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat Korrekturen an der Hartz-IV-Arbeitsmarktreform gefordert. "Ich glaube, dass es sehr erfolgreiche Teile von Hartz IV gibt. Aber bestimmte Dinge müssen wir auf den Prüfstand stellen", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende dem "Hamburger Abendblatt". So müssten die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert werden. "Leistungsträger, die in Arbeitslosigkeit geraten, haben bisher kaum die Möglichkeit, etwas hinzuzuverdienen. Fördern und Fordern passt hier nicht zusammen", kritisierte Koch.

"Rüttgers hat zwar eine "Grundrevision" der Arbeitsmarktreformen verlangt, bleibt mit seinen Forderungen aber weit hinter den Vorstellungen der Gewerkschaften zurück. Das DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte in derselben Zeitung, die Arbeitsmarktreform Hartz IV habe "Lohndumping Tür und Tor geöffnet". Sie verlangte, dass Arbeitslose nicht länger in Jobs gezwungen werden dürften, die bis zu 30 Prozent unter Tarif liegen.

Auch der Gewerkschaft NGG reichen die Änderungspläne der Koalition für Hartz IV nicht: "Wir brauchen eine Generaldebatte über Hartz IV, aber bitte keine Mogelpackung", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Franz-Josef Möllenberg, der "Frankfurter Rundschau". "Ein bisschen Kosmetik reicht nicht aus", sagte er zu Äußerungen des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. So sprach sich Möllenberg dafür aus, den Regelsatz für Arbeitslosengeld-II-Empfänger deutlich zu erhöhen. Davon hat Rüttgers allerdings nicht gesprochen, auf der Regierungsbank dürften sich kaum Befürworter finden lassen.

Auch mehrere CDU- und FDP-Abgeordnete haben für eine geringere Anrechnung von Zuverdiensten auf die Hartz-IV-Bezüge plädiert. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Heinrich Kolb sagte der "Frankfurter Rundschau": "Die heutigen Regeln setzen zu starke Anreize, im Transfersystem zu bleiben." Wer eine Arbeit aufnehme, sollte mindestens 40 oder 50 Prozent des Lohnes behalten dürfen.

Erwartet wird, dass das Bundesverfassungsgericht im Februar die Maßstäbe für die Berechnung der Hartz-IV-Leistungen für Kinder beanstanden wird. Bislang werden diese mit prozentualen Abschlägen von den Sätzen der Erwachsenen abgeleitet.

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