Verfassungskonform Hartz IV: Regelsatz ist genug

Hartz-IV-Empfänger haben keinen Anspruch auf mehr Geld. Der Regelsatz von 354 Euro pro Monat ist verfassungskonform. Das Bundessozialgericht in Kassel hat heute eine Klage gegen die Höhe des Arbeitslosengeldes II und die Anrechnung von Partnereinkommen abgelehnt.

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dpa

Nach Auffassung des Senats ist der Regelsatz sowohl mit dem materiellen als auch mit dem so genannten soziokulturellen Existenzminimum vereinbar und führe nicht automatisch zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung von Hartz-IV- Empfängern. Der Senat billigte dem Gesetzgeber einen Spielraum bei der Festsetzung der Leistungen zu. Selbst wenn es dabei fachliche Fehler gegeben haben sollte, habe das noch keine verfassungsrechtliche Relevanz. Sie sei nicht hilfebedürftig, erklärten die Richter. Die Frau aus dem Landkreis Lörrach hatte bis 2004 Arbeitslosenhilfe bekommen. Nach In-Kraft-Treten der Hartz-IV-Reform 2005 war ihr die Unterstützung gestrichen worden: Mit Verweis auf das Einkommen ihres Ehemannes und der im Familienhaushalt lebenden Tochter wurde ihr Antrag auf Hartz IV abgelehnt. Berücksichtigt wurde dabei die Schwerbehindertenrente des Ehemannes und das Kindergeld für die Tochter. Das Bundessozialgericht erklärte, dem Ehepaar stehe damit ein Gesamteinkommen in Höhe von 1.052,44 Euro zur Verfügung und übersteige damit den vom Landessozialgericht festgestellten Bedarf in Höhe von 857,85 Euro. „Damit ist schon mathematisch klar, dass eine Hilfebedürftigkeit nicht besteht“, sagte die Vorsitzende Richterin Ruth Wetzel-Steinwedel. Fehler bei der Festsetzung des Regelsatzes seien nicht erkennbar. Der Anwalt der Frau kündigte an, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu prüfen. Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass die Hartz-IV-Regelleistung zu niedrig bemessen sei und nicht das gesetzlich garantierte Existenzminimum widerspiegele. Der Regelsatz sei als verfassungswidrig anzusehen, da man nicht mit dem Geld auskommen könne. Sie beklagte außerdem, dass das Einkommen ihres Mannes zu stark berücksichtigt worden sei. Bei der Arbeitslosenhilfe habe es einen Freibetrag für dessen Einkommen gegeben. Ausreichend Zeit sich voruzubereiten Dem widersprach der zuständige. Senat des Bundessozialgerichts. Eine Verfassungswidrigkeit sei nicht zu erkennen. Die Klägerin könne sich nicht auf die Eigentumsgarantie berufen. Denn schon die Arbeitslosenhilfe sei nicht beitragsfinanziert gewesen. Die Klägerin, eine gelernte Industriearbeiterin, habe zudem ausreichend Gelegenheit gehabt, sich auf die neuen Gesetze einzustellen. Der Senat folgte auch nicht der Argumentation, wonach die Höhe der Regelsatzleistungen verfassungswidrig sei. Nach dem Sozialgesetzbuch II liegt der Regelsatzanspruch für Erwachsene bei monatlich 345 Euro (neue Bundesländer: 331 Euro). Leben mehrere Menschen in einer Hartz IV-Bedarfsgemeinschaft, verringert sich die Regelsatzhöhe auf 90 Prozent und bei Jugendlichen auf 80 Prozent. Neben den monatlichen Regelsatz werden auch die Wohnkosten in begrenzter Höhe übernommen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die Höhe des Regelsatzes bei Hartz-IV-Empfängern für nicht verfassungskonform. „Wir sind der Überzeugung, dass mit diesen 345 Euro nicht mal mehr eine Mindestteilhabe an dieser Gesellschaft gesichert werden kann. Und das ist das, was unser Sozialstaat verlangt“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, heute im ZDF. Vor den 345 Euro für einen Erwachsenen und den 207 Euro für ein Kind müsse alles außer Miete und Heizung gezahlt werden. „Schon der gesunde Menschenverstand sagt, das geht nicht“, erklärte Schneider. Besonders die Kosten für Bildung müssten erhöht werden: „Einem Kind wird im Regelsatz nur 1,50 Euro im Monat für Schulmaterial zugestanden." Schneider kündigte weitere Rechtsmittel bis hin zu einer Klage beim Bundesverfassungsgericht an. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordere eine Erhöhung des Regelsatzes auf 415 Euro monatlich, sagte er. „Diese Erhöhung würde etwa vier Milliarden Euro im Jahr kosten.“

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