100. Geburtstag Milton Friedmans Lehre ist aktueller denn je

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Staatliche Stimuli sind weitgehend sinnlos

Milton Friedman publizierte Quelle: AP

Friedmans Analysen zeigten, dass die Konsumausgaben vom permanenten Einkommen bestimmt werden und die Konsumquote stabil ist. Damit widerlegte er die Vorstellung der Keynesianer, die Menschen würden mit steigendem Einkommen immer weniger Teile davon konsumieren und die Wirtschaft totsparen. Die statistisch gemessene hohe Sparquote der Reichen erklärte Friedman dadurch, dass diese überdurchschnittlich hohe transitorische Einkommen erzielen, die zum größten Teil in die Ersparnisse fließen.

Die Feststellung, dass der Konsum vom permanenten Einkommen bestimmt wird und die Sparquote kurzfristige Einkommensänderungen absorbiert, hat eine zentrale politische Konsequenz: Staatliche Nachfragestimuli sind weitgehend sinnlos. In der Rezession mögen die Einkommen zwar sinken. Doch da die Menschen dies als vorübergehend einstufen, halten sie ihren Konsum stabil und zapfen stattdessen ihre Ersparnisse an. Versucht der Staat, die Konjunktur durch Ausgabenprogramme oder befristete Steuersenkungen anzukurbeln, stecken die Bürger das zusätzliche Einkommen in ihre Ersparnisse. Der von Keynes erhoffte Multiplikatoreffekt staatlicher Ausgaben auf Konsum, Beschäftigung und Einkommen bleibt aus. Am Ende sind nur die öffentlichen Schulden gestiegen.

Friedman ist heute aktueller denn je

Damit ist Friedman heute aktueller denn je. Einen Beleg für seine Theorie lieferten unter anderem die Steuerschecks, mit denen die US-Regierung in der Finanzkrise versuchte, den Konsum anzukurbeln. Statt auf Shoppingtour zu gehen, stockten die Bürger mit dem Geld ihre Ersparnisse auf.

Sechs Jahre nach seinem Werk über die Konsumfunktion holte Friedman zum nächsten Schlag gegen den Keynesianismus aus. Das National Bureau of Economic Research hatte ihn und die Ökonomin Anna Schwartz beauftragt, den Einfluss monetärer Faktoren auf die wirtschaftliche Entwicklung der USA zu untersuchen. Sieben Jahre arbeiteten Friedman und Schwartz an den Auftrag. Heraus kam der 800 Seiten dicke Wälzer "A Monetary History of the United States, 1867–1960".

Grafik: Geldmenge M3 und Verbraucherpreise 1971-2011

In dem Buch erklärten Friedman und Schwartz die Geldgeschichte der USA – und schrieben selbst Geschichte. Kein anderes Buch hat das Denken der Ökonomen über die Rolle des Geldes und der Zentralbanken so revolutioniert wie dieses Werk. Der Arbeitsaufwand war enorm. Weil die US-Notenbank damals keine aggregierten Geldmengendaten besaß, mussten Friedman und Schwartz in mühevoller Detailarbeit historische Daten über Bargeld und Sichteinlagen in den einzelnen Bundesstaaten zusammentragen. Ein Ergebnis dieser Arbeit war die Entwicklung des Geldmengenkonzepts für M1 (Bargeld und Sichteinlagen) und M2 (M1 plus Termineinlagen).

Friedman und Schwartz zeigten, dass eine veränderte Geldmenge großen Einfluss auf Konjunktur und Inflation hat. Kräftige Ausweitungen der Geldmenge gehen mit kräftigen Aufschwüngen und steigender Inflation, Kontraktionen mit Abschwüngen und sinkender Inflation einher. Damit widerlegten sie die „Money doesn’t matter“– These von Keynes und bestätigten die Quantitätstheorie des Geldes. Diese besagt, dass das Produkt aus der Geldmenge (M) und ihrer Umlaufgeschwindigkeit (v) dem Produkt aus dem Preisniveau (P) und dem realen Handelsvolumen beziehungsweise reale Bruttoinlandsprodukt (Y) entspricht.

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