Ausblick auf 2017 Euro-Zone hängt weiterhin am EZB-Geldtropf

Die Eurozone wird laut Volkswirten im Jahre 2017 mehr denn je auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank angewiesen sein. Sie erhole sich zwar, aber sie brauche noch immer niedrige Zinsen.

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„Das Wachstum ist zwar robust – entwickelt aber keine Eigendynamik“, sagt der National-Bank-Chefvolkswirt Jan Bottermann. „Die Geldpolitik wird deshalb 2017 sehr locker bleiben.“ Quelle: dpa

Frankfurt Banken-Krise in Italien, Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland und dazu eine Konjunktur ohne Schub in der Euro-Zone: Die Währungsunion wird Volkswirten zufolge auch 2017 auf die geldpolitische Arznei der EZB angewiesen sein. „Das Wachstum ist zwar robust – entwickelt aber keine Eigendynamik“, sagt etwa National-Bank-Chefvolkswirt Jan Bottermann. „Die Geldpolitik wird deshalb 2017 sehr locker bleiben.“ Dabei könnten politische Krisen die EZB auch noch außer der Reihe auf den Plan rufen. „Die Märkte wissen, dass die EZB mit dem Feuerlöscher bereit steht“, sagt etwa Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. Mit Zinserhöhungen rechnen manche Volkswirte erst für das Ende des Jahrzehnts.

Laut EZB-Direktor Benoit Coeure erholt sich die Euro-Zone zwar wirtschaftlich. „Aber sie braucht immer noch ihre Medizin – eine konjunkturstützende Geldpolitik mit niedrigen Zinsen“, sagte er dem Radiosender „Europe 1“. Nach den jüngsten Prognosen der Notenbank-Volkswirte erwartet die Europäische Zentralbank (EZB) für 2017 eine Teuerung von 1,3 Prozent. Stabile Preise sehen die Währungshüter aber erst bei knapp zwei Prozent Inflation als gesichert an. Zwar gehen die meisten Ökonomen davon aus, dass die Inflation wegen steigender Ölpreise in den nächsten Monaten anziehen wird. Doch ist fraglich, ob das allein ausreicht, um die Preise nachhaltig in Richtung des EZB-Ziels nach oben zu treiben.

Die Commerzbank-Volkswirte Jörg Krämer und Christoph Weil richten den Blick auf die Lohnentwicklung im Euro-Raum – ein zentraler Treiber für die Inflation. Sie gehen davon aus, dass die Löhne wegen der immer noch sehr hohen Arbeitslosigkeit erst in ein bis zwei Jahren stärker steigen werden. Damit wird aber den Experten zufolge die Kerninflation – in der unter anderem schwankungsanfällige Energiepreise herausgerechnet sind – nur wenig anziehen. „Dies wird die EZB kaum ruhen lassen“, so die Volkswirte. Sie werde deshalb über 2017 hinaus an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten. Die Notenbank richtet ihr Stabilitätsziel zwar nicht nach der Kerninflation aus. EZB-Vizechef Vitor Constancio hatte zuletzt aber klar gemacht, dass die EZB diese Kennziffer mit Sorge betrachtet, da sie schon seit Monaten bei unter einem Prozent verharrt.

Um die Konjunktur zu stützen und die Inflation nach oben zu treiben pumpen die Euro-Wächter bereits seit März 2015 über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren Monat für Monat Milliarden in das Bankensystem. Unlängst verlängerten sie das in Deutschland umstrittene Programm um neun Monate bis Ende Dezember 2017, wodurch das Gesamtvolumen der Käufe bis Laufzeitende auf 2,28 Billionen Euro anschwillt. Ab April 2017 sinkt allerdings das monatliche Kaufvolumen auf 60 von derzeit 80 Milliarden Euro. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet räumte vor wenigen Tagen ein, dass auch nach vielen Monaten Laufzeit die Käufe noch nicht den gewünschten Inflationseffekt hervorbrachten: die Auswirkung sei „bis jetzt enttäuschend“. Die Verbraucherpreise zogen im Euro-Raum zuletzt lediglich um 0,6 Prozent an.

Mit den Käufen bewirkte die EZB Praet zufolge aber günstige Finanzierungsbedingungen. Die Renditen vieler Firmen- und Staatsanleihen am Kapitalmarkt sind niedrig. Davon profitieren auch schuldengeplagte Länder wie Italien: Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatstitel liegt trotz der sich zuspitzenden Probleme im Bankensektor des Landes gerade einmal bei 1,827 Prozent.

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