Bank of England Vernichtendes Zeugnis für Notenbankerin

Charlotte Hogg, Vize-Chefin der Bank of England, hat ihren Rücktritt eingereicht – nach massivem Rüffel von Parlamentariern. Auslöser dafür ist ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex, an dem Hogg selbst mitgearbeitet hat.

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Die stellvertretende Chefin der Bank of England hat ihren Rücktritt eingereicht. Das Bild wurde von einem Video abfotografiert. Quelle: AFP

London Es ist ein vernichtendes Zeugnis, das britische Parlamentarier einer hochrangigen Notenbankerin ausstellen: „Ihre Fähigkeiten entsprechen nicht den hohen Standards, die für diese Position notwendig sind“, heißt es darin. Und weiter: Ihr Verhalten gebe Grund zur Sorge, dass sie weder Regeln folgen könne, noch ein Verständnis dafür habe, dass diese Vorgaben wichtig seien und welche Risiken sich aus potenziellen Interessenskonflikten ergeben könnten.

Auf insgesamt 19 Seiten kritisieren die Mitglieder des einflussreichen Finanzausschusses Charlotte Hogg, die neue stellvertretender Chefin der Bank of England, in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Auslöser dafür ist ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex der Notenbank, an dem Hogg selbst mitgearbeitet hat.

Vor ihrer Beförderung zur neuen Nummer zwei von Bank-of-England-Gouverneur Mark Carney war Hogg für das Tagesgeschäft zuständig. Sie hat beim Antritt dieses Jobs vor vier Jahren und jüngst bei der Bewerbung für ihren neuen Posten nicht angegeben, dass ihr Bruder bei der britischen Großbank Barclays arbeitet. Daraus könnten sich Interessenskonflikte ergeben, ist doch die Bank of England auch die oberste Bankenaufsichtsbehörde auf der Insel.

Der Job ihres Bruders in der Bankbranche ist erst jüngst ans Tageslicht gekommen. Nach der massiven Kritik des Finanzausschusses reichte Hogg am Dienstag ihren Rücktritt ein. Man akzeptiere die Entscheidung, die der Ansicht folge, dass dies das Beste für die Bank of England sei, sagte Gouverneur Mark Carney. Dennoch sei der Rücktritt bedauerlich. Hogg habe dazu beigetragen, die Notenbank effizienter und stärker zu machen.

Der Druck auf Hogg und die Bank of England hatte in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen. Medienberichten zufolge haben einige Manager von Geschäftsbanken, die von Notenbank reguliert werden, klar gemacht: Sie würden bei eigenen Verfehlungen auch eine nachsichtige Haltung der Aufsicht einfordern, wenn diese Hogg weiterhin im Amt belasse. Kritiker des Notenbankchefs wie der konservative Abgeordnete Jacob Rees-Mogg sagten: Man sei nicht nur über den Fehler Hoggs äußerst besorgt, sondern auch über die Reaktion der Bank of England und ihren Umgang damit.

Hogg hatte den Posten ihres Bruders bei der Barclays-Investmentbanksparte erstmals in einem Fragebogen angegeben, den sie für den parlamentarischen Finanzausschuss ausfüllen musste. Im anschließenden Gespräch führte sie die Abgeordneten zunächst in die Irre, indem sie bestätigte, den Job ihres Bruders gegenüber der Notenbank offengelegt zu haben. Sie musste dies später korrigieren. Sie entschuldigte ihr Versäumnis unter anderem damit: Sie habe nie mit ihrem Bruder über seine Arbeit gesprochen, sonders meistens nur über seine Kinder.

Die Mitglieder des Finanzausschusses im britischen Parlament kommen zu dem Schluss: Das Problem sei nicht nur, dass Hogg nicht mit gutem Beispiel vorangegangen sei. „Der Vorfall ist noch schwerwiegender“, heißt es in dem Bericht. Er stelle auch in Frage, um Carneys bisherige Reformen ausreichten, um die Transparenz der Notenbank zu erhöhen, die Steuerung zu verbessern sowie die Einhaltung der Regeln guter Unternehmensführung.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Parlamentarier dies hinterfragen. So äußerten sie vor gut eineinhalb Jahren ähnliche Kritik, als Gertjan Vlieghe Mitglied des geldpolitischen Gremiums bei der Notenbank wurde. Vlieghe war zuvor Chefökonom des Hedgefonds Brevan Howard. Um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden, müsse er die Verbindung zu seinem Ex-Arbeitgeber kappen und seine Anteile an dem Unternehmen verkaufen, forderten die Abgeordneten damals und kritisierten, dass die Bank of England dies nicht vornherein zur Auflage gemacht habe.

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