Boom & Bust

Drei Szenarien: Wohin steuert die Konjunktur?

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Szenario 2: Blutleere Erholung

Entwicklung wichtiger Aktienkurse

Realistischer ist daher das Szenario, das den meisten Prognosen zugrunde liegt. Demzufolge kommt es im Winterhalbjahr 2009/10 zu einer kräftigen Erholung der Konjunktur, die zunächst der Form eines V folgt. Bereits im Frühjahr 2010 geht dem Aufschwung aber wieder die Puste aus. Die Wirtschaft bricht zwar nicht ein, wächst aber für längere Zeit unterdurchschnittlich.

Grund: Die Impulse vom Wiederaufbau der Lager und den Konjunkturprogrammen ebben ab. Zugleich halten sich die Banken wegen ihrer dünnen Eigenkapitaldecke und der steigenden Unternehmenspleiten mit Krediten zurück. Dazu kommt die steigende Arbeitslosigkeit, die sich wie Mehltau auf die Konsumlaune legt. Weil die US-Verbraucher ihre Sparquote weiter erhöhen, fallen sie als Motor für die Weltwirtschaft aus. Die Aktien- und Rohstoffmärkte korrigieren, während sich die Bond-Märkte wegen der niedrigen Wachstums- und Inflationsraten gut schlagen.

Szenario 3: Up and Away

Wachstum der Weltwirtschaft

Noch hat Szenario 2 die meisten Anhänger und gilt Szenario 1 als das größte Risiko. Doch es könnte ganz anders kommen. Denn nie haben Geld- und Finanzpolitik so kräftig an einem Strang gezogen, um den Konjunkturkarren wieder flottzumachen. Was, wenn der Funke demnächst auf die Investitionen der Unternehmen überspringt? Dann wird die Weltwirtschaft zu einem kräftigen und selbsttragenden Aufschwung ansetzen. Den geografischen Ausgangspunkt dafür bildet Asien. Viele Länder der Region haben ihre Währungen an den Dollar oder den Euro gekoppelt. Durch dieses Festkurssystem importieren sie nolens volens die expansive Geldpolitik der amerikanischen und europäischen Zentralbank. 

Da ihr Bankensektor jedoch kaum von der Finanzkrise betroffen ist, entfalten die geldpolitischen Stimuli ungedämpft ihre Wirkung – ein riesiger Vitaminstoß für die globale Konjunktur. Denn die Nachfrage aus Asien kurbelt die Exporte, die Produktion und die Beschäftigung in den Industrieländern an – und beschert der Weltwirtschaft ein konjunkturell starkes Jahr 2010. Die Zentralbanken werden von dem kräftigen Aufschwung überrascht. Aus Furcht, die Konjunktur abzuwürgen, zögern sie, die Zinsen zu erhöhen. Erst im späteren Verlauf von 2010, wenn die Inflationserwartungen anziehen, treten sie auf die Bremse – allerdings zu zaghaft, um die Inflation einzufangen. Während der Aktienmarkt mit den höheren Teuerungsraten einigermaßen leben kann, geben die Kurse am Bond-Markt auf breiter Front nach, die Kapitalmarktzinsen steigen.

Zugegeben, so richtig anheimelnd ist keines der drei Szenarien. Aber dass nach der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg rasch wieder rosige Zeiten anbrechen und Milch und Honig fließen, haben wohl selbst die größten Optimisten nicht erwartet.

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