Brexit-Votum EZB kauft sich Zeit

Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt vor gestiegenen Konjunkturrisiken in Folge des Brexit-Votums. Doch auf konkrete geldpolitische Antworten verzichtet die Notenbank bisher. Sie will weiter abwarten.

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Die EZB reagiert derzeit noch nicht auf das Brexit-Votum. Quelle: dpa

Frankfurt Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt vor gestiegenen Konjunkturrisiken in Folge des Brexit-Votums. Auf ihrer Zinssitzung im Juli diskutierten die EZB-Ratsmitglieder aber noch nicht über mögliche geldpolitische Antworten auf den Beschluss der Briten, wie aus dem Protokoll des Juli-Treffens in Frankfurt hervorgeht, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. "Mehr Zeit wird benötigt, um die hereinkommenden Informationen in den kommenden Monaten zu bewerten, obgleich die Gefahren klar zugenommen haben", hieß es darin. Die Briten hatten am 23. Juni für den Austritt ihres Landes aus der EU gestimmt.

Die EZB-Ratsmitglieder stimmten auf ihrer Zinssitzung weitgehend darin überein, ihre Handlungsbereitschaft zu bekräftigen, um ihr Ziel einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent zu erreichen. Denn dieses Niveau sieht die EZB als optimale Teuerungsrate für die Wirtschaft im Euro-Raum an. Derzeit liegt die Inflation aber weit unter diesem Wert. Im Juli verteuerten sich Waren und Dienstleistungen gerade einmal um 0,2 verglichen mit dem Vorjahr.

Überzogene Erwartungen sollten jedoch nicht geschürt werden, hieß es in dem Protokoll weiter. Die Industrieländer-Vereinigung OECD riet der Notenbank unlängst zu einer weiteren Lockerung ihrer Geldpolitik, sollte die Teuerung im Euro-Raum nicht wie erwartet anziehen.

Die EZB hatte im Juli den Leitzins auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent gelassen und war vorerst in Lauerstellung geblieben. Akteure an den Finanzmärkten warten nun mit Spannung auf die September-Zinssitzung. Denn dann werden die hauseigenen Volkswirte der Notenbank ihre überarbeiteten Inflations- und Konjunkturprognosen vorlegen - und die möglichen Folgen eines Brexit werden dann vielleicht eher abschätzbar sein.

Die Umsetzung des großen Wertpapier-Kaufprogramms schritt laut Protokoll unterdessen reibungslos voran - ungeachtet einiger Berichte über Knappheitsprobleme in einzelnen Marktsegmenten. Die Notenbank erwirbt seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen und andere Wertpapiere, um die Inflationsrate im Währungsraum nach oben zu treiben und die Konjunktur anzuschieben. In Deutschland sind die Käufe stark umstritten. Inzwischen haben die EZB und die nationalen Notenbanken der Euro-Länder allein Staatspapiere im Umfang von fast einer Billion Euro in ihre Bücher genommen.

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