Buchkritik Kenntnisreiche Einführung in die Geldtheorie

Unser Geldsystem verursacht Krisen und unsoziale Umverteilung. Ein neues Buch zeigt, wie der Weg zu einer besseren Geldordnung aussehen könnte.

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Thomas Mayers

Sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise doktern Regierungen und Notenbanken noch immer mit staatlichen Regulierungen an den Symptomen der Krise herum. Doch die wahre Ursache, das marode Geldsystem, nehmen sie nicht ins Visier. Dabei kann nur ein radikaler Wechsel des Geldsystems den Weg in eine Zukunft mit weniger Krisen, weniger Schulden und weniger Ungerechtigkeiten weisen. Das ist die Kernbotschaft des neuen Buches von Thomas Mayer, dem Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Instituts und früheren Chefvolkswirt der Deutschen Bank.

Mayer, der wie nur wenige Ökonomen in der Lage ist, über den Tellerrand hinauszudenken, hat in den vergangenen Jahren selbst eine veritable Metamorphose vollzogen. Vom Vertreter des ökonomischen Mainstreams hat er sich zum Anhänger der staatskritischen österreichischen Schule der Nationalökonomie entwickelt. Sein Buch ist daher auch eine kenntnisreich geschriebene Einführung in die Geldtheorie der Österreicher. Mayer erklärt Dinge, die viele Ökonomie-Studenten in ihren Vorlesungen nie erfahren: Was ist Geld, wie entsteht es, welche Funktion hat der Zins, und wofür braucht man Banken? Er zeigt, wie das Teilreservesystem den Banken erlaubt, Kredit und Geld aus dem Nichts zu schöpfen. Das führt zur Anhäufung von Schulden und mündet in schwere Finanzkrisen. Deren Bekämpfung mit staatlichen Eingriffen droht für Mayer im Sozialismus zu enden und den Wohlstand zu zerstören. Mayer fordert daher einen Wechsel des Geldsystems. Geld darf nicht mehr durch Schulden (Passivgeld) entstehen, sondern muss als Aktivum wie im Goldstandard definiert werden. Konkret sieht sein Plan vor, dass eine vom Staat unabhängige Zentralbank Geld schöpft, indem sie die Geldmenge jährlich um ein bis zwei Prozent ausweitet, was in etwa dem Wachstum der Produktionsmöglichkeiten entspricht.

Dazu schreibt die Zentralbank jedem Bürger seinen anteiligen Betrag an der Geldvermehrung jährlich auf dem Konto gut. Das Geld kommt nicht mehr durch Kredite, sondern durch den Zentralbank-Helikopter in die Welt. Banken dürfen nur noch Kredite vergeben, wenn diese durch Ersparnisse gedeckt sind, die Kredit- und Geldschöpfung aus dem Nichts wird beendet. Die Sichteinlagen der Kunden müssen die Banken bei der Zentralbank verwahren. Dadurch können sie in Konkurs gehen, ohne die Einlagen der Kunden zu gefährden. Mayer ist ein intellektuell brillanter Frontalangriff gegen das herrschende Geldwesen gelungen. Die Finanzelite sollte ihn ernst nehmen, bevor es zu spät ist.

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