China Notbremse für Chinas Immobilienmarkt

Dem überhitzten chinesischen Immobilienmarkt droht ein Preissturz. Die Banken des Landes dürfte dies aber nicht ins Wanken bringen.

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Baustelle in Peking Quelle: REUTERS

In Peking vermischt sich in diesen Tagen die feucht-heiße Sommerluft unangenehm mit Baustaub. Im Osten der Stadt am vierten Autobahnring entstehen drei Türme mit Luxuswohnungen, im neuen Botschaftsviertel zieht ein Immobilienunternehmen einen neuen Komplex aus Shoppingmall und Apartments hoch. Kaum einen Kilometer weiter östlich entstehen Luxusvillen in einem großzügigen Park. Überall in der Hauptstadt drehen sich die Baukräne, wird gezimmert, gebuddelt und geschweißt. Peking gleicht mehr denn je einer Großbaustelle.

Noch machen die chinesischen Immobilien- und Baufirmen weiter, als sei nichts passiert. Doch das könnte sich bald ändern. Im Juni sind erstmals seit Februar 2009 die Preise für Wohnungen und Häuser in den 70 größten Städten des Landes im Monatsvergleich gefallen. Zwar lag der Preisrückgang nur bei 0,1 Prozent. Doch Analysten glauben, dass sich der Abwärtstrend fortsetzen wird. In den kommenden Monaten dürften die Immobilienpreise um 10 bis 20 Prozent nachgeben, prognostiziert die Standard Chartered Bank. In den Großstädten Peking, Shanghai und Shenzhen könnte der Rückgang sogar bei 20 bis 30 Prozent liegen.

Überhitzten Markt abkühlen

Ursache sind rigorose Maßnahmen der Regierung, um den überhitzten Markt abzukühlen. Seit Mitte April müssen Käufer von Wohnungen und Häusern 40 Prozent anzahlen statt wie vorher 30 Prozent. Wer sich eine zweite Wohnung kaufen will, muss sogar 50 Prozent der Kaufsumme mitbringen. In Peking ist der Kauf einer Dritt-Immobilie verboten, selbst wenn der Käufer sie komplett aus der eigenen Tasche finanziert. Darüber hinaus experimentieren einige Städte mit einer Grundsteuer.

Markt steht still

Die Schritte zeigen Wirkung: In den 14 größten Städten des Landes sind die Verkäufe von Wohnungen und Häusern seit Einführung der Restriktionen um 60 Prozent gesunken. „Der Markt ist praktisch zum Stillstand gekommen“, sagt Michael Klibaner, Chefanalyst bei Jones Lang Lasalle in Shanghai.

Der Regierung war der Boom am Häusermarkt zu weit gegangen, hatten die Preise doch teils schwindelerregende Höhen erreicht. Um 16 Prozent waren die Immobilienpreise im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, in der Hauptstadt sogar um 95 Prozent. Im Landesschnitt liegen die Preise inzwischen beim Neunfachen eines durchschnittlichen Jahreseinkommens eines städtischen Haushalts. Im Westen gibt ein Faktor vier bereits Anlass zur Sorge. Bei den Verantwortlichen in Peking macht sich Angst breit, ein abrupter Preissturz könnte Chinas Wirtschaft ins Chaos stürzen. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff warnte jüngst, das Platzen der chinesischen Immobilienblase stehe kurz bevor.

Immobilien in China

Allerdings hat es China eher mit lokal begrenzten Übertreibungen zu tun. Blasen gibt es vor allem in den drei Großstädten Peking, Shanghai und Shenzhen sowie auf der Urlaubsinsel Hainan. In Shanghai sind die Wohnungspreise in den letzten fünf Jahren um 132 Prozent gestiegen. In kleineren Städten wie Chengdu oder Xi’An waren die Preisanstiege in den vergangenen Jahren dagegen moderater. Die Quadratmeterpreise in diesen Städten liegen bei einem Bruchteil dessen, was die Immobilienfirmen in Peking oder Shanghai verlangen.

Dazu kommt: Selbst größere Preiskorrekturen würden Chinas Banken kaum ins Wanken bringen. Denn die meisten Chinesen finanzieren den Hauskauf aus eigener Tasche. Der Anteil der Immobilienkredite am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei 15,3 Prozent – in den USA betrug die Quote auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms 79 Prozent. Gut sechs Prozent aller Bankkredite in China gehen an Immobilienentwickler, in den USA sind es 27 Prozent. Der Anteil der Immobilienkredite an den Gesamtkrediten liegt in China bei nur 15 Prozent.

Abschwächung des Wachstums erwartet

Zu der befürchteten harten Landung der Wirtschaft dürften Preiskorrekturen am Immobilienmarkt auch deshalb nicht führen, weil der Immobilien- und Bausektor nur zehn Prozent des chinesischen BIPs ausmachen. Allerdings erwarten Analysten durchaus eine Abschwächung des Wachstums. So hat Ma Jun, Asien-Chefökonom der Deutschen Bank in Hongkong, seine Prognose für das dritte Quartal von 9,3 Prozent auf 8,8 Prozent nach unten korrigiert.

Sollte die Dynamik stärker als gewünscht nachlassen, dürfte Chinas Regierung den Kredithahn wieder aufdrehen. Wang Tao, Asien-Chefökonomin bei UBS in Peking, erwartet, dass Peking die Restriktionen für den Immobilienmarkt schon Ende des Jahres wieder lockert.

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