Denkfabrik

Die EZB darf sich nicht hinter Bankenaufsehern verstecken

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Zinserhöhung nur bei Marktübertreibung und mit hohen Schulden

Es gibt aber eine Alternative: Die Notenbanker sollten nicht erst gegen Übertreibungen an den Finanz- oder Häusermärkten vorgehen, wenn diese sich abzeichnen. Vielmehr sollten sie beim Setzen der Leitzinsen zu jedem Zeitpunkt und nicht nur phasenweise neben der Preisstabilität auch die Finanzstabilität im Blick haben.

Im Rahmen einer solchen Strategie der umfassenden Stabilisierung heben sie die Zinsen beispielsweise dann leicht an, wenn der Risikoappetit der Banken und Anleger zaghaft erwacht. So schaffen Notenbanken über viele Jahre ein Bewusstsein für Risiken und reduzieren die Wahrscheinlichkeit, dass sich Übertreibungen entwickeln. Außerdem haben die Zentralbanken viel Zeit zum Gegensteuern und riskieren keine Rezessionen durch schnelle und massive Zinserhöhungen.

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank Quelle: Presse

Die Strategie der umfassenden Stabilisierung hat einen weiteren Vorteil: Die Notenbanker müssen anders als bei der Strategie der späten Blasenbekämpfung nicht prognostizieren, ob bald Übertreibungen an den Finanz- oder Immobilienmärkten vorliegen. Sie müssen lediglich beurteilen, ob die Schulden der Unternehmen und Konsumenten, verglichen mit dem Bruttoinlandsprodukt, zu stark steigen.

Die schwärzesten Börsentage aller Zeiten
Farbenprächtig blühende Tulpen im Erholungspark Britzer Garten in Berlin Quelle: dpa/dpaweb
Strände Neukaledoniens - hier «Kuto Bay» Quelle: dpa-tmn
Broker stehen am 25. Oktober 1929 in der New Yorker Boerse waehrend des Boersenkrachs, der die Weltwirtschaftskrise einleitete ('Schwarzer Freitag'). Quelle: AP
Blick auf das leere Autobahnkreuz Duisburg-Kaiserberg. Wegen der Ölkrise wurde am 02.12.1973 zum zweiten Mal ein sonntägliches Fahrverbot verhängt Quelle: dpa
Hektisches Treiben in der Aktienbörse in Frankfurt (Hessen) Quelle: dpa
United Airlines planes arrive at Denver International Airport in Denver Quelle: REUTERS
 Boris Jelzin, links, neben Alexander Korschakow Quelle: AP

Es geht nicht darum, jegliche Marktübertreibungen zu bekämpfen, sondern nur diejenigen, die mit zu hohen Schulden einhergehen. Schließlich schafft das Fallen von Aktienkursen oder Häuserpreisen nur dann große Probleme für die gesamte Volkswirtschaft, wenn die Investoren sich vorher zu hoch verschuldet hatten und nach dem Platzen der Blase ihre Ausgaben massiv kürzen müssen, um Schulden abzubauen.

Es wird Zeit, dass sich die EZB nicht weiter hinter den Bankenaufsehern versteckt, sondern ihre Verantwortung für die Finanzstabilität wahrnimmt. Sie sollte den Ausstieg aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik einleiten, um neuen und gefährlichen schuldenfinanzierten Blasen an den Finanz- und Häusermärkten entgegenzuwirken.

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