In den USA hat QE den Anleihemarkt illiquider gemacht. Drohte das auch den Anleihemärkten der Eurozone?
Die USA hatten drei verschiedene QE-Programme seit 2008. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass das erste Programm sehr erfolgreich war und sowohl die Liquidität verbessert, als auch eine Marktpanik verhindert hat. Auch das dritte und gegenwärtige QE-Programm der US-Notenbank war effektiv, was beispielsweise den Markt der Immobilienanleihen betrifft. Vor allem in diesem Marktsegment hat das Programm die Liquidität verbessert. Im Ganzen haben die drei QE-Programme einen ganz wichtigen Beitrag zur finanziellen Stabilität, Preisstabilität und wirtschaftlichen Erholung der USA – die übrigens weit fortgeschrittener ist als selbst die in Deutschland – beigetragen. Viele andere Länder haben auch QE-Programme umgesetzt. Es gibt also keinen guten Grund, wieso wir ein QE-Programm in der Eurozone nicht in Betracht ziehen sollten, und wieso es nicht funktionieren sollte.
Vergrößern sich durch QE die Vermögensunterschiede innerhalb der Gesellschaft?
Jede geldpolitische Maßnahme, auch eine Zinsänderung, hat immer und überall Verteilungseffekte. Wenn es dem QE-Programm gelingt, die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte zu verbessern, dann werden in erster Linie solche Menschen davon profitieren, die wieder Arbeit finden und deren Einkommen sich verbessern. Wenn das QE-Programm es schafft, die Preisstabilität zu gewährleisten, dann wird in erster Linie den Menschen mit wenig Einkommen geholfen, da diese besonders unter Preisschwankungen leiden und sich dagegen weniger gut schützen können.
2012 hat das DIW die Einführung von Zwangsanleihen und eine einmalige Vermögensabgabe auf Privatvermögen vorgeschlagen. Rund 230 Milliarden Euro kämen in Deutschland so zusammen, wenn der Staat zehn Prozent des Wertes, der einem individuellen Nettovermögen von 250.000 Euro übersteigt, abzapfte. Ist dieser DIW-Vorschlag noch aktuell?
Das DIW Berlin hat 2012 eine Vermögensabgabe für Krisenstaaten wie Griechenland vorgeschlagen, nicht für Deutschland. Da die zur Berechnung notwendigen Daten aber für die Krisenstaaten nicht vorlagen, haben unsere Wissenschaftler die deutschen Daten als Grundlage einer Beispielrechnung genommen, um die möglichen Effekte zu verdeutlichen. Eine Vermögensabgabe für Deutschland halten wir für falsch, weil Deutschland sich nicht in einer Notsituation befindet. Eine Vermögensabgabe für Krisenstaaten wie Griechenland wäre hingegen nach wie vor sinnvoll. Denn es sollten sich alle, auch die reichen und superreichen Bürger der Krisenstaaten an der Konsolidierung des Staatshaushalts beteiligen. Und wir sehen zum Beispiel in Griechenland, dass die reichsten Griechen nicht nur hohe Vermögen haben, sondern auch sehr niedrige Steuern im internationalen Vergleich zahlen.
Was halten Sie vom Vorschlag des IWF, eine progressive Einkommensteuer, die in den Bereich von Sätzen zwischen 50 und 60 Prozent reicht, einzuführen?
Der IWF hat diesen Vorschlag pauschal so nicht gemacht. Und für Deutschland würde ich einen solchen Vorschlag auch für falsch halten. Auch weil Deutschland im internationalen Vergleich bereits hohe Steuern und Abgaben hat. Wir sollten uns viel mehr darauf konzentrieren, wie wir die staatlichen Leistungen und Ausgaben zielgenauer gestalten.