Dreieinhalb-Jahrestief Chinas Wirtschaft schwächelt

Chinas Wirtschaft hat im dritten Quartal das schwächste Wachstum seit 2009 verzeichnen müssen. Das BIP legte „nur“ um 7,4 Prozent zu. Doch die Börsianer reagieren auf die Zahlen gelassen, denn der Ausblick ist positiv.

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Das Wirtschaftswachstum in China schwächelt – auf sehr hohem Niveau. Quelle: dapd

Peking Europas Schuldenkrise und die schlappe US-Konjunktur haben das Wachstum in China auf ein Dreieinhalb-Jahrestief gedrückt. Das Bruttoinlandsprodukt legte im dritten Quartal "nur" um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu. Für die Euro-Schuldenstaaten oder für Deutschland wäre das ein Grund zum Jubeln - für China ist es hingegen der geringste Zuwachs seit dem Höhepunkt der Finanzkrise Anfang 2009, wie das Statistikamt am Donnerstag in Peking mitteilte. Damit schwächte sich die Dynamik der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bereits das siebte Quartal in Folge ab.

Dem Exportweltmeister macht die Schwäche seiner wichtigsten Handelspartner EU und USA zu schaffen. Die Ausfuhren stehen für fast ein Drittel der Wirtschaftsleistung. Wegen der unsicheren Aussichten investierten die Unternehmen zurückhaltender in neue Fabriken, Maschinen und Geräte.

Allerdings sehen Regierung und Experten Licht am Horizont. "Es gibt Signale für eine Erholung in den USA und an Europas Finanzmärkten", sagte Statistikamt-Sprecher Sheng Laiyun. Zudem werde das Weihnachtsgeschäft die Nachfrage nach Waren "Made in China" ankurbeln. "Diejenigen, die eine harte Konjunkturlandung befürchtet haben, werden heute Nacht ein bisschen besser schlafen können", sagte Analyst Alistair Thornton von IHS Global Insight. "Wer aber eine klare Erholung erwartet hatte, dürfte enttäuscht sein."

Andere Fachleute geben sich optimistischer. "Das Schlimmste sollte vorbei sein", sagte Daiwa-Ökonom Kevin Lai. "Im vierten Quartal dürfte das Wachstum wieder über acht Prozent liegen." Industrieproduktion, Einzelhandelsumsatz und Firmenausgaben zogen bereits im September wieder an. Anlageinvestitionen etwa lagen in den ersten neun Monaten rund ein Fünftel über dem Vergleichswert von 2011.

Zum Vorquartal legte das Bruttoinlandsprodukt deshalb um überraschend starke 2,2 Prozent zu. Das war das größte Plus seit mehr als einem Jahr. Zum Vergleich: Für die deutsche Wirtschaft, die trotz robuster Lage unter der Unsicherheit und der Schuldenkrise leidet, sehen Experten Plus 0,1 Prozent voraus.

Das von Chinas Regierung angepeilte Wachstumsziel von 7,5 Prozent für das Gesamtjahr 2012 dürfte erreicht werden. "Wir sind da sehr zuversichtlich", sagte Statistikamt-Sprecher Laiyun. 2011 kletterte die Wirtschaftsleistung noch um 9,2 Prozent, in den vergangenen drei Jahrzehnten im Schnitt um fast zehn Prozent. In China gelten sieben bis acht Prozent bisher als Minimum, um das Millionenheer der Wanderarbeiter in Lohn und Brot zu halten und damit auch den sozialen Frieden zu sichern.

Die Abkühlung bekommen auch die deutschen Exporteure zu spüren. 2011 verkauften sie dort Waren im Wert von 65 Milliarden Euro. Die Volksrepublik gehört damit zu den fünf wichtigsten Kunden. "In den kommenden Jahren wird das Land zur Nummer eins aufrücken", sagt der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner. Für Unternehmen wie Audi ist China bereits der wichtigste Absatzmarkt.

Die Zentralbank wird Experten zufolge mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik helfen, die Wirtschaft anzuschieben. Sie hat bereits im Juni und Juli ihren Leitzins gesenkt. Die Banken müssen zudem weniger Geld bei ihr anlegen, wodurch umgerechnet rund 147 Milliarden Euro mehr für Kredite an Unternehmen und Verbraucher zur Verfügung stehen. Die Regierung will mit milliardenschweren Investitionen in die Infrastruktur für zusätzliche Impulse sorgen.

Der im November scheidende Ministerpräsident Wen Jiabao warnt aber vor Selbstzufriedenheit. "Das externe Umfeld für unser Wirtschaftswachstum ist noch immer herausfordernd", sagte er der Agentur Xinhua mit Blick auf die Schuldenkrise in Europa.

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