Essay Wie der moderne Kapitalismus funktioniert

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The business of business is business?

Freiheit als Fähigkeit, verantwortungsvoll mit ihr umzugehen? Warum nicht? Seit der Kapitalismus Arbeiter zu Konsumenten emanzipiert hat, kann sich kein Unternehmen mehr darauf beschränken, Profite zu erzielen. The business of business is business? Von wegen. Firmen stellen ganze Garnisonen von Geisteswissenschaftlern ein, um ihren Produkten einen grünen, sozialen und nachhaltigen Anstrich zu geben. Entsprechend heißt unternehmerische Freiheit heute: sein Wirtschaften den Knappheitsverhältnissen anpassen, das Prinzip des Eigentums global und generationenübergreifend denken und das Prinzip der Sorge auf die Spitze treiben – im eigenen Interesse. Und tatsächlich, es beginnt zu funktionieren: Das, was dem Zugriff des Geldes bisher entzogen war und in keiner Rechnung der Ökonomen aufgetaucht ist, das „Umsonst“ der Sonne, der Luft und des Wassers, das „Billige“ der afrikanischen Ressourcen und der asiatischen Lohnarbeiter – das alles gewinnt seit einigen Jahren an Wert und steigert seinen Preis.

Forum der Freiheit

Plötzlich interessiert sich das Kapital für alle globalen Knappheiten und für die Nebenkosten des wirtschaftlichen Wachstums. Plötzlich entschädigt es für die Benutzung der Natur. Plötzlich bearbeitet es den Klimawandel. Plötzlich prämiert es einen schonenden Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt. Dabei erweist sich ausgerechnet das altkatholische Prinzip des Ablasshandels als hocheffizientes Instrument des modernen Wirtschaftens: Es nimmt die Internalisierung externer Kosten beim Wort. Das Gewissen lenkt unseren Blick auf afrikanische Lehrer, die in Berliner Biergärten Teller spülen, und auf Hühner, die in enge Käfige gepfercht werden – und es drängt Unternehmen, für einen Ausgleich von Eigentümer-, Mitarbeiter- und Kundeninteresse zu sorgen.

Kalter Zugriff auf zunehmend knappe Güter

Eben dafür aber: für den kalten Zugriff von Kapital auf knappe Güter unter dem Dach einer Ordnungspolitik, die Recht konsequent (durch)setzt; für die selbstinteressierte Ächtung wirtschaftlicher Praktiken und politischer Regime, die Macht missbrauchen; für einen Kapitalismus, der es mit emanzipierten Konsumenten zu tun hat – eben dafür braucht es auch in Zukunft „unternehmerische Freiheit“.

Damit the business of business auch künftig ein ganz anderes business ist und bleiben kann.

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