Europäische Zentralbank Diese Unternehmensanleihen kauft Draghi

Erstmals hat die Europäische Zentralbank veröffentlicht, welche Firmenbonds sie kauft. Darunter sind deutsche börsennotierte Großkonzerne wie Siemens, aber auch eine große Überraschung.

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Die Europäische Zentralbank versucht mit einer ultralockeren Geldpolitik die Inflation nach oben zu treiben. Quelle: AFP

Düsseldorf Die Unternehmensanleihekäufe der Europäischen Zentralbank sind erstmals veröffentlicht worden. Darunter befinden sich zahlreiche deutsche Großkonzerne wie BASF, BMW, Volkswagen und Siemens. Aber auch nicht börsennotierte Unternehmen wie die Robert Bosch GmbH befinden sich in der Auflistung der Bundesbank, die im Auftrag der EZB die deutschen Käufe getätigt hat.

Während die Bundesbank die Unternehmensnamen mit in ihre Auflistung geschrieben hat, veröffentlichten viele Notenbanken der anderen Eurostaaten lediglich Listen mit ISIN-Nummern. Insgesamt kauften die Notenbanken im Namen der EZB in der vergangenen Woche 1,95 Milliarden Euro an Firmenanleihen nach 1,68 Milliarden Euro in der Woche zuvor. Die EZB begann mit dem Ankauf von Firmenanleihen am 8. Juni.

Die EZB kauft generell Anleihen, weil sie die Zinsen im Euro-Raum drücken und die Kreditvergabe beleben. Dies hat schon teils funktioniert. Insgesamt will die EZB so für Wachstum sorgen, damit die Preise im Währungsraum wieder in dem von der EZB angestrebten Maß von etwa zwei Prozent steigen. Da der Leitzins schon lange sehr niedrig ist und inzwischen bei null Prozent liegt, kauft die EZB seit März 2015 Anleihen aus dem Euro-Raum, um die Kapitalmarktzinsen weiter zu drücken. Dabei griff sie zunächst vor allem bei Staatspapieren zu, aber auch bei Anleihen von Förderinstituten, bei Pfandbriefen und bei verbrieften Wertpapieren. Laufen sollen die Käufe bis mindestens März 2017.

Firmenbonds kauft die EZB, weil sie damit die Refinanzierungskosten der Unternehmen direkt senken will. Dazu kommt: „Ohne die Ausweitung auf Unternehmensanleihen wären der EZB voraussichtlich bald die kaufbaren Bonds ausgegangen“, sagt Felix Freund, Fondsmanager bei Standard Life Investments. Seit April kaufen die Notenbanker um EZB-Chef Mario Draghi pro Monat Anleihen im Wert von insgesamt 80 Milliarden Euro und damit 20 Milliarden Euro mehr als zuvor. Analysten rechnen mit Firmenbondkäufen zwischen fünf und zehn Milliarden Euro pro Monat.

Die Notenbank orientiert sich dabei an einem eigenen hypothetischen Vergleichsindex, der geheim bleibt. Er richtet sich nach dem nominalen Wert aller ausstehenden Anleihen, die für das Kaufprogramm zulässig sind. „Die EZB schafft sich so eine Art börsengehandelten Indexfonds, kauft also breit den Markt“, sagt Fondsmanager Freund: „Mit dieser proportionalen Gewichtung will die Notenbank zu große Preisverzerrungen verhindern.“ Außerdem halte sie durch die breite Streuung das Ausfallrisiko im Portfolio gering.

Die EZB hat sechs nationale Notenbanken – darunter die Deutsche Bundesbank – mit den Käufen beauftragt und koordiniert deren Aktivitäten. Die zuständigen Händler bei den Notenbanken fragen – wie alle anderen Investoren – bei Banken im Handel nach Kursen und kaufen dann entsprechend. Auch bei neuen Unternehmensanleihen kann die EZB zugreifen. Sie richtet dann die Kaufaufträge an Investmentbanken, die neue Anleihen als Konsortialführer begleiten.

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