EZB-Banker Nowotny warnt vor Wirtschaftsabschwung in Europa

EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny warnt vor einem Wirtschaftsabschwung in Europa. Positiv betrachtet er dagegen den derzeit niedrigen Euro-Kurs. Ein Plan der EZB, der die Konjunktur ankurbeln soll, ist umstritten.

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Ewald Nowotny bezweifelt, dass die Wirtschaft je wieder drei bis vier Prozent wie vor der Finanzkrise 2008 wächst. Quelle: Reuters

Wien Die niedrige Inflation in der Euro-Zone bereitet EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny zunehmend Sorge. „Die Wirtschaft im Euroraum ist noch nicht in einer Deflation, zeigt aber deutliche Zeichen einer Abschwächung“, sagte er in einem Donnerstag vorab veröffentlichten Interview mit dem österreichischen Magazin „Format“. Im September lag die Inflation in der Euro-Zone mit 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf dem niedrigsten Niveau seit Oktober 2009. Das nährt nach Einschätzung von Experten Sorgen, die Euro-Zone könnte in eine Deflation abrutschen. Ein solches Schreckensszenario aus sinkenden Preisen und schrumpfenden Investitionen kann eine Konjunktur abwürgen. Um das zu verhindern, habe die EZB versucht, mit Zinssenkungen auf 0,05 Prozent und günstigen Langfristkrediten für Banken gegenzusteuern, sagte Nowotny.

Positiv wirkt sich nach Einschätzung von Nowotny derzeit der niedrige Euro-Kurs aus. „Daher dürfen wir 2015 wieder höhere Wachstumsraten erwarten.“ Allerdings sei fraglich, ob die Wirtschaft je wieder drei bis vier Prozent wie vor der Finanzkrise 2008 wachse.

Um die Konjunktur anzukurbeln, plant die Notenbank, massenweise Verbriefungen und Pfandbriefe aufzukaufen. Der Plan ist jedoch umstritten – auch weil sich die EZB im Zuge dessen die Tür für den Kauf von Ramschpapieren aus Zypern und Griechenland offen gelassen hat. Insbesondere aus Deutschland hagelt es Kritik. Nowotny sieht jedoch keine Gefahr, dass die EZB mit dem Kauf solcher Papiere zu einer Bad Bank wird. „Die Bad-Bank-Debatte findet nur in Deutschland statt und ist bei Weitem überzogen. Das ist Panikmache ohne Substanz“, sagte der österreichischen Nationalbank-Chef.

Wie umfangreich das Aufkaufprogramm letztlich ausfallen könnte, ließ er offen. „Ich will über Zahlen nicht spekulieren. In den Märkten gab es jedenfalls übertriebene Vorstellungen über das Ankaufsvolumen.“ Man sollte sich nicht von vornherein auf ein bestimmtes Volumen an ABS-Ankäufen festlegen, sagte er.

Zudem verteidigte Nowotny die Entscheidung der EZB, sich bei dem Kaufprogramm vom Vermögensverwalter Blackrock beraten zu lassen. Dagegen war Insidern zufolge zuletzt Frankreichs Zentralbankchef Christian Noyer Sturm gelaufen. „Richtig ist, dass die EZB hier Neuland betritt. Es ist sinnvoll, sich dabei beraten zu lassen. Aber die Letztentscheidung, welche Risiken man übernimmt, liegt bei den EZB-Gremien. Beratung heißt nicht Entscheidung“, sagte Nowotny.

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