EZB Die Draghische Druckerpresse

Die Forderungen der EZB nach „wachstumsfreundlichen“ staatlichen Ausgaben ist ein weiterer Beleg für die Machtlosigkeit einer Institution, der immer noch Allmacht unterstellt wird.

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Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Quelle: dpa

Während die fest an den Lippen der Notenbanker hängenden Börsianer den zahlreichen globalen Krisenherden - in Erwartung weiterer frischer Liquidität - nahezu kaum Beachtung schenken, werden nur wenige Wochen nach dem gegen Russland begonnenen Wirtschaftskrieg nun bereits die konjunkturellen Bremsspuren in Europa deutlich sichtbar.

Gerade für die noch immer krisengeschwächte europäische Wirtschaft, die im Gegensatz zur amerikanischen engere Wirtschaftsbeziehungen zu Russland unterhält, bedeutet das, dass für Europa auch dadurch der Weg zurück in die Rezession vorgezeichnet sein könnte. Obwohl bei der Berechnung - besser Schätzung! - des europäischen Wirtschaftswachstums nun auch erstmals Prostitution, Mafia-Aktivitäten, Drogenhandel, illegaler Zigarettenkonsum oder Militär-, Forschungs- und Entwicklungsausgaben wachstumsstimulierend berücksichtigt worden sind, schwächeln gerade die wichtigen EU-Staaten Deutschland, Italien oder Frankreich, wie deren zuletzt im Vergleich zum Vorquartal schrumpfenden oder stagnierenden Volkswirtschaften zeigen.

Auftragseingänge der deuten Industrie. Zum Vergrößern klicken Sie bitte das Bild an.

Obwohl die deutsche Konjunktur nun schon seit Monaten an Kraft verliert, hält Finanzminister Wolfgang Schäuble die wirtschaftlichen Auswirkungen der zahlreichen Krisenherde auf Deutschland bezogen für „beherrschbar“ und sagt der hiesigen Wirtschaft unverdrossen optimistische „dreieinhalb Prozent nominelles Wachstum“ voraus. Doch im August sank nicht nur der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen um bemerkenswerte 18,5 Punkte, auch fiel der ifo-Geschäftsklimaindex weiter. Letzterer tat dieses bereits das vierte Mal in Folge, weshalb ifo-Chef Hans-Werner Sinn nun gar eine „länger anhaltende Konjunkturschwäche“ prognostiziert.

ifo Geschäftsklima-Index. Zum Vergrößern klicken Sie bitte das Bild an.

Deutschlands wichtigster Handelspartner Frankreich hingegen, wo der Streit über den Sparkurs zum Rücktritt der Regierung führte, kann außer Rekordschulden, Rekordarbeitslosigkeit und Reformunfähigkeit offenkundig nichts anderes mehr, als nur noch pausenlos nach der draghischen Druckerpresse oder nach einem weiteren Aufschub des im Stabilitätspakt vereinbarten Abbaus des Haushaltsdefizits zu rufen.

Doch während die auf den Stand der frühen 1990er Jahre gefallene französische Industrieproduktion eindrucksvoll den Niedergang der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas dokumentiert, profitiert die fleißig aufschuldende Grande Nation, mit zuletzt 1986 Milliarden Euro Staatsverschuldung (per Ende März 2014), immer stärker vom Euro-Rettungs-Versprechen des EZB-Präsidenten, wie die (noch) rekordtiefen Staatsanleihenzinssätze belegen.

Italien bräuchte ein Wirtschaftswunder

Wie kaum ein zweiter Staat profitiert aber auch Italien von dem im Sommer 2012 abgegebenen Euro-Garantieversprechen. Seitdem konnte dort die Staatsverschuldung stetig weiter auf die nunmehr rekordhohe 2120 Milliarden Euro klettern, auch weil dem neuen Zeitgeist entsprechend und allen wirtschaftlichen Entwicklungen zum Trotz die Zinsen für italienische Staatsanleihen ebenfalls immer neue historische Tiefs markieren.

Industrieproduktion Frankreich. Zum Vergrößern klicken Sie bitte das Bild an.

Um jedoch diesen gerecht zu werden, bräuchte das dauerrezessionsgeplagte und seinen Kapitalstock verzehrende Italien (Nettoanlageinvestitionen 2013: minus 11,4 Milliarden Euro) dringend ein echtes Wirtschaftswunder, welches mit Blick auf die zuletzt wieder anziehende Arbeitslosigkeit (12,6 Prozent) oder dem auf unter 56 Prozent gesunkenen Anteil aller Beschäftigten an der erwerbsfähigen Bevölkerung nicht wirklich wahrscheinlich erscheint!

Machtlose Institution

Obwohl die Eurozone ihre öffentliche Verschuldung in zwei Jahren „harten Sparens“ um 711 auf 9055,5 Milliarden Euro steigerte, verlangt angesichts des damit lediglich erzeugten 96-Milliarden-Euro-Mini-Wirtschaftswachstums nunmehr gar EZB-Chef Draghi einen Paradigmenwechsel.

Seine jüngst für Südeuropa erhobenen Forderungen nach „wachstumsfreundlichen“ staatlichen Ausgaben und dem „flexiblen“ Umgang mit den Aufschuldungsplänen dort klingt nicht nur wie die Bitte nach einer Aufkündigung des notwendigen Spar- und Reformkurses an die Politik, sondern zeigt auch überdeutlich die Machtlosigkeit jener Institution, der Allmacht unterstellt wird.

Das neue Versprechen Draghis aber, mit „allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ nun auch noch die Teuerung in Europa anheizen zu wollen, zeigt, dass die Zukunft des Euros und Europas wenig rosig sein wird.

Sollte die EZB als letzte unter den bedeutenden Notenbanken „offizielle“ Wege finden, die Druckerpresse mithilfe des weltgrößten Vermögenverwalters Blackrock (!) über den Ankauf von (faulen) Unternehmenskrediten oder weiteren Staatsanleihen anzuwerfen, wird es immer wahrscheinlicher, dass Europa genau das bekommt, was sich die Notenbanker so dringend wünschen: eine sich beschleunigende Geldentwertung mit all den damit verbundenen Konsequenzen!

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