EZB-Finanzstabilitätsbericht Wovor Draghi zittert

In ihrem Finanzstabilitätsbericht listet die Europäische Zentralbank die wichtigsten Risiken für das Währungssystem in Europa auf. Ungemach droht dem Euro vor allem durch einen Konjunktureinbruch außerhalb der Eurozone.

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Der EZB-Chef hat derzeit viele Sorgen. Quelle: AFP

Frankfurt Das größte Risiko für das Euro-System lauert aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit nicht in Europa, sondern in China. In ihrem halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht warnt die Notenbank davor, dass eine neuerliche Panik an den Finanzmärkten dort eine Kettenreaktion auslösen kann. Ähnlich wie zu Jahresbeginn könnte dies zu einer Flucht aus dem Risiko führen und auch die Öl- und Rohstoffpreise drücken. „Ein stärker als erwarteter Einbruch im Wachstum in China könnte zu einem parallelen Einbruch in anderen Schwellenländern führen“, heißt es. Vor allem Länder, die Öl und andere Rohstoffe exportieren, seien anfällig.

Grund zur Sorge sieht die EZB auch wegen der hohen privaten Schulden. „In mehreren Schwellenländern liegt die private Verschuldung auf einem historischen Höchststand und ein großer Teil davon ist in Fremdwährung notiert.“ Dies könnte sich als Problem erweisen. Denn mit jedem Prozent, um das die heimische Währung nachgibt, steigt dann die Schuldenlast. Dies hat in der Vergangenheit schon oft Finanzkrisen angeheizt.

Viele Schwellenländer sind außerdem stark vom Öl- und Rohstoffsektor abhängig, wo die Preise im Zuge der Turbulenzen in China stark nachgegeben haben. Das führt zu wegbrechenden Steuereinnahmen und höheren Schulden. Die EZB konstatiert außerdem eine größere Anfälligkeit des weltweiten Finanzsystems gegenüber dem Energiesektor. Viele Projekte im Öl- und Gasgeschäft sind kreditfinanziert. Eine längere Phase niedriger Ölpreise werfe daher Fragen über die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle von Ölfirmen auf.

Doch nicht nur Schwellenländer und Ölpreis bereiten der Notenbank Kopfschmerzen. Als zweites großes Risiko sieht die EZB die schwachen Gewinnaussichten für Banken und Versicherungen und den Berg an Krediten, den viele Institute vor sich herschieben. „Das Niedrigzinsumfeld, die schwache Wirtschaftsentwicklung und das herausfordernde Marktumfeld haben die Gewinne der Banken gedrückt,“ konstatiert sie.

Betroffen sind aber nicht nur die Banken. Auch der wachsende Bereich der Investmentfonds wird von der EZB als Risikofaktor gesehen. Seit der Finanzkrise 2008 hat sich die Größe dieses Sektors verdoppelt. Das rasche Wachstum könne zu Instabilität führen, weil der Sektor immer stärker mit dem Rest des Finanzsystems verwoben sei. Nicht zuletzt bereitet auch die Staatsverschuldung der EZB Sorge.

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